Heiss wie eine Sommernacht
weil sein Großvater wollte, dass er sich mit Aloysius McDonough auf einer Ranch mit dem pompösen Namen El Rancho Grande traf.
„Wer ist das?“, hatte Lucas seinen Großvater gefragt. „Ich kenne weder ihn noch seine Ranch.“
Felix’ Antwort lautete nur, dass McDonough Andalusier züchte.
„Und?“ Dahinter musste mehr stecken, denn die Pferde aus der Zucht von El Rancho Reyes gehörten zu den edelsten der Welt. Wenn diese Pferderanch in Texas ebenfalls Andalusier hielt, wüsste Lucas davon.
„Und“, antwortete Felix, „er hat da etwas, von dem ich hoffe, dass es dein Interesse weckt.“
„Einen Hengst?“
Als sein Großvater daraufhin vergnügt gluckste, hob Lucas fragend die Augenbrauen.
„Nein, ein Hengst ist es nicht.“
„Ich soll mir eine Andalusierstute ansehen, auf einer Ranch in Texas, von der ich noch nie gehört habe?“
„Es handelt sich dabei nicht um einen Andalusier.“
Dios, verlor Felix allmählich seinen Verstand?
„Aber wir züchten Andalusier.“
Der alte Mann sah ihn durchdringend an. „Wirke ich etwa senil auf dich, mein Junge? Ich weiß, welche Pferde wir züchten. Man hat mir versichert, dass sie aus der besten Linie stammt; die Abstammung lässt sich weit zurückverfolgen.“
„Solche Stuten findet man in Spanien auch.“
Felix nickte. „Stimmt. Aber keine von ihnen besitzt genügend Intelligenz, Schönheit und Klasse, um unsere Linie zu verbessern.“
Lucas leitete El Rancho Reyes jetzt seit fast zehn Jahren. Die Äußerung überraschte ihn. „Ich weiß nicht, wie du das meinst, Großvater.“
„Ich suche bereits seit Jahren.“
Noch eine geheimnisvolle Bemerkung. Auf der Ranch gab es mehrere großartige Zuchtstuten, erst kürzlich hatte Lucas eine neue erworben. Und dennoch – sein Großvater klang so überzeugt.
Er musterte den alten Mann sehr eingehend. Wirkte Felix senil? Immerhin hatte er gerade seinen fünfundachtzigsten Geburtstag gefeiert.
„Ach Lucas, du bist noch immer so leicht zu durchschauen wie als kleiner Junge, als du mich überzeugen wolltest, dich dein erstes Pferd einreiten zu lassen.“ Lachend legte Felix seinem Enkel einen Arm um die Schultern. „Ich verspreche dir, mi hijo, mit meinem Kopf stimmt alles. Vertrau mir einfach; ich schicke dich schon nicht ohne Grund durch die Weltgeschichte.“
Lucas seufzte. „Du erwartest wirklich von mir, dass ich bis nach Texas fliege, um mir etwas anzusehen, was wir nicht brauchen?“
„Bräuchten wir es nicht, würde ich dich doch nicht hinschicken.“
„Tut mir leid, aber da stimme ich dir nicht zu.“
„Habe ich dich nach deiner Zustimmung gefragt?“
Das beendete die Diskussion. Lucas Reyes ließ sich von niemandem etwas befehlen, aber er liebte seinen Großvater von ganzem Herzen. Der alte Mann hatte ihn aufgezogen und ihm die einzige Geborgenheit geschenkt, die Lucas kannte.
Also zuckte er mit den Schultern und sagte, sí, er werde nach Texas reisen, selbst wenn er eine solche Strafe nicht verdiene.
Darüber hatte Felix laut gelacht – wie über einen köstlichen Witz.
„Ich verspreche dir, was dich in Texas erwartet, ist genau das, was du verdienst …“
Jetzt allerdings, während Lucas auf die leere Straße sah, den endlosen Himmel über und eine schmollende Frau neben sich, dachte er daran, wie falsch sein Großvater lag.
Niemand verdiente das hier.
„Willst du nicht endlich weiterfahren?“
Der Vorwurf in Delias Stimme war nicht zu überhören. Lucas machte sich gar nicht erst die Mühe, darauf zu reagieren. Stattdessen drehte er den Schlüssel im Anlasser, pumpte das Gaspedal …
Nichts.
Mit einem Fluch, der den Straßengangs in Sevilla ein ehrfürchtiges Staunen abgerungen hätte, entriegelte er die Motorhaube und stieg aus.
Die Hitze traf ihn wie ein Schlag, aber er war vorbereitet.
Im Gegensatz zu Delia, deren Kleidung der lächerlichen Vorstellung eines Modedesigners vom Wilden Westen entsprach, hatte er sich für die Realität des texanischen Sommers ausgerüstet.
Er trug Stiefel. Natürlich. Nicht neu und blank geputzt, sondern eingelaufen und bequem. Was sollte ein Mann sonst tragen, wenn er den ganzen Tag durch Pferdeäpfel watete! Stiefel, Jeans und Hemd. Die Jeans ausgewaschen, das Hemd am Hals offen und die Ärmel hochgekrempelt.
„Du meine Güte!“, kam es schrill aus dem Wageninneren. „Schließ endlich die Tür, sonst werde ich hier noch gebraten.“
Lucas schlug die Tür zu, dass der ganze Wagen bebte. Mit entschlossener Miene öffnete
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