Heiß
etwas ganz und gar nicht, und ich möchte keinesfalls zwischen die Fronten kommen. Also Vorsicht. Wer weiß, was sich dieser Trottel an der Tür zusammengelogen hat und wer da oben auf uns wartet. Wir brauchen das Tagebuch, alles andere geht uns nichts an. Wenn Konstantinos Probleme hat, dann soll er sie alleine lösen.«
Siegberth kullerten vor Verzweiflung die Tränen über die Wangen, während Konstantinos ohne Eile und etwas geistesabwesend um das Gehege der Klapperschlangen herum schlenderte. Er schien zu überlegen. Dem Lärm vor der Tür schenkte er noch immer keine Aufmerksamkeit.
»Eine Metalltür«, dozierte er wie nebenbei, »gesichert durch ein elektronisches Schloss. Uneinnehmbar wie eine Festung. Es sei denn …« In diesem Moment erloschen alle Lichter im Raum, und es wurde stockdunkel.
»Es sei denn, es gibt einen Kurzschluss«, keuchte Konstantinos, und zum ersten Mal klang seine Stimme besorgt. In diesem Augenblick dröhnten drei weitere Schüsse, die Kugeln durchschlugen das Schloss, und eine Sekunde später sprang die Tür mit einem lauten Krachen auf.
Außer dem Kreischen der Vögel und dem Rasseln der Klapperschlangen war nichts zu hören. Siegberth wagte es nicht, sich zu rühren. Sie meinte bereits, die schuppigen Körper an ihren Füssen zu spüren, gleichzeitig sah sie nicht einmal die Hand vor Augen.
Wo war Konstantinos?
Wer war an der Tür?
Und wo waren die Schlangen?
Privatklinik Docteur Alexandre Massoud, Alexandria/Ägypten
Amina Mokhtar hatte das Gefühl, aus einem tiefen, kalten See aufzutauchen. Je näher sie der Wasseroberfläche kam, umso heller und wärmer wurde es. Sie ließ die eisige Kälte in der Tiefe zurück, das Verwirrspiel der ständig wechselnden Bilder, die gefrorenen Gefühle, die unsichere Schwerelosigkeit. Als sie ihren Körper wieder spürte, den Schmerz in der Brust und die Nadeln mit den Schläuchen in ihren Armbeugen, die Schwere ihrer Beine und das kühle Betttuch, wollte sie vor Glück aufschreien.
Es wurde ein missglücktes Krächzen.
Doch sofort fühlte sie eine Hand auf ihrem Arm, warm und sanft. Sie schlug die Augen auf und erblickte ihre Tochter Sabina, die sich tränenüberströmt, aber glücklich strahlend vorbeugte und flüsterte: »Du bist wieder da … Gott sei Dank!«
Amina Mokhtar versuchte ein Lächeln. Ihre Augen irrten durch den Raum.
»Man hat dich in eine Privatklinik verlegt«, erklärte ihr Sabina und drückte ihre Hand ganz fest. »In die beste der ganzen Stadt. John Finch hat alles eingefädelt und seine Beziehungen spielen lassen.«
»John …«, flüsterte Amina Mokhtar und merkte, wie trocken ihr Mund war. Sie warf einen sehnsüchtigen Blick in Richtung der Tasse auf ihrem Nachttisch. Während ihre Tochter ihr schluckweise etwas Tee einflößte und sie in wenigen Sätzen auf den letzten Stand brachte, öffnete sich die Tür, und die Nachtschwester steckte ihren Kopf herein. Als sie sah, dass die Patientin wach war, lächelte sie erfreut und verschwand mit einem »ich hole den Doktor, bin gleich wieder da!«.
»Jetzt wird alles gut«, beruhigte Sabina Mokhtar ihre Mutter, füllte die Tasse erneut aus einer großen Kanne und berichtete von der Ankunft von Finch und seinen Freunden in Kairo.
Die Schwester hastete den Gang hinunter, doch bevor sie um die Ecke bog, trat ein Mann aus einer Nische, winkte sie näher und wechselte einige Worte mit ihr. Er war grauhaarig, untersetzt und sah aus wie ein pensionierter Arzt, allerdings ohne weißen Kittel. Als er die neueste Information hörte, nickte er zufrieden, und während die Schwester weitereilte, gab er seinem Kollegen hinter ihm ein Zeichen.
»Es wird Zeit«, murmelte er. »Sie ist wach.«
Rasch holten beide schwarze Kommandomesser aus Keramik aus ihren Rucksäcken und steckten sie an die Gürtel. Die schmalen Pistolen, die sie durchluden und entsicherten, waren Spezialanfertigungen aus Kunststoff, die Geschosse das Ergebnis geheimer Entwicklungsprojekte aus den Labors des MI 6 . Die Waffen würden in keinem Sicherheitsscanner einen Alarm auslösen.
Als sie bereit waren, löschten sie die gesamte Beleuchtung im Korridor. Nur eine einzelne Lampe spendete noch ein gelbliches Licht.
Wortlos huschten sie in Richtung des Krankenzimmers von Amina Mokhtar, mit einer Agilität und Schnelligkeit, die man den alten Herren nicht zugetraut hätte …
»Wer ist dieser Chinguetti?« Sabina Mokhtar sah ihre Mutter fragend an. »Hat er etwas mit dem Attentat auf
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