Heiß
Anschläge zu verhindern. Und wir machen selten Fehler.« Es klang keineswegs überheblich, eher auf selbstbewusste Weise professionell.
Der Arzt und die Nachtschwester betraten langsam das Zimmer, stiegen über die Reste der Tür, und während die Schwester Amina Mokhtar beruhigte, bückte sich der Mediziner hinunter zu dem Mann in Weiß, der zusammengekrümmt auf dem Boden lag. Er legte seinen Finger auf die Halsschlagader und versuchte, den Herzschlag zu ertasten. Nach einigen Sekunden schüttelte er den Kopf. »Tot.«
»Sicher eine Überdosis Vitamine«, meinte der Kahlköpfige kalt. Dann ging er neben dem falschen Arzt in die Knie und begann, den Toten zu durchsuchen. Neben dem üblichen Kleingeld, einem Autoschlüssel und einer Hotelkarte fand er in einer der großen Hemdtaschen ein zusammengelegtes, dickes Blatt Papier. Neugierig entfaltete er es. Die alte Handschrift war fast verblasst, aber noch leserlich. Sowohl die Schrift, als auch die Sprache, in der es verfasst war, waren dem schmächtigen Mann unbekannt.
Als Amina Mokhtar das Manuskript mit den Stockflecken und den eingerissenen Kanten erblickte, streckte sie ihre Hand aus. »Geben Sie mir das«, flüsterte sie mit großen Augen. »Bitte …«
Sie überflog die Zeilen, betrachtete den Papierbogen, fühlte seine Konsistenz, nickte schließlich unmerklich und ließ ihren Kopf in die Kissen zurücksinken. Als Sabina sich zu ihrer Mutter hinunterbeugte, sagte die nur ein Wort:
»Chinguetti.«
Merianstraße, Kronberg im Taunus/Deutschland
»Das mit dem Kurzschluss war brillant, aber nun sehen wir gar nichts mehr«, zischte Trapp Thomas Calis ins Ohr. »Die Tür ist zwar offen, doch dieses seltsame Rasseln jagt mir kalte Schauer über den Rücken. Was ist das?«
»Hoffentlich nicht das, was ich befürchte«, murmelte der Kommissar. Plötzlich ertönte ein Schluchzen aus der Dunkelheit.
»Wer ist da?«, rief Trapp laut, beugte sich vor und lauschte angestrengt.
»Der Hausherr«, schallte es ungeduldig und ärgerlich aus der Dunkelheit zurück. »Was fällt Ihnen ein, hier einzudringen und alles zu verwüsten? Schalten Sie sofort den Strom wieder ein! Der Sicherungskasten befindet sich links hinter der Schwingtür. Und dann verlassen Sie umgehend mein Haus!«
»Also sind mindestens zwei Personen im Raum«, flüsterte Calis. »Konstantinos ist sicher nicht der weinerliche Typ. Legst du den Sicherungsschalter um? Mir gefällt dieses Rasseln ganz und gar nicht.«
Während Trapp sich den vertäfelten Gang entlang zur Schwingtür und damit zum Sicherungskasten vortastete, wechselte Calis das Magazin der Pistole und zog sich von der demolierten Tür zurück. Das seltsame Rasseln und die Schreie der Vögel zerrten an seinen Nerven. Wer hatte in dem Raum geschluchzt, fragte er sich? Und wozu diese Inszenierung? Die feuchte Luft und dieser seltsame Geruch, der aus dem Dunkel hinaus auf den Gang drang, machten ihn nervös. Er atmete tief durch. Worauf wartete Trapp, um endlich den Schalter umzulegen?
In diesem Moment wurde es hell, die indirekte Beleuchtung im Gang flammte mit einem Klicken auf, während irgendwo im Hintergrund summend ein Luftbefeuchter ansprang. Noch bevor Calis seinen Kopf um die Ecke des Türrahmens schieben konnte, ertönte ein Schrei aus dem Raum. Der Kommissar fasste die Pistole fester und schnellte aus der Deckung. Der Anblick, der sich ihm bot, ließ ihn erstarren.
Schlangen.
Überall Schlangen.
Auf dem spiegelblanken Boden des Raumes wanden sich unzählige Schlagen in allen Größen. Dazwischen eine alte, zerbrechlich wirkende Frau, vor deren Füßen sich eine Klapperschlange zusammengerollt hatte, bereit zum Zustoßen.
Calis schluckte, seine Gedanken rasten. Was tun?
Mit einem Ohr hörte er Trapp durch den Gang zurücklaufen und hob die Hand, bedeutete ihr stehenzubleiben.
Nur keine hastigen Bewegungen jetzt …
Da trat plötzlich ein Mann hinter der schief in den Angeln hängenden Tür hervor und in das Blickfeld des Kommissars.
Konstantinos! Natürlich, wie hatte er den vergessen können? Calis wollte etwas sagen, doch dann beobachtete er fasziniert, wie der Grieche langsam auf die Klapperschlange zuging, sich vorbeugte und einen Augenblick innehielt. Es schien dem Kommissar, als spreche er mit der Schlange, doch Calis konnte kein Wort verstehen.
Dann schnellte Konstantinos‘ Hand vor, packte die Schlange hinter dem Kopf, riss sie hoch und hielt sie triumphierend fest.
Calis stieß den Atem aus, den er angehalten
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