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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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athletischer Mann mit militärisch kurz geschnittenen grauen Haaren, die anderen mit sparsamen Gesten ein, wies jedem ein Zimmer zu. Als er zufrieden war und die Männer Aufstellung genommen hatten, blickte er auf die Uhr.
    Sie waren noch rechtzeitig gekommen, ihr Flug aus London war vor einer halben Stunde pünktlich gelandet.
    Vorsichtig legte er sein Ohr an die Tür und lauschte. Kein Laut war zu vernehmen. Bestimmt schliefen Finch, Llewellyn, Salam und die Pilotin schon. Er nickte und atmete auf.
    Nun konnte nichts mehr schiefgehen.

Merianstraße, Kronberg im Taunus/Deutschland
    Professor Siegberth war schweißüberströmt. Sie zitterte am ganzen Körper und hatte seit Minuten keinen anderen Gedanken mehr gehabt, als lebend aus diesem riesigen Terrarium herauszukommen. Die Glaswände um sie herum verschwommen vor ihren Augen, und das Kreischen der virtuellen Dschungelvögel ging der Wissenschaftlerin durch Mark und Bein. Noch nie in ihrem Leben hatte sie solche Angst verspürt. Wo sie auch hinblickte, züngelten, krochen und schlängelten sich endlose Körper, schienen sich auf sie zuzubewegen.
    Wer war auf welcher Seite des Glases?
    War es Siegberth, die als Besucherin gekommen war, oder waren es die Schlagen, die sie als Eindringling in ihr Reich sahen und sie vernichten würden?
    Wer war der Gefangene und wer der Wächter, wer der Jäger und wer das Opfer?
    Konstantinos schien seine Rolle zu genießen. Mit der triumphierenden Sicherheit, dass nun das Rätsel des Alphonse Cannotier gelöst war und er nur mehr zugreifen brauchte auf diesen ›locus terribilis‹, auf diesen schrecklichen Ort mit all seinen wunderbaren Reichtümern, zerrte er die widerstrebende Wissenschaftlerin von einer Schlangenart zur nächsten, erklärte, schwärmte, schilderte und spielte sowohl mit den Tieren als auch mit Professor Siegberth.
    Die schwüle Hitze wurde immer drückender, so schien es Siegberth, und die Rufe der Vögel aus den versteckten Lautsprechern immer schriller und kreischender. Dem Griechen machte das offenbar nichts aus. Er wirkte in seinem Anzug noch immer wie aus dem Ei gepellt, nur ein paar verschwitzte Haarsträhnen und vereinzelte Schweißtropfen auf seiner Stirn verrieten, dass auch er das tropische Klima spürte.
    »Sie haben nun fast alle meiner Schätze gesehen«, sagte er mit einem Lächeln und ließ wie beiläufig eine lebende weiße Maus in das Terrarium der Königskobras fallen. Siegberth schloss die Augen, als panisches Quieken ertönte und schließlich wieder verstummte.
    »Natürlich habe ich mir als aufmerksamer Gastgeber das Beste für den Schluss aufgehoben«, stellte der Grieche derweil gönnerhaft fest und fasste die Wissenschaftlerin an den Schultern, drehte sie um und schob sie vorwärts. Als Siegberth verwirrt blinzelte und ihre Augen wieder öffnete, stand sie vor etwas, das einem übergroßen Sandkasten glich. Unregelmäßig geformt, mit einer kniehohen Umrandung aus Natursteinen. Die Wissenschaftlerin runzelte die Stirn, als sie vorsichtig näher trat. Als Erstes bemerkte sie ein großes, feinmaschiges Gitter, das sich von Rand zu Rand erstreckte und den gesamten Kasten bedeckte. Doch war es ein Kasten?, dachte sie verwirrt. Sie trat noch näher und sah Felsbrocken, Baumstämme, eine Landschaft aus trockenen Gräsern, die im Halbdunkel lagen. Doch mit einem Mal wurde es hell. Konstantinos hatte wie ein Filmregisseur nur den richtigen Zeitpunkt abgewartet, um die effektvoll platzierten Punktstrahler einzuschalten.
    Es war, als hätten die Bewohner des Terrariums nur darauf gewartet. Mit einem Rascheln erwachte das aufwendig gestaltete Gelände, das zuvor verlassen ausgesehen hatte, zum Leben.
    »Mein ganzer Stolz«, verkündete der Grieche und trat neben Siegberth. »Ich habe ihren natürlichen Wohnraum in freier Natur nachbauen lassen, mit versteckten Wärmelampen und Höhlen, Wasserstellen und der typischen Bepflanzung, verbunden mit dem auf die Minute exakt kreierten Rhythmus von Tag und Nacht.« Er ging in die Knie und klopfte mit der flachen Hand auf das Netz. »Wo seid ihr?«, zischte er. Dann wurde seine Stimme schmeichelnd. »Meine verwöhnten, tödlichen Lieblinge. Zeit für die Fütterung …«
    Trockenes Gras raschelte und knisterte, bevor das charakteristische Geräusch der Schwanzrasseln ertönte und den Raum erfüllte.
    Siegberth prallte zurück.
    Im Licht der Scheinwerfer kroch ein Dutzend Klapperschlagen, aufgeregt und angriffsbereit, hinter den Steinen hervor und kam auf

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