Heiße Kuesse im Paradies
einem Winken bedeutete, sie solle weitergehen.
In der Mitte des Saales machten die Musiker eine Pause. Die Menge stand herum und wartete auf den Beginn des nächstens Sets.
"Jeannie, lass dich anschauen!"
Carrie hörte die Zuneigung in den Stimmen der Rufer. Ihre Freundin war offenbar sehr beliebt. Wer hätte sie auch nicht lieben können mit ihrer freundlichen Art? Was war los mit Eddie?
Jeannie hielt Carrie am Arm fest. "Er ist dort drüben", flüsterte sie. "Neben der Bühne. Von Frauen umringt wie immer."
Carrie sah in die angegebene Richtung. Fünfzehn Jahre hatten Eddie Gerardo schwerer und seine Haare lichter gemacht. Aber im Gegensatz zu Jeannie hatte er sich ansonsten nicht sehr verändert. Er war noch immer ausgelassen, gesellig und angeberisch, und Carrie konnte ihn noch immer nicht leiden. Ihm gehörte die einzige Maklerfirma der Stadt, und er und Jeannie lebten in guten Verhältnissen, nur offenbar einander entfremdet. Unwillkürlich fragte Carrie sich, ob ihr Leben ebenso verlaufen wäre, wenn sie jung geheiratet hätte und in Paradise geblieben wäre. Nein, dachte sie, ich hätte das Unglücklichsein nicht so lange wie Jeannie ertragen.
Außerdem haben sie nach all der Zeit noch immer keine Kinder
...
"Oh, da drüben ist Dr. Tom Kelsey", meinte Jeannie plötzlich. "Er ist der neue Tierarzt in der Stadt. He, Tom, kommen Sie, ich möchte Ihnen Carrie Spencer vorstellen."
"Hallo." Er bot ihr die Hand. Tom hatte einen sehr festen Händedruck und tiefblaue Augen. Carrie mochte ihn auf Anhieb. "Willkommen zurück."
"Sogar die neu Zugezogenen wissen also über die Outsider der Stadt Bescheid", neckte Carrie ihn.
"Es stand in der Zeitung von Paradise. In der Liste der Leute, die schon ihren Sommerwohnsitz bezogen haben. Ich las sie zufällig, weil ich auf der gleichen Seite eine Anzeige plaziert habe." Er lächelte entwaffnend und wandte sich an Jeannie. "Sie sehen großartig aus."
"Danke."
Carrie stieß ihre Freundin unauffällig an.
"Sie aber auch", fügte Jeannie rasch hinzu und bedachte ihn mit einem intensiven Blick.
"Möchten Sie tanzen?", fragte er, als die Musiker wieder auf die Bühne stiegen.
"Ich ..."
Carrie kniff sie.
"Gern."
"Jetzt sag nicht, dass da oben auf der Bühne ist Hugh!", rief Carrie überrascht.
"Oh, doch. Er hat auf dem College spielen gelernt." Jeannie hakte sich bei Tom unter. "Bis später." Und damit wirbelten sie zu den anderen stampfenden, sich drehenden Paaren auf die Tanzfläche. Carrie zog sich an den Rand zurück und
beobachtete Hugh, der Geige spielend über die Bühne tanzte.
Wieso beobachte ich ihn? fragte sie sich. Nein, ich sehe Jeannie zu, die eine wirklich gute Tänzerin ist. Tom scheint sie zu mögen.
Tom war ein ganzes Stück größer als Jeannie, und er hatte den Arm um sie gelegt. Jeannie wirkte zerbrechlich und glücklich zugleich.
"Ist das etwa Jeannie?", verlangte jemand neben ihr zu wissen.
Eddie. Er klang ein wenig erstaunt und gar nicht mehr so aalglatt wie sonst.
Sie drehte sich zu ihm um. "Hallo, Eddie, freut mich auch, dich zu sehen. Ja, das ist Jeannie."
"Ich dachte mir schon, dass ihr zwei etwas ausheckt."
"Es hat sich doch gelohnt. Außerdem ist sie eine tolle Tänzerin."
"Ja, sie geht gern zu solchen Veranstaltungen", sagte Eddie, dessen Aufmerksamkeit hin-und hergerissen war zwischen Jeannie und den beiden Frauen, mit denen er sich unterhalten hatte. "Wahrscheinlich bist du etwas anderes gewohnt, wenn du ausgehst."
"Ich kann mich an alles gewöhnen", erwiderte Carrie.
"So sagt man", entgegnete Eddie. "Tja, es war nett, mit dir zu reden, Carrie." Damit verschwand er wieder.
Das wird nicht leicht werden, dachte sie. Eddie war kein einfacher Mensch und wollte vermutlich, dass alles so blieb, wie es war. Es würde einige Zeit und viel Entschlossenheit von Jeannie brauchen, um ihn aufzurütteln. Nun, wenigstens hatte er bemerkt, dass seine Frau heute anders aussah.
Die Musik wurde deutlich langsamer. Hugh war nicht mehr auf der Bühne, und noch ehe Carrie sich eine Strategie zurechtlegen konnte, stand er auch schon neben ihr.
"Lust auf einen Tanz?"
"Ich wusste, dass das passieren würde."
"Ich auch. Und?"
"Ich bin nur zur moralischen Unterstützung von Jeannie hier, nicht um mich zu amüsieren."
"Aha." Das unwiderstehliche Lächeln erschien auf seinem Gesicht. "Gut, dann tanz mit mir, und genieß es nicht."
"Das werde ich nicht tun", erklärte sie bestimmt. Hugh hatte kein Recht, ihr nachzustellen. Sie war nicht an ihm
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