Heisse Liebe in eisiger Nacht
alarmierte.
Oje, dachte sie, das ist der Lockruf des Abenteuers, Genevieve. Seit Ewigkeiten haben sich Frauen von gefährlichen Männern angezogen gefühlt wie die Motten vom Licht.
Wenn man dazu noch hinzufügte, dass er nicht gerade hässlich war, war es völlig logisch, dass er gemischte Gefühle in ihr weckte. Nicht dass er schön war im klassischen Sinn. Ganz im Gegenteil. Mit seinem dunklen Haar, den hellen Augen und dem kantigen, leicht asketischen Gesicht erinnerte er sie eher an einen wilden Krieger aus dem Mittelalter.
Aber sie fühlte sich natürlich nicht zu ihm hingezogen, um Himmels willen. Natürlich nicht! Selbst wenn sie ihm unter anderen Umständen begegnet wäre – er also nicht dazu angestellt wäre, ihr Leben zu zerstören –, war er so wenig ihr Typ, dass jeder Gedanke daran schon lachhaft war. Er war zu groß, zu angespannt, zu … männlich. Außerdem war er so misstrauisch und verschlossen, dass sie es beunruhigend fand. Die meisten Menschen hatten den Wunsch, von anderen gemocht zu werden, Kontakt zu ihnen aufzunehmen und ihr Leben mit anderen Menschen zu teilen.
Aber bei ihm war das offenbar nicht so. Er schien sich völlig von anderen Menschen abgekapselt zu haben, obwohl Genevieve vermutete, dass hinter dieser sorgfältig kontrollierten, kühlen Fassade starke Gefühle verborgen lagen. Obwohl er gefesselt war, starke Schmerzen haben musste und sich vollkommen ruhig verhielt, hatte er eine so starke Ausstrahlung, dass sie sich ihr nicht entziehen konnte.
Während sie einen großen Topf aus dem Schrank holte, ihn auf den Herd stellte und sich daranmachte, für die Suppe Fleisch zu schmoren, Kartoffeln zu schälen und Karotten zu schnippeln, fühlte sie Taggarts forschenden Blick auf sich. So wie sie es auch gespürt hatte, bevor er sich aus dem Schatten des Verandadachs auf sie gestürzt hatte.
Sie seufzte wehmütig. Was würde sie nicht darum geben, wenn es vorhin wirklich ein Killer-Eichhörnchen gewesen wäre, ob nun mutiert oder nicht. Stattdessen hatte sie jetzt etwas viel Gefährlicheres am Hals.
Andererseits hätte es noch viel schlimmer kommen können. Sie hatte unglaublich viel Glück gehabt, dass der Hirsch aufgetaucht war. Und Taggart hatte ihr trotz seiner drohenden Art nicht wehgetan, obwohl er genug Gelegenheit dazu gehabt hatte und obwohl sie ihn sogar geschlagen hatte. Also musste sie fairerweise zugeben, dass er zivilisierter war, als man unter den Umständen erwarten konnte.
„Sie glauben doch wohl nicht, dass Sie ungestraft davonkommen, Bowen, oder?“
Vielleicht war er aber doch genauso gefährlich, wie sie anfangs befürchtet hatte, denn auch wenn seine Stimme ausdruckslos blieb, war Genevieve sich bewusst, dass er ihr drohte. Und das ist bemerkenswert frech, überlegte sie, während sie Tomatensauce und Gewürze zum Fleisch hinzufügte, wenn man bedenkt, in welcher Situation er sich gerade befindet.
„Tun Sie sich selbst einen Gefallen und nehmen Sie mir die Handschellen ab. Ich verspreche Ihnen, Sie mit Glacéhandschuhen anzufassen.“
Klar. Als ob sie das glauben könnte. Aber selbst wenn es wahr war, was bedeutete es im Klartext? Dass er sie mit einem Samtband fesseln und knebeln würde, wenn er sie nach Silver zurückbrachte? Sie verdrehte die Augen undwarf die Karotten und Kartoffeln in den Topf. Dann legte sie den Deckel auf, drehte die Herdflamme herunter und ging zur Spüle, um sich die Hände zu waschen.
„Okay, jetzt begreife ich allmählich. Sie fesseln Männer ans Bett, weil Sie anders keinen Spaß haben.“
Genevieve trocknete sich verdutzt die Hände ab. Sie hatte sich doch sicher verhört, oder?
„Normalerweise steh ich ja nicht so auf den spießigen Hausmütterchentyp, aber ich kann sicher mal eine Ausnahme machen. Aber zuerst muss ich Sie natürlich nackt …“
Sie wirbelte empört herum. „Haben Sie den Verstand verloren? Versuchen Sie, mich auf die Palme zu bringen?“
Er lehnte sich mit dem Oberkörper gegen das Kopfteil des Bettes, die Beine lässig ausgestreckt, und schob sich jetzt einige Zentimeter höher. „Aber Ihre Aufmerksamkeit habe ich jetzt, nicht wahr?“
„Oh ja, das kann man wohl sagen.“ Genevieve stieß einen dramatischen Seufzer aus. „Wenn man bedenkt, dass ich vor drei Stunden alles gegeben hätte, um eine menschliche Stimme zu hören.“ Sie sah ihn misstrauisch an. „Also was ist es, was Sie mir unbedingt sagen müssen?“
„Wie lange haben Sie vor, mich hier angekettet zu lassen?“
„Das kommt
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