Heisse Liebe in eisiger Nacht
Anschließend hatte er die Hütte aufgeräumt, den Generator zum Laufen gebracht und eifrig Schnee geschippt, sodass die Hüttentür und die Treppe zur Veranda frei waren.
Doch das war noch nicht alles. Er hatte auch das Abendessen gekocht und danach sogar abgewaschen. Genevieve war zutiefst beeindruckt und gerührt, aber dass er so unermüdlich arbeitete, hatte ihr auch klargemacht, was für eine Tortur es für einen Mann mit seiner Energie gewesen sein musste, so lange Zeit gefesselt zu sein.
Aber zum Glück schien es ihm jetzt genauso zu gefallen, wie sie ruhig auf dem Sofa zu sitzen und den Abend zu genießen. Zum ersten Mal seit Tagen hatte der Wind ein wenig nachgelassen, und die Wolken hatten sich soweit verzogen, dass man tatsächlich ein paar Sterne sehen konnte. Hinter den mit Eisblumen übersäten Fensterscheiben schaute ein blasser Mond über den Bergspitzen am Horizont hervor.
„Ja, du hast recht. Es ist schön.“ Taggart streichelte ihr Kinn mit dem Daumen. „Der Himmel weiß, dass es schöner ist, als ans Bett gefesselt zu sein.“
„Ach, ich weiß nicht. Ich hege eine gewisse Vorliebe für dieses Möbelstück. Zumindest wenn du darin liegst.“
Er sah sie streng an.
Sie erwiderte seinen Blick mit einem unschuldigen Augenaufschlag und zuckte mit den Schultern. „Ich kann nichts dafür, dass ich einen Mann in Handschellen so wahnsinnig sexy finde. Wenn er wie du ist, heißt das. Mit so einem muskulösen Körper und dem Gesicht eines Verbrechers und …“
„Genevieve“, unterbrach er sie mit warnendem Unterton.
Sie tat ihm den Gefallen, erst einmal nicht weiterzusprechen. Aber sie warf ihm einen verstohlenen Blick zu, und zu ihrem Entzücken versuchte Taggart, seine Verlegenheit zu verbergen, indem er besonders finster dreinschaute.
„Aber du weißt doch, dass es wahr ist, oder?“, fragte sie ihn, weil sie einfach nicht anders konnte. „Ich meine, die Frauen sind doch sicher überall hinter dir her wie der Teufel hinter den Seelen.“
„Genevieve, treib es nicht zu weit …“
Sie seufzte und wandte sich scheinbar schmollend dem Feuer zu. Als sie vorsichtig wieder zu Taggart hinschaute, verriet sein Blick ihr, dass er sie durchschaut hatte. „War das zu viel des Guten?“
„Das kann man wohl sagen.“
„Was hat mich verraten?“
Er hob eine Augenbraue. „Das Gesicht eines Verbrechers – ich bitte dich.“
Sie zuckte ungerührt mit den Schultern. „Es klang gut, als ich es gelesen habe.“Sie konnte ihr freches Lächeln nicht länger unterdrücken.
Er schaute sie immer noch vorwurfsvoll an, aber dann schüttelte er den Kopf und lächelte schief.
Genevieve seufzte wieder zufrieden, drehte sich zu ihm herum und küsste ihn auf den Mund. Wieder erwachte ihre Begierde. Mit jeder Stunde, die sie zusammen verbrachten, schien das Feuer in ihnen leichter entfacht zu werden. Aber Genevieve gab dieses Mal nicht nach. Als sie den Kuss kurz unterbrachen, um Luft zu holen, nahm sie all ihre Willenskraft zusammen, drückte noch einen letzten Kuss auf seinen Mund und zwang sich, ein wenig von Taggart abzurücken.
„Alles okay?“, fragte er leise.
Sie strich ihm eine Strähne seines dichten Haars aus der Stirn. „Natürlich. Aber da gibt es etwas, worüber ich mit dir reden möchte.“
Er wirkte einen Moment beunruhigt, aber gleich darauf sah er sie genauso gelassen an wie immer. „In Ordnung.“
Sie überlegte, wie sie am besten anfangen sollte, und entschied sich für die direkte Methode. „Ich möchte dir sagen, warum ich Seth für unschuldig halte. Und ich möchte, dass du mir zuhörst.“
„Genevieve …“
„Ich weiß.“ Sie hob die Hand und sah ihn bittend an. „Alle Indizien sprechen dafür, dass er es getan hat, und du glaubst, dass ich aus blinder Ergebenheit handle.“
„Das stimmt. Genau das glaube ich. Verdammt, ich habe auch Brüder, und ich bewundere deine Loyalität ja auch, aber irgendwann musst du dich der Wirklichkeit stellen und …“
„Bitte, John. Hör mich nur bis zum Ende an.“
Er presste einen Moment lang ungeduldig den Mund zusammen,aber dann nickte er. „Okay.“
Sie atmete erleichtert auf. „Ich liebe Seth wirklich. Ich kenne ihn aber auch besser als jeder andere, weil ich ihn sozusagen großgezogen habe. Ich weiß – ich weiß es wirklich –, dass er nicht fähig ist zu dem, dessen man ihn beschuldigt. Er könnte vielleicht einen Menschen in Notwehr töten oder um mich zu beschützen oder sonst jemanden, den er liebt. Aber wegen
Weitere Kostenlose Bücher