Heisse Liebe in eisiger Nacht
die Reinkarnation der Mata Hari wäre, würde sie sich in Teufels Küche bringen, wenn sie so weitermachte.
Sie würde bald entweder einem Verbrecher in die Fallegehen, der ihre Lage zu seinem Vorteil nutzen würde, oder jemand mit sehr viel weniger Skrupeln als er würde sich an ihre Fersen heften. Und je länger sie auf der Flucht war, desto wahrscheinlicher war es, dass sie sich die Gunst des Richters verscherzte, dessen Anordnungen sie nicht befolgt hatte. Taggart konnte die Wahrheit nicht länger leugnen. Je eher er die Angelegenheit zu einem Ende brachte, desto besser war es für alle Beteiligten, einschließlich Genevieve.
Das leise Knirschen von Stiefeln im Schnee ließ ihn aus seinen Gedanken hochschrecken. Gleich darauf kam Genevieve die Stufen herauf, und Taggart hatte keine Ahnung, was er ihr sagen sollte. Er runzelte die Stirn, als ihre Schritte nicht mehr zu hören waren, und dann hörte er Genevieve ausrufen: „Oh, um Himmels willen …“
Sie verstummt abrupt … Auf ein ohrenbetäubendes Krachen folgten das Geräusch von rollendem Holz, danach ein erschrockener Schrei, ein dumpfes Aufschlagen und danach absolute, nervenzerreißende Stille.
„Genevieve!“
Sie hatte noch nie einen Menschen wirklich brüllen hören, dabei wurde das Wort in Romanen ständig benutzt. Sie stellte sich aber vor, dass sich jemand, der brüllte, so anhören müsse wie John gerade.
Andererseits, dachte sie betäubt, während sie flach auf dem Rücken lag und verzweifelt nach Atem rang, ist „sich die Kehle aus dem Hals schreien“ vielleicht der passendere Ausdruck.
„Genevieve! Verdammt, antworte mir!“
Verflixt, was war bloß los mit diesem Mann? Sie war kurz davor zu ersticken, konnte nicht mehr klar sehen, und er machte einen Aufstand, als hätte er Grund, sich zu beschweren. Zum Glück ließ der Druck, der auf ihrer Lunge lastete, so plötzlich nach, wie er gekommen war,und sie konnte endlich tief durchatmen.
Keuchend drehte sie sich auf den Bauch, stützte dann mühsam die Ellbogen auf und kam auf die Knie. Sie hielt die Hände vor ihren Mund, um die eiskalte Luft, die nun wieder in ihre Lunge strömte, ein wenig anzuwärmen.
Nach einer kleinen Ewigkeit, die wahrscheinlich nur aus wenigen Sekunden bestand, entschied Genevieve, dass sie wohl doch überleben würde. Zwar würde sie sicher ein paar blaue Flecken haben, aber ansonsten schien sie unversehrt zu sein.
Was man von der Hütte anscheinend nicht behaupten kann, dachte sie, als sie ein lautes Krachen aus dem Inneren hörte. „Genevieve!“
„Ich bin okay“, rief sie heiser und tat ihr Bestes, beruhigend zu klingen, während sie behutsam aufstand. Alle Körperteile schienen noch zu funktionieren. Sie hob die Mütze auf, die sie bei ihrem Sturz verloren hatte, und klopfte sich den Schnee von ihrer Kleidung, so gut sie konnte. „Ich bin in einer Sekunde da. Mach dir keine Sorgen.“
Sie selbst jedenfalls hatte beschlossen, sich keine Sorgen darüber zu machen, dass sie sich in Taggart verliebt hatte. Aber zuerst hatte sie einen leichten Nervenzusammenbruch gehabt, weil es ihr nicht gelungen war, den nagelneuen Generator anzustellen. Und als sie feststellte, dass die Tränen auf ihrem Gesicht zu Eis geforen, hatte sie sich zusammengerissen und über sich und Taggart nachgedacht.
Sie wollte sich nichts vormachen. Vielleicht fühlte sie sich im Moment besser, wenn sie ihre Gefühle für ihn einfach leugnete, aber lange konnte das nicht anhalten. Es war besser, den Tatsachen ins Auge zu sehen.
Eigentlich kannte sie Taggart kaum und wusste fast nichts über ihn. Wenn sie ihm unter anderen Umständen begegnet wäre, hätte sie ihn zu groß, zu rau und viel zu einschüchternd gefunden, um ihm einen zweiten Blick zugönnen. Aber all das war jetzt nicht wichtig. Sie gehörte nicht zu den Frauen, die ihr Herz leichtfertig verschenkten, ganz im Gegenteil, sie hatte sich gerade zum ersten Mal in ihrem Leben verliebt. Als Liebhaber war er wundervoller als jeder Mann, mit dem sie geschlafen hatte, und sie freute sich darauf, mehr über ihn zu erfahren.
Mittlerweile fand sie weder seine gefährliche Ausstrahlung noch die nur mühsam beherrschte Kraft noch bedrohlich. Genevieve hatte erkannt, dass Taggart viel zu viel Ehrgefühl hatte, um sich zu vergessen und auszurasten. Wenn es um Seth ging, standen sie zwar auf entgegengesetzten Seiten, und Taggart würde ihr wahrscheinlich das Herz brechen, weil er ihre Gefühle nicht erwiderte, aber sie wusste, dass er
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