Heiße Liebe zum Dessert - Crusie, J: Heiße Liebe zum Dessert - Agnes and the Hitman
dann knalle ich ihm noch eine.« Schließlich sagte er resigniert:
»Auf jeden Fall bin ich hier, um Sie zu beschützen. Außer Sie braten mir noch mal eins mit der Pfanne über. Dann kann, wer auch immer hinter Ihnen her ist, Sie von mir aus gerne haben.«
»Mich beschützen.« Das hörte sich nicht gut an. Sie hatte sich Sorgen gemacht, die Polizei könnte vielleicht herausfinden, was sie gewöhnlich mit Bratpfannen anstellte, aber Joey dachte offensichtlich, dass sie vor etwas anderem geschützt werden müsse, etwas, mit dem nur Kerle wie der da fertig wurden. Was wiederum bedeutete, dass etwas ganz entschieden falsch lief. Nicht, dass der Junge, der nun als Leiche in ihrem Keller lag, nicht hart im Nehmen gewesen wäre, doch wenn Joey die Lage für so verzweifelt hielt, dass er ihr einen solchen Typ schickte, dann war wirklich etwas faul, denn der Kerl konnte einen vor … vermutlich vor so ziemlich allem beschützen.
Draußen im Flur schlug Brendas riesige hässliche Großvateruhr dumpf Mitternacht. Hörte sich an wie der Countdown des Todes. Agnes warf Shane einen Blick zu.
Groß. Breit. Dunkel. Stark. Gut aussehend, wenn man auf Schlägertypen stand. Er sah aus wie Joey. Und er war hier, um sie zu beschützen.
Wie geht es Ihnen jetzt, Agnes?
Könnte schlimmer sein.
»In Ordnung, Shane«, sagte Agnes, als Brendas Uhr endlich die Klappe hielt. »Joey ist in der Küche, ein Polizist steht im Flur, im Keller liegt eine Leiche, und Sie befinden sich aktuell in meinem Schlafzimmer. Was davon interessiert Sie am meisten?«
Dienstag
Kolumne der Küchenfurie Agnes – Nummer 62
Tun wir so, als ob – wie Mama eben!
Wer kann nicht damit aufwarten: jenem einen berühmten Rezept, das aus den Urtagen unserer Familiengeschichte sozusagen unsere gesamte Kindheit auf die Länge einer Zutatenliste reduziert. Meine beispielsweise liest sich so: »Ein Glas aus dem Eisfach, zwei Teile Gin, ein Hauch Vermouth, nördlich vom Äquator kurz im Uhrzeigersinn umrühren, und – um Gottes willen, Agnes, quirl den Gin nicht zu Tode.« In Ihrem Fall ging es vielleicht nicht um Martini-Cocktails, sondern um die richtige Art und Weise, eine Dose Pilzcremesuppe über eine Dose grüner Bohnen zu kippen, aber wo ist da der Unterschied? Oder gehörte Ihre Mutter zu der Sorte, die aus dem Nichts ein Omelette surprise zaubern kann? Stieß sie etwa auch so spitze Schreie aus wie: »Keine Drahtbügel in meinem Kleiderschrank!«? Doch diese Lichtgestalten haben immer auch eine dunkle Seite.
S hane hatte sich für die Küche entschieden, einen großen, warm anmutenden Raum mit roten Wänden und weißen Schränken. Es roch nach Himbeeren und Schokolade, vom Flur her drang schwaches Stimmengemurmel herein.
»Das sind Joey und Detective Xavier«, erläuterte Agnes und sah ein wenig besorgt drein.
Alles in Agnes’ Küche sah sauber und professionell, aber nicht teuer aus, jedenfalls nicht protzig teuer. Shanes Blick blieb an den schimmernden, gut geschliffenen Messern hängen, die an Magnetleisten an der Wand hingen. Daneben Gabeln mit langen Griffen und Zinken, die messerscharfen Dornen ähnelten. Darüber funkelten weitere Instrumente im warmen Licht, die nicht minder tödlich aussahen.
Dies also war Agnes’ Reich: der reinste Tempel des Todes.
»Sie sind mit der Bratpfanne auf ihn losgegangen?«, fragte er sie. »Wieso haben Sie kein Messer genommen?«
»Die Bratpfanne war gerade in Griffweite.« Sie wich seinem Blick aus. »Außerdem hatte ich nicht unbedingt Zeit, mir eine Waffe auszusuchen. Nicht, dass ich in solchen Situationen unbedingt auf Bratpfannen stehe.«
Er nickte und trat zur Anrichte. Dort lag der Revolver. Als er das schmutzige weiße Isolierband um den Pistolengriff sah, zuckte er zusammen. Das war ein alter Mafiatrick. Aber jeder verdammte Gangster in und um Keyes, South Carolina, kannte Joey. Verdammt. Es sah nicht so aus, als könne er schnell zu seinem Job zurückkehren. Wilson würde wenig erfreut sein.
Nun ja, das machte dann schon zwei.
»Wo ist die Leiche?«, fragte er.
Sie ging zur Flurtür hinüber und drückte gegen die Wand daneben. Eine Geheimtür schwang hin und zurück.
»Können Sie Xavier ein wenig hinhalten, bis ich da unten fertig bin?«
»Aber sicher«, meinte Agnes und hörte sich alles andere als sicher an.
Er trat in den Türrahmen und prüfte mit dem Fuß einen der eingemauerten Balken, die einmal als Stufenlager gedient hatten. Er war ziemlich schmal, höchstens fünf Zentimeter
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