Heiße Naechte im Strandhaus
auch gar nichts romantisch.
Während Sophia gar nicht mehr aufhören konnte zu schwärmen, stolzierte Tochter Cristina in ihrem zitronengelben Brautjungfernkleid aus Rohseide herum wie ein Pfau. Dabei hüpfte sie zwischendurch immer wieder aufgeregt von einem Bein aufs andere und fragte: „Gehen wir jetzt endlich? Können wir immer noch nicht gehen?“ Und Annas Mum, die in ihrem blaugoldenen Mantel aus Brokat und dem raffinierten riesigen Hut fast königlichen Glanz ausstrahlte, kümmerte sich um Sholto und schaute sich dabei immer wieder entzückt in dem großen Wohnzimmer um. Auf Anna wirkte die Situation eher wie ein kunstvolles Bühnenbild, mit ihr als Hauptdarstellerin, die ihre Rolle in einem grausam surrealen Stück spielte.
Francesco hatte sie nicht mehr gesehen, seit er sie vor zwei Tagen vor dem Restaurant ins Taxi gesetzt hatte.
„Es bringt Unglück, wenn der Bräutigam die Braut so kurz vor der Hochzeit noch sieht“, hatte ihre Mum erklärt. „Er hat sich ein Hotelzimmer genommen; du wirst ihn erst vor dem Altar wieder zu Gesicht bekommen.“ Beatrice war so beschäftigt gewesen, dass ihr entgangen war, wie sich die Augen ihrer Tochter verdunkelt hatten.
Die seltsame Kälte, die er beim Abschied ausgestrahlt hatte, ließ Anna befürchten, dass er sich endgültig von ihr losgesagt hatte. Sie zu heiraten war bestimmt das Letzte, was er wollte.
Der reinste Horror, dachte sie und fühlte sich sterbenselend. Das machte er alles nur für seinen geliebten kleinen Sohn, und sie hatte sich von ihm erpressen lassen. Was wahrscheinlich nicht weiter schlimm gewesen wäre, wenn ich wirklich nur auf sein Geld scharf wäre, überlegte sie düster.
Aber das war sie nicht! Sie hatte ihm sogar gestanden, dass sie ihn immer noch liebte. Was die Sache allerdings nur noch schlimmer gemacht hatte.
Daraufhin hatte sie einen letzten verzweifelten Versuch unternommen, ihn von ihrer Aufrichtigkeit zu überzeugen – mit gegenteiliger Wirkung.
„Hör auf zu träumen!“, schalt Sophia liebevoll und drückte ihr einen Strauß aus weißen Rosen in die Hand. „Die Autos sind da.“
Und ihr Vater war inzwischen auch eingetroffen. Er sah gut aus in dem geliehenen Cutaway, im Knopfloch eine weiße Nelke, und der Stolz leuchtete ihm aus den Augen, als er seine Tochter sah.
Er umarmte sie mit zärtlicher Behutsamkeit, sorgfältig darauf bedacht, die makellose Perfektion ihres Aufzugs nicht zu zerstören. Als sie es bemerkte, kamen ihr fast die Tränen. Er war ihr Vater, und sie liebte ihn von ganzem Herzen. Und doch hatte er ihr Glück zerstört.
„Bist du nervös, Herzchen? Wirklich, dafür besteht überhaupt kein Grund. Du wirst die Braut des Jahres werden, und dein guter alter Dad ist gekommen, um dich heil ans Ziel zu bringen.“
Sie war innerlich zu aufgewühlt, um nachzufragen, was er damit meinte, aber das brauchte sie auch nicht. Sobald sie das Haus verließen, wurde es ihr klar. Da sah sie sich nämlich zu ihrem Entsetzen einer wilden Horde Fotografen gegenüber, die drängelten und schubsten und sie mit zahllosen Fragen bombardierten. Ihr wurde ganz schwindlig, und sie war heilfroh, als sie mithilfe ihres Dads und ohne einen allzu großen Verlust an Würde den schützenden Wagen erreicht hatte.
Vor der Kirche warten inzwischen wahrscheinlich noch mehr Reporter, dachte sie. Eine Aussicht, gegen die ihr Magen rebellierte. Vermutlich war es eine Sensation, dass der begehrenswerteste Junggeselle der Welt eine Namenlose heiratete – eine zauberhafte Aschenputtelgeschichte für die Medien.
Nur ohne Happy End.
„Tut mir wirklich leid, Herzchen, das war alles meine Schuld“, brummelte William Maybury in sich hinein, während sich der Wagen leise schnurrend in Bewegung setzte.
„Red keinen Unsinn“, murmelte Anna erschöpft. Als hätte er die Paparazzi bestellt.
„Nein, hör zu. Ich habe gestern Abend lange mit deinem jungen Mann geplaudert. Er hat mich zu sich in sein Hotel eingeladen. Als ich zurückkam, war es schon ziemlich spät, und du warst bereits im Bett … und … und heute Morgen war alles so hektisch, deshalb …“
„Dad, bitte! Ich will jetzt nicht reden.“ Um ihre Worte zu unterstreichen, wandte Anna den Kopf ab.
Es wäre schlicht unerträglich, noch einen weiteren Lobgesang auf Francesco hören zu müssen. Natürlich konnte sie es ihren Eltern nicht verdenken, dass sie überwältigt waren von seiner Großzügigkeit, die es ihnen ermöglichte, ihr künftiges Leben in Sicherheit und
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