Heiße Rache aus Leidenschaft
uns zu dem Menschen macht, der wir sind. Nur leider hat Ihr Vater seine Geschichte nicht mit Ihnen geteilt, sodass Sie hätten verstehen könne, mit welchen Dämonen er ringen musste.“
„Es war nicht die Art meines Vaters, irgendetwas mit seiner Familie zu teilen. Sosehr, wie er jegliche Schwäche bei anderen verabscheute, kann ich mir nicht vorstellen, dass er je an einen Punkt gelangt wäre, eine eigene Schwäche einzugestehen.“
„Standen Sie ihm je nahe?“, fragte sie.
Sofort nahm sein Gesicht wieder einen verschlossenen Ausdruck an. „Er hatte keinen guten Draht zu kleinen Kindern … oder zu Kindern überhaupt.“
„Und was war mit Ihrem jüngeren Bruder?“
Er blickte sie durchdringend an. „Hat Ihnen schon jemand gesagt, dass Sie zu viele Fragen stellen?“
„Es tut mir leid … Ich dachte nur, es könnte vielleicht helfen, darüber zu reden …“
„Es hilft nicht, Miss March“, unterbrach er sie brüsk. „Und für die Zukunft wäre es mir lieb, wenn Sie Ihre Nase nicht in Dinge stecken würden, die Sie nichts angehen. Mein Vater ist tot, und auch wenn es Ihr Feingefühl verletzen mag, ich bin nicht traurig darüber.“
Schweigend blickte Emma ihm nach, als er das Haus verließ.
Seine verbitterten Worte klangen ihr noch in den Ohren, als das Motorengeräusch seines Sportwagens längst in der Ferne verhallt war.
Kaum war Emma an diesem Abend zu Bett gegangen, als ihre Schwester Simone aus Australien anrief. In die Kissen gelehnt lauschte sie Simones tränenreichem Bericht, wie sie vergeblich versucht hatte, einen Bankkredit zu bekommen, nur um zu erfahren, dass ihr Ex-Lebensgefährte Brendan offenbar zur Finanzierung seiner Kokainsucht wahllos Kredite aufgenommen und sie als Bürgen benannt hatte, sodass sie hoffnungslos überschuldet war. Entsetzt musste Emma hören, dass spätabends sogar ein Kredithai bei Simone aufgetaucht war, dem Brendan ebenfalls Geld schuldete und der Simone und ihre Tochter bedroht hatte, sollte er sein Geld nicht innerhalb einer Woche erhalten.
„Ich weiß nicht, was ich machen soll, Emma“, schluchzte Simone. „Als ich Chelsea von der Schule abgeholt habe, hatte ich schon das Gefühl, dass mir jemand folgt.“
„Bist du nicht zur Polizei gegangen?“, fragte Emma besorgt.
„Ach, du weißt doch, wie die mich behandelt haben, als sie das letzte Mal kamen, um Brendan zu verhaften. Sie haben mir nicht geglaubt, dass ich nichts von seiner Drogensucht wusste und keine Ahnung hatte, wo er ist, und haben mich wie eine Kriminelle behandelt.“
Emma schwieg betroffen. Simone hatte es immer schwer gehabt. Ungezählte Male hatte sie Emma in ihrer Kindheit vor den irrationalen Wutausbrüchen ihrer drogensüchtigen Eltern beschützt, bis endlich das Jugendamt eingeschritten war und beide Mädchen bei Pflegeeltern unterbrachte. Mit neunzehn hatte Simone dann ein kurzes Glück an der Seite von David Harrison gefunden, aber nur sechs Wochen nach Chelseas Geburt war ihr Mann bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen.
„Hör zu, Simone, ich habe einen Plan.“ Emma holte tief Luft. „Wie es sich herausgestellt hat, habe ich von meinem letzten Patienten eine größere Summe geerbt. Es dauert natürlich ein paar Tage, bis ich es dir überweisen kann, aber wenn du diesem Kredithai sagst, dass er sein Geld auf jeden Fall bekommt, beruhigt er sich vielleicht, bis du dir juristischen Rat holen kannst.“
„Es ist so viel Geld!“, jammerte Simone. „Ich werde es dir nie zurückzahlen können, selbst wenn die Polizei Brendan findet und verhaftet und ich ihn verklagen könnte.“
„Ich will das Geld gar nicht von dir zurück, Simone. Mir ist nur wichtig, dass du und Chelsea sicher seid. Wenn alles nach Plan verläuft, wirst du genug Geld haben, um in einen anderen Vorort oder vielleicht sogar in einen anderen Bundesstaat umzuziehen und ganz neu anzufangen.“
„Ach Emma, das wäre mein Traum! Ich hasse diesen Ort, weil er mich so sehr an unsere Kindheit mit Mum und Dad erinnert, die durch die Drogen ständig neben sich standen. Ich begreife immer noch nicht, wie ich mich so in Brendan irren konnte … er war immer so liebenswert und charmant!“
„Mach dir keine Vorwürfe, Simone“, tröstete Emma. „Du weißt doch, wie Drogen die Menschen verändern. Schon allein um Chelseas willen musst du umziehen. Sie ist in so einer Umgebung nicht sicher.“
„Du hast recht. Wenn Dave noch leben würde, wäre er entsetzt, dass ich unserer Tochter das alles zugemutet
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