Heiße Rache, süße Küsse (Julia) (German Edition)
Eigentlich hatte sie nicht gewusst, was sie erwarten würde. Ihrer Erfahrung nach konnten Milliardäre und Wirtschaftstycoone recht unangenehm werden, wenn sie ihren Willen nicht bekamen. Luc Sanchis hatte sich bisher relativ problemlos in sein Schicksal gefügt. Sicher, er war wütend, trotzdem wurde er nicht ausfallend. Vermutlich hielt er sich nur zurück, um die Situation ausloten zu können.
Jesse machte sich keine Illusionen. Luc Sanchis war überdurchschnittlich intelligent. Und gerissen. Keine Sekunde durfte sie ihre Wachsamkeit aufgeben, er würde ständig nach einem Ausweg suchen und jede sich bietende Gelegenheit nutzen.
Sie drehte sich zu ihm herum und war erneut schockiert über seine enorme physische Präsenz. Es passte ihr nicht, dass sie sich in seiner Nähe so schwach fühlte. Doch er würde verstehen müssen, dass Fluchtversuche vergeblich waren.
„Rund um die Villa ist ein Alarmsystem mit Sensoren installiert. Man kann diese Insel nur auf dem Luftweg verlassen.“ Hinter dem Rücken kreuzte Jesse die Finger. An der Südspitze von Oxakis gab es noch ein Bootshaus mit einem Schnellboot.
Breitbeinig und mit verschränkten Armen stand er da. „Ich war Sieger in mehreren Schwimmwettbewerben.“
Wieso wundert mich das nicht? dachte Jesse. Sie nahm die gleiche Haltung ein. „Die Strömungen sind hier unberechenbar und gefährlich. Zudem soll laut Wetterbericht ein Sturm im Anzug sein. Sie mögen ein guter Schwimmer sein, aber Sie würden es nicht schaffen.“
Luc sah zu den offen stehenden Doppeltüren, an denen sich genau in diesem Moment die Vorhänge in der kühlen Brise bauschten. Als erfahrener Segler wusste er, wie schnell das Wetter umschlagen konnte.
Warum denn so ernst? Er schüttelte den Kopf, um den aus dem Nichts aufgetauchten Gedanken zu verscheuchen. „Wie ist es Ihnen gelungen, den Piloten zu der Kursänderung zu bringen?“ Eine Frage, die ihn schon die ganze Zeit beschäftigte.
Mit hochroten Wangen starrte Jesse auf ihre Fußspitzen. „Ich habe auch der Charterfirma eine E-Mail geschickt und … äh … romantische Gründe für die Änderung angegeben. Sie haben darum gebeten, dass man Sie an Bord nicht darauf ansprechen soll.“ Sie hob wieder den Kopf. „Den Flugbegleiter habe ich separat instruiert, damit er den Kaffee präpariert – unter dem Vorwand, dass Sie ausgeruht sein wollen, wenn Sie ankommen, weil es ja ein romantisches …“ Verlegen brach sie ab. „Die Firma wartet darauf, dass Sie sich wegen des Rückflugs wieder melden.“
Luc biss erneut die Zähne zusammen. Er war Opfer des eigenen Verhaltens geworden. Diese Frau hatte sein Verhalten und seine Tagesabläufe studiert und dann mit den simpelsten Mitteln seinen gesamten Plan geändert. Wer hätte schon anzweifeln sollen, ob die Nachrichten tatsächlich von ihm stammten, wenn er die beste Sicherheitssoftware auf dem Markt installiert hatte?
Jesse hätte nicht sagen können, was jetzt in seinem Kopf vorging, aber nette Gedanken konnten es nicht sein. Er musste sie zutiefst verabscheuen. Sie verließ den Wohnraum und steuerte die Treppe an, die ins obere Stockwerk führte. Nach einem Moment hörte sie Luc Sanchis seufzen, dann folgte er ihr.
Oben öffnete Jesse eine von den vielen Türen auf dem Korridor, damit Luc in den Raum sehen konnte. Es schien ihr nicht richtig, das Schlafzimmer der Familie Kouros zu benutzen, also hatte sie den nächstgrößeren Raum für Luc Sanchis eingeplant und ein kleines Gästezimmer für sich selbst. In bescheidener Umgebung fühlte sie sich so oder so wohler. Obwohl … in dieser luxuriösen Villa bedeutete „bescheiden“ ein fürstliches Zimmer mit dickem Teppich, einem Bett in Übergröße und ein riesiges angeschlossenes Bad einschließlich eingelassener Badewanne.
Jesses Füße versanken im Teppich, als sie vorausging. Der Blick aus den Fenstern war hier noch großartiger als der in ihrem Raum. „Das hier wird für die Dauer Ihres Aufenthalts Ihr Zimmer sein. Im angrenzenden Bad ist alles Nötige vorhanden.“ Sie gab sich extrem geschäftsmäßig, fühlte sie sich doch unwohl zusammen mit diesem Mann in einer so erlesenen Umgebung.
Es kostete sie Mühe, nicht zusammenzuzucken, als Luc Sanchis ihr ins Bad folgte. Er begutachtete den Inhalt der Regale, ergriff das ein oder andere Teil und stellte es wieder ab. Er hatte Jackett und Krawatte irgendwo abgelegt. Vor einer Minute noch war Jesse der Raum riesig erschienen, jetzt hatte sie das Gefühl, hier drinnen zu
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