Heiße Rache, süße Küsse (Julia) (German Edition)
zerbrechlich aussehende rotblonde Elfe. Luc schnaubte. Von wegen zerbrechlich!
Er nahm noch einen Schluck. Je mehr er trank, desto schwammiger wurde ihr Bild vor seinem geistigen Auge, und das war auch gut so.
Noch letzte Woche hatte seine Sekretärin vorsichtig angefragt, ob sie nicht endlich einen Urlaub in seine Terminplanung für dieses Jahr eintragen solle. Vermutlich glaubte die Gute jetzt, er hätte sich ihren Rat zu Herzen genommen. Über seine angebliche Anweisung, von dem O’Brian-Deal zurückzutreten, würde sie sich jedenfalls nicht wundern. Er war in der Tat berüchtigt dafür, spontan seine Meinung zu ändern. Es wurmte ihn maßlos, dass er überhaupt nichts von Jesse Moriarty wusste, während sie in ihm zu lesen schien wie in einem offenen Buch.
Die beiden Menschen, die sich am meisten Gedanken um ihn machten, waren zu einer zweiwöchigen Kreuzfahrt aufgebrochen. Gerade heute Morgen noch hatte er ihnen einen wunderbaren Urlaub gewünscht und gesagt, dass er nichts von ihnen hören wollte, es sei denn, es ginge um Leben und Tod.
Er lächelte ironisch vor sich hin. Normalerweise verfiel seine Mutter in Panik, wenn er sich nicht täglich telefonisch bei ihr meldete – auch wenn sie wesentlich entspannter geworden war, seit sie im letzten Jahr erneut geheiratet hatte.
Zum ersten Mal, seit Luc sich erinnern konnte, brauchten seine Mutter und seine Schwester ihn nicht mehr – nicht wirklich. Er wusste nicht recht, ob ihm das gefiel. Mit zwölf hatte er den Vater verloren, und seither war er „der Mann“ in der Familie gewesen. Da er seit jungen Jahren enorme Verantwortung getragen hatte, konnte ihn heute nur noch wenig überraschen. Doch Jesse Moriarty hatte ihn überrascht – und verärgert. Sie hatte offensichtlich lange im Voraus geplant, um …
Ein Geräusch, das von der unteren Terrasse zu ihm heraufdrang, riss ihn aus seinen Gedanken. Er stellte die Weinflasche auf den Boden und stützte sich auf das Balkongeländer. Er konnte Jesse sehen, die über den Rasen zu dem Pool hinter der Hecke weiter hinten im Garten ging.
Sie trug einen kurzen Bademantel, und Lucs Blick wurde automatisch von ihren wohlgeformten Beinen angezogen. Er konnte noch erkennen, dass sie ein eingerolltes Handtuch bei sich hatte, dann verschwand sie hinter den Bäumen. Als er das leise Aufspritzen von Wasser vernahm, wusste er, dass sie im Pool schwamm.
Er umklammerte das Geländer und verfluchte sich still, weil er sich doch tatsächlich fragte, ob sie Bikini oder Einteiler zum Schwimmen trug. Verärgert ging er ins Zimmer zurück. Wie konnte sie so lässig sein?! Sie hatte ihn gerade gekidnappt! Und warum spielte er mit solch albernen Gedanken, wenn er sie nicht einmal attraktiv fand?! Die Hitze in seinen Adern, die ihn eines Besseren belehrte, ignorierte er entschieden.
Denk nach, Mann! Er schüttelte den Kopf, um den leichten Weinnebel zu durchdringen. Also gut. Sie hatte ihn mit wenig Aufwand und ohne jedes Aufsehen entführt – was es einfach unerträglich für ihn machte. Ihm wäre es lieber gewesen, wenn sie ihm eins über den Schädel gezogen, ihn gefesselt und verschleppt hätte, dann würde er sich nicht so naiv vorkommen. Aber jetzt war er hier, und er musste sich überlegen, wie er schnellstens wieder von der Insel wegkam.
Körperlich war er ihr haushoch überlegen, aber erstens sträubte sich alles in ihm, Gewalt anzuwenden, und zweitens … was würde ihm das nützen? Mit Sicherheit hatte sie die Ausrüstung zur Verfügung, um mit der Außenwelt zu kommunizieren, nur bezweifelte er nicht, dass die Geräte gut versteckt waren. Und das konnte überall sein. Selbst wenn er etwas finden sollte … alles wäre mit Passwort geschützt und somit nutzlos für ihn.
Dass sie für diese Nummer, die sie hier abgezogen hatte, ins Gefängnis wandern konnte, schien sie nicht im Geringsten zu stören. Seine Drohung, sie zu ruinieren, hatte auch nur ein blasiertes Schulterzucken bei ihr hervorgerufen. O’Brian zu retten war ihr offensichtlich wichtiger. Bei dem Gedanken stieg ein bitterer Geschmack in ihm auf.
Luc wurde bewusst, dass kein Wasserspritzen mehr zu hören war. Er ging zurück auf den Balkon. Die Dämmerung brach herein, tauchte die Insel in Rosé- und Violetttöne. Jesse trat hinter der Hecke hervor. Sie trug wieder den Bademantel und rieb sich das Haar mit dem Handtuch trocken. Luc zog sich in den Schatten des Zimmers zurück, doch sie schien seinen Blick gespürt zu haben, denn sie hob den Kopf und
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