Heiße Sonne der Verfuehrung
denn sein Mund war zu vollgestopft, um etwas sagen zu können. Sie grinste und legte zwei weitere auf einen Teller vor ihn hin.
Ran schluckte. »Habt Ihr Aurora gesehen?« Er hielt die mit feinen Perlen bestickten Schuhe hoch.
»Da habt Ihr sie also schon verloren?«, zog Domingo ihn auf, und Léonie drehte sich um, um ihr Lächeln zu verbergen.
»Lougière«, informierte Dahrein ihn um ein großes Stück Kuchen herum und wies mit der Hand wedelnd nach draußen.
Rans Blick verengte sich auf die Fenster und die Szenerie dahinter.
»Dieser Blick wird Euch bei ihr in Schwierigkeiten bringen, Ran«, warnte Domingo ihn. »Und außerdem habt Ihr Euch seit unserer Ankunft gestern in Eurem Arbeitszimmer eingeschlossen.« Er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht war sie ja gelangweilt?«
Nein, sie ist wahrscheinlich wütend, entschied Ran. Schließlich hatte sie den vergangenen Abend damit verbracht, sich mit seiner Mutter anzufreunden. Er nahm sich ein zweites Törtchen, und mit den Schuhen unter dem Arm ging er zur Tür hinüber.
»La petite ist wütend auf ihn?« Léonie bot Domingo eine Kostprobe vom Fleisch an.
»Ich bin davon überzeugt, dass es in ihrem Körper auch nicht das kleinste bisschen Platz für Wut gibt, Léonie«, versicherte er ihr und schaute aus dem Fenster, wo Ran jeden, der vorbeikam, nach Aurora fragte. »Lediglich ein wenig Verärgerung.« Domingo biss in das Fleisch, murmelte ein Lob und gab Léonie einen wohlverdienten Kuss.
»Schau dir nur das an, Lougière, hast du jemals schon eine solche Blume gesehen?« Auroras Fingerspitzen glitten aufgeregt über die scharf geformten, sternenförmigen Blütenblätter.
»Keine so entzückende, wie Ihr es seid, Mylady.«
Sprachlos und errötend warf sie ihm einen Seitenblick zu.
»Du flirtest ja mit mir.«
Er lächelte, und seine hellen Augen funkelten, als er näher rückte, die Blüte pflückte und sie ihr hinters Ohr steckte. »Entzückend«, murmelte er und ordnete eine ihrer Haarsträhnen. Plötzlich machte er ein langes Gesicht und schritt abrupt zurück. Er richtete seine Aufmerksamkeit auf den Dschungel jenseits des Weges, und Aurora verkannte nicht die Schuldgefühle, die sich in seinen schönen Gesichtszügen abmalten. Hatte er vorgehabt, ihr den Hof zu machen und sich dann plötzlich wieder an seinen Captain erinnert? Verwirrt nahm Aurora wahr, dass sie sich durch seine Aufmerksamkeit unwohl fühlte, denn er schaute sie an, als würde er ein anderes Gesicht in dem ihren suchen.
»Nanu, Lassiter!« Ihr Blick schob sich am Quartermeister vorbei, um Buckland fürchterlich falsch pfeifend den abgetretenen Weg hinaufschreiten zu sehen.
»Ich dachte mir«, er schnappte nach Luft, »vielleicht … könntet Ihr mir ja zeigen, wie Ihr aus den Kräutern und Pflanzen Nutzen zieht.«
»Ich weiß nicht, ob wir hier viele finden werden«, sie schaute sich um. »Aber natürlich, gerne, versuchen wir es.«
Lächelnd lief Buckland neben ihr her und trug ihren Korb. Lougière humpelte mit verstimmtem Gesichtsausdruck hinter ihnen her. Aurora war sich ihrer Bewegungen nicht bewusst, ihrer Anmut und ihrer Freude, wenn sie eine Pflanze fand, die sie kannte. Ungeachtet ihres umfangreichen Kleides raffte sie ihre Röcke und verließ den Weg. Lougière und Buckland tauschten ein Lächeln über ihr fehlendes Schuhwerk aus, als sie ihren Dolch aus ihrer Rocktasche hervorzog und dann in die Hocke ging.
»Ich danke für diese Blume, ihre Blätter und Wurzeln und für die Hilfe, die sie leisten wird.«
Buckland und Lougière runzelten die Stirn, als sie in der Erde grub und die Wurzeln mit der Klinge herausholte. Sie brachte dem Doktor genau bei, wie und warum sie so vorsichtig dabei war.
»Ihr müsst sie selber sammeln, Schiffsarzt.«
»Welchen Unterschied macht es denn, wer sie aus der Erde zieht?«, wollte Lougière wissen, der dabeistand, während Aurora behutsam den Schmutz abkratzte.
»Diese Frage kann man nicht beantworten. Aber man sollte Folgendes wissen: Es ist immer nur ein ganz bestimmter Teil der Kräuter, der die Kraft zum Heilen enthält, und aus dem man dann einen Tee zubereiten kann, oder vielleicht eine Salbe.« Sie hielt ihm Zitronenmelisse zum Riechen hin, und er lächelte erfreut. »Jedes einzelne Kraut muss mit Bedacht ausgewählt und, falls nötig, so getrocknet werden, dass nichts von der Wirkung verloren geht. Frisch ist natürlich am besten, denn bei pulverisierten Kräutern, die man kauft«, warnte sie Buckland, »weiß man
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