Heiße Sonne der Verfuehrung
Finger durch sein Haar strichen, und in den sanften, trägen Traum hineingezogen zu werden, ohne die Chance, jemals wieder aufzuwachen, die harte Welt zu vergessen und in Auroras Wahnsinn zu versinken.
Als er die Bettdecke rascheln hörte, öffnete er seine Augen und schaute sie an. Unvermittelt setzte er sich im Sessel auf, und sein Herzschlag beschleunigte sich, während sie sich unter der Decke wand, scheinbar erregt, so, als würde sie einen Angriff abwehren. Ihr Atem ging schnell, ihr Stöhnen war durchdrungen von Verzweiflung und einem unverhüllten Schmerz, den er noch nie zuvor an ihr wahrgenommen hatte. Sie war schutzlos und allein in ihrem Albtraum. Und dieser Anblick zerriss ihm das Herz. Sie rief nach Shokai und nach dem Schutz ihrer Göttin.
Und dann schrie sie verzweifelt nach ihm.
Ran antwortete ihr, setzte sich neben sie auf das Bett und schüttelte sanft ihre Schultern. Sie stieß und kratzte, plötzlich schlug sie dann ihre Augen auf und atmete tief ein; ihre Augen, glänzend voller unvergossener Tränen, suchten sein Gesicht. Sie rang nach Luft.
»Ich bin’s, kleine Lady, Ihr seid in Sicherheit«, flüsterte er.
»Oh, Ransom«, keuchte sie und umklammerte seine nackten Arme. »Castille ist tot!«
Er zog seine dunklen Brauen nach unten, und sein Blick bekam etwas Düsteres. »Wie wollt Ihr das wissen, wie?«
Sie schüttelte ihren Kopf. »Ich weiß es nicht, aber es ist so! Oh, Große Mutter, was haben meine Schwierigkeiten Euch und Euren Leuten nur angetan«, stöhnte sie und stand kurz davor, in Tränen auszubrechen. »Ich allein bin schuld!«
Rans Brust zog sich zusammen. Noch nie hatte er sie so gesehen. Er nahm sie in seine Arme. »Nein, nein, nein«, beruhigte er sie, drückte sie an seine Brust und massierte ihren Nacken, ihr verheddertes Haar schmiegte sich in seine Hand. »Castille hat sich freiwillig gemeldet, genauso wie Lougière. Es war ihre Entscheidung, als Wachen zu bleiben. Nicht Eure.«
Ihre Arme wanden sich um seine Taille, und sie hielt ihn fest umschlungen. »Aber er musste für seine Tapferkeit sterben.«
»Da könnt Ihr Euch doch gar nicht sicher sein.« In seiner Stimme schwangen Fragen mit, viele Fragen.
Die Stille dauerte immer länger an. Ran konnte beinahe spüren, wie ihr Kummer sich zurückzog. Trotzdem blieb sie zitternd in seine Arme geschmiegt, und alles, was er wusste, war, dass er sie nicht wieder loslassen wollte, trotz der Gefahr, die es barg.
»Castille war nicht mit uns auf dem Sklavenschiff. Wo ist er also?«
Ran spannte sich an, ergriff ihre Schultern und hielt sie so, dass er ihr ins Gesicht schauen konnte. »Seid Ihr sicher, dass er nicht auf dem Schiff war?«
»Ja. Castille ist in dem Raum geblieben.«
Sein finsterer Blick verdüsterte sich noch mehr.
»Ich schwöre Euch, ich habe ihn auf dem Boden liegen sehen, bevor wir entführt wurden.«
»Vielleicht hat er sich ja doch noch erhoben, um sich zu verteidigen, und ist so nach Euch gefangen genommen worden?«
Sie neigte ihren Kopf und fingerte nervös an dem abgewetzten Rand seiner Lederweste herum. »Das wäre möglich«, räumte sie ein, an ihrer Unterlippe nagend; überzeugt davon war sie jedoch nicht, ansonsten hätte der Traum nicht mit der Traurigkeit unwiederbringlichen Verlustes geendet, mit der Trostlosigkeit ausgelöschter Energie. Andererseits hatten ihre Sinne sie aber auch früher schon irregeführt.
»Ich werde versuchen herauszufinden, wohin er verschwunden ist«, versicherte Ran ihr, während er in Gedanken versunken ins Nichts starrte und dabei unbewusst ihren Rücken streichelte. »Ich verspreche es.« Und genauso werde ich die Namen derjenigen herausfinden, die ihr ständiges Unglück zu verantworten haben, dachte er. Er zweifelte daran, dass es ihre arglose Natur war oder einfach nur ihre Schönheit, die sie ständig in Schwierigkeiten brachte. Irgendjemand war auf ihren Aufenthalt in dem Gasthof aufmerksam gemacht worden, und dieser Jemand verachtete sie genug, um sie zu einem Leben in Sklaverei verurteilen zu können.
Als sie nicht antwortete, suchte Ran ihren Blick. »Was verschweigt Ihr mir sonst noch, kleine Lady?«
Sie zögerte und bereitete sich innerlich auf seine Ungläubigkeit vor. »In meinem Traum habe ich Hass gespürt, Ransom. Entstanden aus einer selbstsüchtigen Gier nach einer Macht, die ich nicht kenne.« Die Erinnerung daran ließ sie zittern. »Zunächst dachte ich, dass es das wäre, was ich auf diesem Schiff spürte, weil es Eurer Crew nicht
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