Heiße Sonne der Verführung
und mächtig mit herzzerreißendem Schmerz. Und er beschäftigte noch immer ihre Gedanken, als sie das Haus verließ. Ransom lief ein paar Schritte hinter ihr und unterhielt sich leise mit Domingo. Sie spürte seinen Blick auf ihrem Rücken ruhen, lächelte und schaute zurück. Er zwinkerte ihr zu, und trotz all ihrer gemeinsamen Probleme und der Verletzungen, die diejenigen erlitten hatten, die sie liebten, fühlte Auroras Herz sich plötzlich leicht an.
Ihr Schritt war unbeschwert, als sie den Pfad zur Höhle hin fand und nach Shokai rief. Er erschien im Eingang. Sein Blick hielt den ihren, glitt hinter sie zu Ransom hin und dann auf die Umgebung.
Er trat heraus, und sie beschleunigte ihren Schritt. Ein zischendes Geräusch ließ sie erstarren.
Im gleichen Moment zuckte Shokai zurück, wie eine Marionette, an deren Fäden gezogen wurde, bevor er auf dem Boden zusammenbrach.
»Shokai!«, schrie Aurora und rannte los, Äste und Reben zur Seite schlagend. Ran war direkt hinter ihr, als sie zu Boden glitt.
»Sempai?« ,brüllte sie verzweifelt und drehte ihn um. »O nein! Gott des Donners, nein!« Ein Pfeil steckte seitlich in seinem Hals und bewegte sich im Rhythmus seines Herzschlages. Sie zog ihn heraus und legte seinen Kopf in ihren Schoss, als Ran sich neben ihr niederkniete.
»Meinen Beutel, schnell! Bitte!« Ran rührte sich nicht. »Ransom!«
Ran nahm vorsichtig den Pfeil auf und roch an der Spitze, dann schaute er ihr in die Augen. Die Hoffnung, die er dort sah, zerriss ihn in Stücke.
»Es ist der Sodomapfel, Liebes.« Tödlich. Zwanzig Mal stärker als das Gift, das Sayidda verabreicht worden war. »Und es ist in sein Blut eingetreten.«
»Neeein!«, schrie sie, und Tränen stürzten aus ihren Augen. »Nein! Shokai, schau mich an, bitte!«
Seine schmalen, mandelförmigen Augen öffneten sich. »Schau, Ransom, schau. Hol mir meinen Beutel!«
»Liebes …«
»Scht«, beruhigte Shokai sie schwerfällig und schnell atmend.
»Verlass mich nicht, Shokai«, schluchzte sie und schüttelte ihn.
Er bedeckte ihre Hand und hielt sie fest. Sein verschleierter Blick hob sich kurz zu Ransom und ging dann zu Aurora zurück.
»Derjenige ist weise, der weiß, wann es genug ist, mein Kind.«
Er sackte in ihren Armen zusammen und seine verkrampften Finger lösten sich, als ihm sein letzter Atemzug über die Lippen kam.
»Shokai!«, schrie Aurora, und stieß ein tiefes, gequältes Heulen, wie das eines verwundeten Tieres, aus, als sie ihn an ihre Brust drückte und in ihren Armen wiegte. Und Ransom fühlte sich unglaublich hilflos. Sie schluchzte, wie sehr sie ihren sempai liebte, wie sie die ganzen Jahre nicht überlebt hätte ohne ihn. Sie blieb auf dem Boden sitzen, umarmte ihren toten Beschützer und wiegte ihn in das Leben nach dem Tode; und jeder ihrer Schluchzer zerriss Ransoms Seele und ließ ihn zu einem Teil ihrer Qual werden. Seine Augen brannten, seine Kehle war eng und heiß, und er brachte es nicht übers Herz, sie von dem Toten wegzulocken.
Er stand ein paar Fuß hinter ihr, Domingo an seiner Seite, als Aurora um ihren Beschützer trauerte, um den Mann, der ihre Mutter so sehr geliebt hatte, dass er sein Leben dafür geopfert hatte, in der Nähe ihres Kindes sein zu können.
Kurz vor Sonnenuntergang beruhigte Aurora sich langsam; sie hielt Shokai in ihren Armen, ihre Wange auf seinen Kopf gedrückt. Ran zog sie von dem alten Mann fort, sie ließ sich kraftlos in seine Arme fallen. Sie hielt ihre Augen geschlossen und er vermutete, dass sie sich vor Erschöpfung selbst in einen dringend nötigen Schlaf gebracht hatte. Er trug sie nach Hause, zog sie aus und legte sie in sein Bett.
Sie rührte sich nicht.
Der Mond ging auf und wieder unter, und Buckland wurde gerufen. Er konnte nichts besorgniserregendes feststellen und bat Ransom, Geduld zu haben. Ran stand kurz davor durchzudrehen, denn kein noch so häufiges Schütteln konnte sie aufwecken; und als der silberne Mond erneut seinen Aufstieg in den Nachthimmel begann, da wusste Ran, dass Auroras Geist sich nicht länger im Raum aufhielt.
36
Er war dabei, sie zu verlieren, und zwar an eine Welt, die er niemals verstehen würde. Aurora war nicht mehr in ihrem Körper, der dort auf dem Bett lag, sondern an einem mystischen Ort, den nur sie erreichen konnte.
Ran wollte sie zurückhaben.
Er wollte sie dafür verfluchen, dass sie ihn verlassen hatte.
Und er wusste nicht, wie er sie nach Hause bringen konnte.
Auf der Bettkante sitzend schaute er
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