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Heisser Draht nach Paradiso

Heisser Draht nach Paradiso

Titel: Heisser Draht nach Paradiso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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haben die selbe Leidenschaft. Das Spiel.“
    „Golf?“ fragte Klößchen.
    „Um Himmels willen! Denk an
meine Knochen.“
    „Also Schach“, meinte Karl.
    „Nein, nein. Ich spreche vom
Glücksspiel. Roulette, Black Jack, Bakkarat. In Campione, wo die Spielbank ist,
könnt ihr mich oft an treffen. Campione ist eine italienische Enklave, also ein
kleines Stück Italien mitten in der Schweiz. Ja, in Campione! Da habe ich in
einer Nacht eine halbe Schokoladenfabrik verspielt. Aber ich kann mir das
leisten. Dagegen der Plätschlweiher — dem geht’s jetzt finanziell schlecht.“
    „Wer?“ fragte Tim rasch.
„Meinen Sie Hugo von Plätschlweiher, den Baron?“
    „Ihr kennt ihn? O Gott. Und ich
rede so über ihn, den Hugo. Ist mir ja peinlich.“
    „Muß es nicht“, beruhigte Tim.
„Wir sind keine Plappermäuler und Weitersager. Dem Plätschl ist es übrigens
schlimm ergangen. Beinbruch links, und sein Bankschließfach wurde ausgeraubt.
Die Gauner haben den ganzen Familienschmuck mitgenommen.“
    „Um Himmels willen! Das war
seine letzte Reserve. Das Haus in Lugano ist noch nicht ganz bezahlt.“
    „Er sagt, der Schmuck sei
versichert.“
    „Ein Glück!“
    Klümpli trank sein
Kirschwässerli. Dann erzählte er von seiner Schoko-Herstellung. Klößchen war
ganz Ohr. Tim hörte kaum hin. Ein bißchen ärgerlich musterte er die beiden Italiener
— es mußten Italiener sein — , die am dritten Tisch links saßen. Die beiden
hielten sich zwar zurück. Doch ihr Interesse galt Gaby. Immer wieder starrten
sie zu ihr herüber, verstohlen — wie man aus der Ferne ein Idol bewundert, ein
unerreichbares.
    Beide waren um die Dreißig.
Untersetzt, der eine, mit großporiger Haut. Er kaute unentwegt Kaugummi. Auch
wenn er rauchte. Der andere hatte ein längliches Gaulgesicht und große, gelbe
Zähne.
    Nach einer Weile verzogen sie
sich. Und an dem Zweiertisch ließ sich ein Duo nieder, das noch weniger
sympathisch war. Ein Großer, sommelblond und kantig, mit einem groben Gesicht.
Der andere hatte schwarze Bartschatten, rutschte zappelig auf dem Sitz hin und
her und fummelte ständig an seinen Klamotten oder am Tischtuch herum.
Auffallend war auch der unstete Blick.
    Beim Reden steckten sie die
Köpfe zusammen, und der Zappelige biß sich Fingernägel ab.
    „Ich bin zu müde“, sagte Gaby.
„Ich muß jetzt ins Bett.“ Sie lächelte Klümpli an. „Sie haben doch Verständnis
dafür?“

15. Ein schwieriger
Schlafgenosse
     
    Carlo Arguno, der
Kaugummi-Kauer, und Luciano Vinelli, das Gaulgesicht, hatten Angstschweiß
vergossen.
    Allerdings nur unter den
Achseln — und dort fiel das nicht auf.
    Jetzt sockten sie eilig durch
den Gang von Wagen 106 zum Schlafabteil, dem vierten von links. Die Betten
hatten die Nummern 21 bis 24. Arguno und Vinelli schliefen beide unten. Sie
waren nicht schwindelfrei.
    Ricardo Paccalone, der Boss mit
der Narbe, lag auf einem oberen Bett und las Zeitung.
    Er hatte die Schätze bewacht:
Plätschls Familienschmuck, der sich in einer Ledertasche befand, und den Erlös
der übrigen Beute — die 440 000 Franken, die Neflet bezahlt hatte.
    „Jetzt bin ich an der Reihe“,
meinte Paccalone und schwang sich vom Bett.
    „Du kannst nicht in den
Speisewagen gehen“, sprudelte Arguno aufgeregt hervor. „Diese Gaby ist da.“

    „Was?“
    „Ja, diese Gaby“, bestätigte
Vinelli, „unsere Geisel aus der Bank.“
    „Ihr spinnt“, sagte Paccalone.
„Wir haben jetzt Sonntagabend. Vor morgen früh wird die nicht gefunden.“
    „Es ist diese Gaby“,
versicherte Arguno. „Drei Jungs sind dabei. Und ein alter Knacker. Ich war vor
Schreck ganz taub in der Nase. Luciano hätte beinahe Durchfall gekriegt. Aber
das Mädchen hat uns nicht beachtet. Klar, wir waren maskiert in der Bank. Und
figürlich — na ja, das reicht nicht zum Wiedererkennen. Aber dich — dich kennt
sie wie ihren Teddybär. Du darfst dich nicht sehen lassen.“
    „Vor allem kann ich’s nicht
glauben! Nehmen wir an, sie wurde vorher befreit — wie kommt sie hierher? Was
macht sie im Zug? Sieht der alte Knacker wie ein Bulle aus?“
    Vinelli schüttelte den Kopf.
„Und wenn er ein Bulle war, dann ist er jetzt außer Dienst — seit 100 Jahren
ungefähr.“
    „Ich glaub’s immer noch nicht.“
    „Ricardo, wir sind doch nicht
blöd.“
    „Aber es ist unmöglich, daß sie
uns auf der Spur sind — diese Gaby und die andern. Jungs, sagt ihr?“
    „Jungs. Ein kleiner Dicker, ein
Dünner mit Brille und ein athletischer Typ

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