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Heisser Draht nach Paradiso

Heisser Draht nach Paradiso

Titel: Heisser Draht nach Paradiso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Weile war der Inhalt
verbraucht.
    „Das reicht“, flüsterte
Blunschli.
    Fregger, der Zappelige, hatte
die Zeit mit Schmierestehen verbracht, den Blick hierhin, den Blick dahin —
immer rascher: er war schon ganz benommen hinter der Stirn.
    Sie warteten. Das Gas mußte
wirken. Ein bißchen stank’s auch im Gang. Sie traten beiseite, nachdem das
Gerät in der Tasche verstaut war.
    „Jetzt!“
    Mit einem Kantschlüssel öffnete
Blunschli die Tür.
    Gas wallte heraus.
    Wieder rückten sie weg, hielten
sich die Nase zu, atmeten flach, rückten noch weiter weg, mußten warten.
    Aber dann war der Weg frei.
    Die Italiener lagen auf ihren
Betten, wie narkotisiert zur Blinddarm-Entnahme.
    Blunschli und Fregger schlossen
die Tür hinter sich und machten Licht.
    Mehrere Koffer, Taschen, viel
Gepäck also. Aber Blunschli und Fregger waren Profis. Sie suchten rasch und
routiniert. Grobgesicht fand die Ledertasche sofort. Verzückt starrte er auf
Plätschlweihers Familienschmuck. Wie das gleißte und funkelte!
    Kurzerhand schütteten sie alles
in die Leinentasche, wo die Kostbarkeiten sacht und wohltönend an die
Stahlflasche klirrten.
    Blunschli holte einen
Plastikbeutel hervor, gefüllt mit einem Kilo billigsten Modeschmucks — echter
Schund aus Kunststoff und Blech.
    Damit wurde die Ledertasche
gefüllt und zurückgestellt an ihren Platz.
    „Hier ist das Geld.“
    Fregger hatte einen Karton in
einem der Koffer gefunden. Franken, Franken, Franken. Alle Banknoten gebündelt.
Sie sahen neu aus.
    Blunschli leerte den Karton in
die Leinentasche. Auch für den Ersatz der Banknoten war gesorgt! Papier, zurechtgeschnitten
auf entsprechende Größe, war gebündelt. Damit wurde der Karton gefüllt. Auch er
kam zurück in den Koffer.
    Äußerlich hinterließen die
beiden Verbrecher alles so, wie sie’s vorgefunden hatten.
    „Phantastisch!“ Fregger wühlte
flinkhändig in der Leinentasche. „Das ist doch noch echter Schmuck!“
    Er hielt ein schweres Armband
in den Fingern. Lauter Rubine, Smaragde, dazu 180 Gramm Gold — ein herrliches
Protzstück aus alter Zeit.
    Zufällig handelte es sich um
das sogenannte Daumen-Armband der Plätschlweiher-Ahnherrin, das — vom Foto her
— Tim und Klößchen bekannt war.
    Fregger grinste und schob es
sich über das Handgelenk, rechts.
    „Abflug!“ zischte Blunschli und
spähte ganz vorsichtig hinaus auf den Gang.
    Die Luft war rein.
    Sie traten hinaus.
    Im selben Moment wurde die Tür
des Nachbarabteils geöffnet.
    Klößchen, verschlafen wie ein
Dutzend Murmeltiere, wankte über die Schwelle.
    Am großen Zeh hing noch das
Seidenband. Der schlafenden Gaby war das andere Ende aus der Hand gerutscht.
    Klößchen drückte die Tür zu,
wandte sich um, stolperte und prallte gegen Fregger.
    Jetzt war Willi wach.
    „Oh! Entschuldigung! Excuse me! (englisch), Excusez-moi! ( französisch ), Mi Scusi! ( italienisch )“
    Er wollte sichergehen, da er
nicht wußte, was für Landsleute er vor sich hatte.
    Fregger fluchte. Beim
Zusammenprall war ihm das Armband vom Handgelenk gerutscht. Das Schmuckstück
lag auf dem Boden. Klößchen, der sich vorbeizwängen wollte, trat darauf.
    „Sie haben Ihre Uhr verloren“,
meinte er und hob es auf.
    Fregger riß ihm die
vermeintliche Uhr aus der Hand.
    Klößchen schlurfte davon — zur
Toilette, den Gang entlang. Das dicke TKKG-Mitglied trug einen gestreiften
Pyjama und Pantoffeln. Dem linken Fuß schleifte das pinkfarbene Seidenband
hinterher.
    Die beiden Ganoven wechselten
einen Blick und verdrückten sich dann in die andere Richtung.
     
    *
     
    Im Halbschlaf hörte Tim, wie
Klößchen sich hinausstahl. Draußen redete er mit jemandem. Stille.
    Der TKKG-Häuptling schnupperte.
Was für ein unangenehmer Geruch war denn das? Wer hatte solche Käsefüße? Gaby
ganz bestimmt nicht.
    Er stützte sich auf den
Ellbogen, horchte, äugte in die Dunkelheit, schnüffelte.
    Gaby atmete tief, träumte und
gurrte leise im Schlaf.
    Der Geruch war schwächer. Kam er
von draußen?
    Tim stieg hinunter, schlüpfte
in seine Turnschuhe und öffnete die Abteiltür.
    Der Gang war leer. Aber,
tatsächlich, hier hing ein ,Hecht 1 in der Luft, als hätte man Käse
auf Schwefel gegrillt.
    Tim trat hinaus, schloß die Tür
und blickte zu den WC-Anzeigern über den Pendeltüren rechts und links. Eine
Toilette war frei — grünes Licht — , die andere besetzt — nämlich rot nein,
jetzt nicht mehr; und schon schlurfte Klößchen heran, gefolgt von dem
Seidenband.
    „Hallo, Tim.

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