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Heisser Draht nach Paradiso

Heisser Draht nach Paradiso

Titel: Heisser Draht nach Paradiso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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ein anderes
Geräusch.
    rrrrrr... kooooorg...
rrrrrrr... kooooorg...
    O Gott! dachte Tim. Klößchen
hat seinen Schnarchanfall. Immer bei totaler Erschöpfung hängt ihm das
Gaumensegel schief.
    rrrrrrr... kooooorg...
rrrrrrr... koooooorg...
    Ich, dachte Tim, bin ja daran
gewöhnt. Aber Gaby und Karl hatten noch nicht das Vergnügen. Ein schwieriger
Schlaf genösse.
    Drüben auf Gabys Seite
raschelte das Laken. Kratzende Fingernägel. Dann flammte Gabys Leselampe auf.
Kerzengerade saß Tims Freundin im Bett.
    „Was... ist das?“
    Tim grinste. „Willi schnarcht.“
    Gaby beugte sich über ihren
Bettrand hinunter.
    Klößchen lag auf dem Rücken.
Aus dem offenen Mund kamen Urlaute.
    „Der Himmel steh mir bei. Macht
er das jede Nacht?“
    „Nur ganz selten.“
    „Und wie hältst du das aus?“
    „Ich höre nicht hin.“
    „Ich muß aber hinhören. Kann
man ihn abstellen?“
    Tim glitt mit einer einzigen
Bewegung aus dem Bett und hinunter.
    Klößchen schreckte hoch, als
die Karate-Hand seines Freundes ihn an der Schulter rüttelte.
    „Was... was ist? Sind wir da?“
    „Noch lange nicht. Du
schnarchst wieder wie drei Motorsägen. Leg dich auf die Seite, ja.“
    Klößchen schnurrte, befolgte
aber den Rat.
    Licht aus. Ruhe. Fünf Minuten
vergingen, rrrrrrrr... koooooorg... rrrrrrrr... koooooorg...
    Gaby machte Licht.
    „So geht’s nicht. Ist ja der
Hammer. Ich komme mir vor wie in einem Stall. Williiiiiii!“
    Er wurde wach, lag natürlich
wieder auf dem Rücken.
    „Ja, Gaby?“
    „Dein Geschnarche ist
unerträglich. Bitte, bleib liegen auf der Seite.“
    „Zum Henker, gnädiges Fräulein!
Im Schlaf merke ich doch nicht, wenn ich mich auf den Rücken lege.“
    Seufzend kletterte Gaby aus
ihrem Bett, suchte in ihrem Koffer. Sie fand ein etwa drei Meter langes
Seidenband — pink-farben. Nur sie wußte, weshalb sie das eingepackt hatte.
Jedenfalls erfüllte es jetzt seinen Zweck.
    „Willi, streck den Fuß raus!“
    Klößchen tat wie befohlen, aber
ihm war nicht geheuer.
    Tim und Karl — auch er war
inzwischen wach — sahen zu.
    Um Klößchens große Zehe, die
linke, wurde eine Schlinge gelegt und verknotet.
    Mit dem freien Ende des
Seidenbandes in der Hand stieg Gaby ins Bett zurück.
    „Wenn du wieder mit dem
Schnarchen anfängst, rucke ich. Also wundere dich nicht.“
    „Das wird eine unruhige Nacht“,
murmelte Klößchen.
    Gaby löschte das Licht.
    „Hätte ich das gewußt“,
grummelte er von unten herauf, „hätte ich Ohrenpfropfen für dich mitgenommen.
Reiß mir, bitte, nicht den Zeh ab!“
    Tim lachte lautlos, drehte die
Pupillen auf Null und schlief endlich ein.

16. Betäubungsgas
     
    3.00 Uhr — mitteleuropäischer
Sommerzeit.
    Der Express raste durch die
Nacht, hielt dann und wann, rangierte, stand auch mal längere Zeit.
Lautsprecher-Durchsagen auf den Bahnhöfen. Davon und vom Verlauf der Strecke,
der Landschaft und den Tunnels — die Reisenden in ihren Betten bekamen nichts
mit.
    Der nächste Halt war erst in 50
Minuten.
    Leere auf dem Gang im Wagen
106.
    Jetzt öffnete sich die
sogenannte Stirnwand-Schiebetür; Dieter Blunschli und Oswald Lregger pirschten
heran.
    Grobgesicht Blunschli schleppte
eine große Leinentasche.
    Lregger, der Zappelige,
verstand sich als Vorhut, verschoß Blicke und bewegte sich hastig.
    Seit Brüssel hatten die beiden
Verbrecher das italienische Trio beobachtet. Sie wußten Bescheid.
    „Hier!“ Lregger zappelte vor
der Abteiltür herum.
    „Sieh nach dem Schaffner!“
    Dessen Dienstabteil befand sich
am Ende des Wagens. Der Uniformierte hatte die Tür geschlossen und pennte.
    Lregger kam zurück. „Der stört
uns nicht.“
    Blunschli nahm das Gerät aus
der Tasche: eine Stahlflasche, gefüllt mit zusammengepreßtem Betäubungsgas; am
Ende ein Schlauch mit schmaler Metalldüse. An einem Druckmesser ließ sich das
ausströmende Gas regulieren.
    Blunschli hielt es an die Tür
und lauschte. Er hörte nur Atemzüge.
    „Die pennen.“
    Behutsam schob er die schmale
Düse unter die Tür. Er hantierte. Fast lautlos strömte das Gas ins Abteil.

    Ein Betäubungsgas, wie gesagt,
gefährlich fürs Leben erst in höchster Konzentration. Von der Menge, die sich
in der Stahlflasche befand, konnte man nur bewußtlos werden, aber keinen gesundheitlichen
Schaden davon tragen. Freilich — es war nicht geruchsfrei. Es stank ein bißchen
wie eine bestimmte Käsesorte, wenn sie stundenlang in praller Sonne vergammelt.
    zzzzzzzzz... Horchen!...
zzzzzzz...
    Nach einer

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