Heißer Schlaf
auf, und dreihundert Jahre nachdem das Sternenschiff am Sternenfluß gelandet war, wohnten eine halbe Million Menschen am Himmelsfluß, und jetzt war es Zeit, daß Jason den nächsten Schritt seines Planes verwirklichte.
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Der größte Nutzen, der aus der Entdeckung der sogenannten Aven-Landkarte erwuchs, war vielleicht der, daß die Wissenschaftler daraufhin gezwungen waren, einige grundsätzliche Annahmen erneut zu überdenken. Seit Jahren waren die professionellen Archäologen davon ausgegangen, daß es sich bei den vielen Legenden im Zusammenhang mit der Abwanderung um spätere Rationalisierungen der Herrschaft des Himmelskönigs über die Grafen der Tiefebenen und der Hochebenen, später auch seiner Herrschaft über die entfernteren Herzöge, handelte. Für die Forscher war die Annahme zu verlockend, daß die legendären Aufseher wie Linkeree, Hux, Ciel, Noyock, Kapock und so weiter erfunden wurden, um zu »beweisen«, daß alle großen Städte und Nationen der Welt von Himmelsstadt ihren Ausgang nahmen.
So müssen heute auch die Legenden, die dem Sternenturm Kräfte zuschreiben, die bei seinen Insassen jeden Alterungsprozeß verhinderten, von ernsthaften Wissenschaftlern ins Reich der Fabel verwiesen werden. Es ist jedoch Tatsache, daß eine in Stein geschnittene Landkarte, die nicht später als 1800 vor der Thronbesteigung entstanden sein dürfte, klar belegt, daß die Einwohner Himmelsstadts schon in so früher Zeit nicht nur die genauen Umrisse der größeren Landmassen der Welt kannten, sondern daß ihnen auch die Namen der wichtigsten Städte schon zu einer Zeit vertraut waren, da diese noch keine nennenswerte Größe erreicht hatten. Diese Tatsache stützt die Annahme, daß es eine Abwanderung gegeben haben muß. Und wenn die Existenz der Aufseher sich tatsächlich historisch begründen läßt, fängt man an, sich zu fragen, ob nicht Jason selbst eine historische Entsprechung gehabt haben mag.
Jedoch genug der müßigen Spekulation. Die Aven-Landkarte hat die Archäologen dazu gezwungen, Himmelsstadt als Ausgangspunkt der Weltkultur zu betrachten – und auf dieser Basis sind viele Rätsel der Geschichte leichter zu lösen.
1. Die weite Verbreitung der ursprünglichen Jason-Legenden in allen Nationen der Welt.
2. Die ständige Wiederkehr der sogenannten »Lieder der Dilna« in verschiedenen Versionen, sowohl in Stipock als auch in Wien.
3. Das universale, weltweit gültige Kalendersystem, das man zu lange für selbstverständlich gehalten hat. Denn warum sonst sollten der Stipock-Kalender und der Kalender des Himmelskönigs sowohl für den Beginn der Abwanderung als auch für die Schöpfung dieselben Daten angeben, obwohl Stipock über tausend Jahre von der Himmelsebene isoliert lebte?
Doch bevor wir uns den Inschriften auf der Aven-Landkarte zuwenden, lassen sie uns die legendären Berichte über die Abwanderung – die sich jedoch jüngst als wenigstens leidlich zuverlässig herausgestellt haben – würdigen.
Der Rat der Herren. Nicht zu verwechseln mit dem heutigen Rat der Edlen, war der Rat der Herren eine große Versammlung, zu der Jason, nach den meisten Versionen, die Aufseher und ihre Ehegatten aus dem Sternenturm mitbrachte, um die Leute von Himmelsstadt unter sie aufzuteilen. Viele Versionen behaupten, daß es zu jener Zeit keine anderen Menschen auf der Welt gab.
Der erste Aufbruch. Nach einjähriger Vorbereitung zogen die Herren des Südens über Land – Kapock, Alss (Usset), Del, Poritil, Hux, Fane und Tome. Im Jahr darauf traten die Herren des Nordens ihre Reise an – Wien, Merrion, Stoon und praktisch alle Grafschaften der Ebene des Hohen Himmels. Und noch ein Jahr später setzten die großen Flotten der Herren der See ihre Segel. Noyock und Aven wandten sich nach Westen, und Stipock, Jobbin, Linkeree und Captil nach Süden. Die zeitliche Abfolge der Unternehmungen wird durch die Tatsache bestätigt, daß es in vielen Fällen bei den zuerst abgewanderten Nationen über die später aufgebrochenen keine Überlieferungen gibt: Kapock zum Beispiel weiß nichts über die Gründung Wiens zu vermelden, während Wien detailliert über die Gründung Kapocks berichtet.
Jasons Auffahrt gen Himmel. Dieser Bericht schafft wahrscheinlich die meiste Verwirrung. Es scheint, daß Jason (von dem wir heute annehmen müssen, daß er wirklich gelebt hat) nicht nur seine Frau Arran mit sich in die Luft nahm, sondern auch den Sternenturm! Das ist die Erklärung dafür, daß dieses riesige Objekt,
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