Heißes Eis
sage ich und Ben nickt lächelnd.
Das Essen kommt und wir verzehren es beide in unseren Gedanken versunken.
Als wir den Nachmittag über durch Parks und erhitzte Straßen schlendern, greift Ben nicht noch einmal nach meiner Hand, und meine Laune erreicht an diesem Tag einen traurigen Tiefpunkt, als wir in den Bus einsteigen und ich nicht einmal neben Ben sitzen kann, weil keine zwei Plätze nebeneinander mehr frei sind.
Die Sonne schwebt bereits als orange-gelbe Scheibe über dem Horizont, als wir vor unserem Hotel eintreffen. Müde und mit Blasen an den Füßen vom vielen Herumschlendern öffnen wir die Tür zu unserem Bungalow. Während es sich Ben noch vor dem Fernseher gemütlich macht, nehme ich eine Dusche und verschwinde dann im Bett. Ich sollte mal wieder Tom anrufen, denke ich noch, aber ich kann mich heute irgendwie nicht dazu aufraffen. Stattdessen denke ich wieder über Ben nach. Seit dem letzten Essen war Ben so seltsam distanziert und ich habe mich die ganze Zeit über gefragt, ob ich etwas falsch gemacht habe. Ohne mit meiner Grübelei auf ein Ergebnis zu kommen, schlafe ich schließlich erschöpft ein.
Heißes Eis
Am nächsten Tag frühstücken wir im Restaurant, als wäre nie etwas geschehen, aber das scheint nur äußerlich, denn in meinem Inneren ertappe ich mich fortwährend, wie meine Blicke zufällig Bens Lippen streifen und wie ich darüber grübele, was er wohl für mich empfindet.
***
Den Vormittag verbringe ich schwimmend im Meer. Heute brennt die Sonne mal nicht so stark vom Himmel, stattdessen hat sich eine dicke weiße Wolkendecke über mir gebildet. Trotzdem ist es noch immer angenehm warm und beim Schwimmen stört es mich überhaupt nicht, wenn die Sonne mal nicht so runter brennt. Was Ben die ganze Zeit macht, weiß ich nicht. Wir treffen uns dann wieder im Restaurant zum Mittagessen.
Kaum haben wir unser Mahl beendet, tritt eine Blondine mit Beinen, die scheinbar bis zum Hals reichen, an unseren Tisch. Ihr schlanker Körper wird eng umhüllt von einem grünen Paillettenkleid, das glänzt wie die Schuppen der Schlange von unserem Ausflug. Sie beugt sich zu Ben herab und flüstert ihm etwas ins Ohr. Seine Augen weiten sich merklich und er schüttelt den Kopf. Wieder berührt ihr Mund fast sein Ohr, als sie kaum hörbar mit Ben spricht. Dann steht Ben auf.
«Entschuldige, Sanne, ich muss gehen!», sagt er kurz angebunden und verschwindet hinter der Blondine.
Ich bleibe wie versteinert hocken.
Was war denn das?
Was will die Schlampe mit meinem Ben?
OK, es ist nicht mein Ben, aber das war doch schon ziemlich dreist, ihn einfach so von unserem gemeinsamem Essen abzuschleppen!
Und was machen die beiden jetzt?
Ich stehe auf und laufe unruhig im Hotel umher.
Wo sind sie abgeblieben? Was sollte das?
Vielleicht frage ich jemanden, wo sie hingegangen sind! Aber wäre das nicht irgendwie peinlich, wenn ich die eifersüchtige Freundin spiele? Ich trete von einem Bein auf das andere und dann halte ich es nicht mehr aus. Ich muss wissen, was da los ist. Ich gehe zu einem Portier, der in der Eingangshalle neben einem Berg von Koffern wartet und spreche ihn an:
«Ähm, Entschuldigung! Da war eine Frau mit langen blonden Haaren, im grünen Paillettenkleid. Haben Sie zufällig gesehen, wo sie zusammen mit dem dunkelblonden Mann hingegangen ist?»
Der Portier grinst wissend, was alle Sirenen in mir in Alarmbereitschaft versetzt.
«Por aya!» Er deutet auf einen Gang. »Ins Paradise-Room!»
Paradise -Room? !
Mir wird ganz anders. Ist das eine Art Swingerklub, oder was? Ich drehe mich ohne ein weiteres Wort um und marschiere den Gang entlang. Als sich der Flur gabelt, weist mir ein Wegweiser die Richtung. Ich erreiche ein Treppenhaus und der der Pfeil mit der Aufschrift ' Paradise -Room' weist in die Tiefe. Mit klopfendem Herzen steige ich hinab. Hier unten gibt es nur eine einzige große Flügeltür.
Das bunte Gemälde darauf zeigt eine schuppige, grüne Schlange in verführerischer Frauengestalt, die einem dunkelhäutigen Mann einen Apfel mit dem Mund anbietet. Ihr Hinterleib windet sich sich schlangenförmig um den Ast eines dicken Baumes. Es fällt mir schwer, meinen Blick von dem Gemälde abzuwenden.
Welcher Sündenpfuhl mag sich hinter so einem Bild verstecken? Ich schüttele mich und mein Herz pocht bis zum Hals, als ich einen Flügel der Tür einen Spalt breit öffne und vorsichtig hindurchspähe. Die Augen, die mich aus dem Raum dahinter anstarren, sind allesamt
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