Heißes Eisen
ist er nicht sehr groß, aber das könnte sich ändern. Und das solltest du rechtzeitig merken.« Ich hielt es für möglich, daß er zu einer echten Macht auf der Straße werden könnte, wenn er die wahren Ängste und Ärgernisse der Menschen ansprach. Eine Menge Leute hatten von ihm gehört. Er war eine Art Volksheld. Die Leute würden zuhören, wenn er aufhörte, von sich selbst zu sprechen.
Bis jetzt schöpfte er seine Reden aus einer eingebildeten Vergangenheit, und es gab keinen Grund, warum er seine Leidenschaft nicht auf eine ebenso imaginäre Zukunft übertragen sollte.
53. Kapitel
Hauptmann Block erwischte mich während meines Gesprächs mit Kläffer. Er sah noch weniger wie ein Wachbeamter aus als sonst, obwohl er gut gekleidet war. Seine Handlanger hatten ebenfalls ihre Uniformen gegen Zivilklamotten eingetauscht. Kleidung war offenbar zu einer Frage der Haltung geworden. Diejenigen, die die rotblaue Uniform abgelegt hatten, nahmen ihre Arbeit ernst. Der Rest würde sich eine neue Arbeit suchen können, falls Prinz Rupert die Macht über die Stadtpolizeikräfte erlangte.
»Wie geht's?« wollte Block wissen und ignorierte Amato. Kläffer tat, als wäre Block unsichtbar. Es war ein wunderbares Abkommen, das erstklassig funktionierte.
»Ich habe eine Art Geschichte für Sie«, sagte ich. »Sie ist nicht ganz so klar, wie ich sie mag, und sie wird nicht viel nützen. Die Dokumentation steckt voller üblicher Details der Verbrechensbekämpfung, Schilderungen der Opfer, der Täter, der Strafen und so weiter. Kein Hinweis darauf, wie man den Fluch kontrollieren könnte.
Aber damals ging der Fluch auch nicht von Verbrecher zu Verbrecher über wie heute. Er hatte keine Gelegenheit dazu. Ich glaube, daß die Verantwortlichen die Lage besser verstanden. Und man war damals nicht so zurückhaltend wie heute. Außerdem waren die Zauberer nicht die ganze Zeit weg. Die Wache war mit dem Job nicht allein.
Bevor die zweite Serie endete, wußte jeder, daß man es mit einem Verfluchten zu tun hatte, der das Grab des ersten Serienmörders geöffnet hatte.« Und wir, so brillant wie unsere Vorfahren, waren auch so weit gekommen. Hurra!
»Sie haben nichts dagegen getan?«
»Doch. Sie haben einen Mann gehenkt und ihn an einem Ort begraben, an dem ihn ihrer Meinung nach niemand finden konnte. Sie haben sich geirrt. Ich bin kein Experte, was Zauberei betrifft, aber ich wette, daß dieser Fluch einen Ruf an sich hat, der so lange funktioniert, bis jemand ihn hört und ihn freisetzt. Dann ist er cleverer und widerlicher als früher.«
»Und heute können wir nichts dagegen tun, selbst wenn wir wollten. Wir haben nichts, was diesen Fluch neutralisieren könnte. Wegen des Krieges.«
Genau. Alle unsere Superzampanos waren im Cantard.
»Wie kommen Sie weiter?« fragte ich. Man weiß ja nie. Vielleicht waren er oder einer seiner Jungs über Kormoran gestolpert.
»Keine Spur. Wir werden ihm eine Falle stellen. Sie ist schon vorbereitet. Das Mädchen geht heute abend wieder zur Arbeit. Morgen läßt sie ihre Schicht ausfallen und arbeitet dann die nächsten beiden Nächte. Die Extraschicht legt sie ein, falls er es einen Tag länger aushalten kann. Ihr Partner meint, er würde nicht zwei Tage vorher zuschlagen.«
Ich glaubte nicht einmal, daß Kormoran so dumm war, da aufzutauchen, wo er erwartet wurde.
»Die einzigen Leute, die nicht zur Wache gehören, sind Hullar, der Zwerg und drei Mädchen, denen Hullar bedingungslos vertraut. Kormoran wird keine Chance haben, sie zu schnappen. Wenn er sie haben will, muß er auch den Köder schlucken.«
Das hieß, entweder Kandis oder Belinda. Aber ich traute Kormoran auch ohne weiteres zu, ein anderes Opfer zu finden. Es sei denn, er hätte genausowenig Glück bei Frauen wie ich.
Ich wollte den Plan jedoch nicht kritisieren. Der Tote Mann hatte ihn ausgetüftelt. Er nannte ihn seine Kriegskunstmethode. Wir würden abwarten, bis der Fluch sich selbst verriet. Ich hatte bereits auf die offensichtlichen Schwachstellen bei dieser Vorgehensweise hingewiesen.
»Angenommen, er läßt die beste Möglichkeit ausfallen und entscheidet sich für die zweitbeste?«
»Sobald wir eine Leiche finden, sind wir ihm auf den Fersen. Nagler hat die besten Rattenmänner als Spurenschnüffler der Stadt angeheuert. Sie stehen abrufbereit. Er läßt sie sogar herumlaufen, falls einer von ihnen zufällig auf Kormoran stößt.«
Wenn alles, was man tut, nicht reicht, gibt man alles, was man hat.
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