Heißes Eisen
Kameraden?«
»Verzieh dich, Arschloch«, sagte Beutler. »Worüber wir uns unterhalten, geht dich nichts an.«
»Vielleicht hast du recht. Aber vielleicht interessiert mich das gar nicht.« Block trat zwei Stufen zurück und lehnte sich gegen die Steinmauer am Rand der Chancerytreppe. Er winkte. Ein Mann trat aus der Menge zu uns. Selbst ich zuckte zusammen. Er schien aus dem Nichts gekommen zu sein. »Also, Blinky?«
»Wir haben die Kutsche hochgenommen und drei Männer verhaftet.«
»Gut. Na, was hältst du davon?«
Beutler würdigte Block keines Blickes. Er schob alles mir in die Schuhe. »Was zum Teufel geht hier vor, Garrett?«
»Du weißt genauso viel wie ich.«
»Vielleicht ist dein Stern im Sinken begriffen«, warf Block ein.
»Blödsinn! Was ziehst du hier ab?«
Block lächelte. »Die Zeiten ändern sich, Beutler. Und ich habe darauf nur gewartet.« Er sah mich an und lächelte boshaft. »Beutlers und meine Geschichte reicht lange zurück. Wir kommen aus demselben Viertel und der gleichen Kompanie im Cantard, für den Anfang. Wir haben viele gemeinsame Erinnerungen.«
Beutler trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. Die Spannung in Blocks Stimme verriet ihm, daß hier eine alte Rechnung beglichen wurde. Die Dinge schienen sich tatsächlich zu ändern. »Wenn du dich mit mir anlegst, Block, wird dir eine Lawine voller Scheiße auf den Kopf fallen.«
»Das bezweifle ich. Wie gesagt, die Zeiten ändern sich. Dir gehen die Freunde aus. Ich habe abgewartet. Als ich Hauptmann wurde, habe ich eine besondere Zelle im Al-Khar eingerichtet. Ich suche nur nach einem Vorwand, dich dort einzuliefern, und hoffe, daß ich dir bei dem Versuch auch noch alle Knochen brechen darf. Ich weiß nicht, warum es so ist, aber fast jeder Gefangene, der auf der Top-Fünfzig-Arschloch-Liste der Wache gestanden hat, scheint in dieser Zelle durch Selbstmord zu enden. Vielleicht ist es ja hart da drin.« Er zwinkerte mir zu. »Danke, Garrett, ich hätte fast vergessen, was ich diesem Blödmann schulde.«
Gleichzeitig legte Beutler seine bedrohlichste Miene auf. »Sehnst du dich nach dem Tod, Garrett? Du legst dich nicht so mit mir an und kommst dann lebend aus der Sache raus.«
»Was habe ich schon zu verlieren? Du wolltest mich und die Tochter vom Oberboß doch sowieso erledigen, sobald ich sie gefunden hatte.«
»Nu' mach mal 'n Punkt, Garrett!«
»Du hältst mich für einen Waschlappen. Nach deinen Maßstäben bin ich das vielleicht sogar. Aber glaubst du wirklich, daß ich auch blöd bin?«
Beutler war kurz davor, mir bei lebendigem Leib die Haut abzuziehen. Mein Plan, ihn verrückt zu machen, hatte funktioniert. Allerdings ...
Einer von Blocks Leuten trat neben ihn und schlug Beutler mit einem Totschläger über den Kopf. Es war ein Vetter von meinem Nußknacker. Beutler ging jedoch nicht in die Knie. Der Mann musterte erstaunt sein Werkzeug, und bevor Beutler sein Gleichgewicht wiedergewann, hämmerte Blocks Mann ihm ein halbes Dutzend Mal mit aller Kraft auf den Schädel. Damit erreichte er endlich den gewünschten Effekt.
Die Leute auf den Stufen wichen zurück. Seltsam: Keiner rief nach der Wache.
»Was glauben Sie?« fragte Block. »Ob ich ihn einloche? Soll sich Sattler ein Magengeschwür bei dem Versuch holen, rauszufinden, was mit ihm passiert ist?«
»Haben Sie keine Angst davor, was sie dann unternehmen werden?«
»Nicht mehr.« Block lächelte. Daumenschrauber tauchte auf. Obwohl ich keinen handfesten Beweis dafür hatte, fürchtete ich, daß Daumenschrauber der gefährlichste Typ in seiner Neuen Ordnung war. »Wir schließen ihn ein paar Tage weg. Nur damit er weiß, wie es ist.«
Dann zogen sie mit ihrem Gefangenen ab.
Ich machte mir Sorgen um Block. Das konnte ihn richtig in die Scheiße reiten. Er hatte vielleicht eine Zelle für Beutler vorbereitet, aber ich konnte mir nicht vorstellen, daß Beutler drinbleiben würde, ganz gleich, was Prinz Rupert vorhatte. Der Oberboß hat überall Freunde. Sobald Sattler von Beutlers Zwangslage erfuhr, würden gewaltige Räder anfangen, sich zu drehen.
Trotzdem ...
Ich beobachtete Daumenschrauber.
Block war dabei, seine eigene, höchstpersönliche Geheimpolizei zu schaffen. Und zwar in Windeseile. Vermutlich hatte er die besten Absichten, aber wenn er noch viele Auftritte wie die Festnahme von Beutler lieferte, würde er bald feststellen, daß er einen Tiger am Schwanz zog.
55. Kapitel
Ich erstattete dem Toten Mann einen lückenlosen
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