Heißes Eisen
recht, wenn ich deine Angelegenheiten ohne Erlaubnis breittreten würde?«
Sie knurrte, zischte und brummte. Und sie verstand mich. Kläffer wäre zwar begeistert, Neuigkeiten über seine Tochter zu erfahren, aber wäre seine Tochter genauso begeistert, wenn er in ihr Leben eindringen würde?
Lonies Wünsche mußten berücksichtigt werden.
Kläffer hatte auch eine Entscheidung getroffen. Vielleicht sogar schneller als ich. »Garrett, geh und sprich mit ihr. Sorg dafür, daß sie sich mit mir treffen will. Wenn du das schaffst, wenn ich sie sehen darf, hast du einen Sklaven fürs Leben. Ich mache alles, was du willst. Ich habe dieses Kind geliebt. Und ich habe sie nicht mehr gesehen, seit sie ein Baby war.«
Belinda und Kandis sahen mich an, als erwarteten sie die neuesten Sprüche des Laotse von meinen Lippen, als könnte man mit einem einzigen Hieb eines rostigen Heldenschwertes den Knoten zwischen Kläffer und seinem lange verschollenen Kind lösen. Eine Menge sentimentaler Gefühle waberten in der Luft. Wenn ich bei einer der beiden Schönheiten weiterkommen wollte, mußte ich bei dieser Familienzusammenführung mitspielen.
Ich bin zynisch, das gebe ich zu. Ich mußte es tun, um meine Chancen zu erhalten. Ich werde doch meine wertvolle Zeit nicht aus reiner Sentimentalität verschwenden! Ich bin ein harter Bursche. Mit dieser Gefühlsduselei erreicht man bei mir nichts.
Hoffentlich brach Kläffer Amato nicht das Herz, wenn er erfuhr, was seine Tochter tat.
Dabei wußte ich gar nicht genau, was sie machte. Oder? Sie tanzte bei Krischtof Hullar. Deshalb mußte sie noch keine Nutte sein. Außerdem ging mich das nichts an.
»Ich will nicht unhöflich sein, Mädels, aber ich bin wirklich erschlagen. Ich bin den ganzen Tag herumgelaufen. Wenn ihr Ladies aufbleiben und mit Mr. Amato plaudern wollt, könnt ihr das von mir aus gern tun. Sorgt nur dafür, daß die Haustür verriegelt ist, wenn ihr ins Bett geht. Das heißt, eine von euch muß aufbleiben, bis Mr. Amato und diese Clowns, die bei Ihro Gnaden sind, einen Abgang gemacht haben.«
Der Tote Mann bewies, daß eins seiner Hirne noch Kapazitäten frei hatte, sich mit mir zu beschäftigen, während er die königliche Familie unterhielt. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Garrett. Ich fürchte, ich werde diesen Prinzen nicht so bald los, es sei denn, ich werde so grob, daß er uns wegen Majestätsbeleidigung anzeigt. Ich bin sicher, daß Dean rechtzeitig wach wird, um unseren letzten Gast hinauszulassen. Schlaf dich aus.
Das klang gar nicht gut. Er ist nur dann freundlich zu mir, wenn er was mit mir vorhat. Wenn er mich schlafen schickt, hetzt er mich am nächsten Tag um so mehr.
Ich klopfte Amato auf die Schulter. »Red mit den Mädchen. Ich kümmere mich um deine Tochter.«
Zwei Minuten später lag ich zwischen den Laken. Ich löschte das Licht und schlief, bevor mein Kopf das Kissen berührte.
52. Kapitel
Der Tote Mann machte mich vollkommen fix und fertig. Ich mußte all die Arbeit erledigen, die Blocks Männer eigentlich schon längst hätten tun sollen.
Die wichtigen Unterlagen hatten sie schon in einem Keller des Gerichtshofes gesammelt. Sie waren nur nie dazu gekommen, sie zu durchsuchen. Also mußte ich alles sortieren und zuordnen, soweit ich das konnte. Bei den älteren Dokumenten brauchte ich Hilfe, weil sie in dem längst aufgegebenen Orellischen Alphabet verfaßt waren und sowieso nicht mehr lesbar gewesen wären, weil sich die Sprache so stark verändert hatte.
Während ich meine Tage in den Kellern verbrachte und mir die Nächte im Pfuhl um die Ohren schlug, jagte Block Kormoran und versuchte, öffentlichs Aufsehen zu vermeiden. Es kursierte bereits das Gerücht, er sei der Mann, der dafür verantwortlich war, daß die Morde aufgehört hatten. Aber die Gerüchte besagten auch, daß er wenig Glück dabei hatte. Der Umfang und die Art der Morde wurden unglaublich übertrieben. Ansätze von Hysterie erfüllten die Luft, was unsinnig war, weil jeden Tag Menschen ermordet wurden, ob mit Fluch oder ohne.
Ich glaube, daß Block einen Fehler gemacht hatte, als er eine Belohnung auf Kormoran aussetzte, obwohl es die Idee des Toten Mannes war. Es hatte nur Aufmerksamkeit erregt. Und diese Aufmerksamkeit bereitete dem armen Kerl ein richtiges Magengeschwür. Prinz Rupert konnte ihn nicht vor den hochrangigen Tölpeln bewahren, die ihm erklären wollten, wie er seinen Job am besten zu erledigen hatte. Der Prinz selbst war mitschuldig
Weitere Kostenlose Bücher