Heißes Eisen
war schon bei der zweiten Portion Schmoräpfel, als es ihm einfiel. »Sie kommen doch sicher auf dem Weg zum Al-Khar am Domizil der Tates vorbei, Mr. Garrett?«
O-oh. Er nennt mich nur Mister, wenn ich nicht hören will, was er sagt. Diesmal war er aber sehr leicht zu durchschauen. »Nein, heute nicht.« Er wollte mich dazu drängen, mich mit Tinnie zu versöhnen. Was ich nicht tun würde. Ich entschuldige mich auch bei Frauen nicht für etwas, was ich gar nicht getan habe. »Wenn Tinnie sich entschuldigen will, weiß sie ja, wo sie mich finden kann.«
»Aber ...«
Ich stand auf. »Darüber kannst du ja in Ruhe nachdenken, Dean. Inzwischen solltest du vielleicht ein neues Heim für diese Katze suchen. Das kannst du für dich übrigens auch gleich tun, falls ich eine Ehefrau finde, die meinen Haushalt führt.« Das würde ihn eine Weile beschäftigen.
Ich ging zur Tür, aber die Stimme des Toten Mannes in meinem Kopf hielt mich auf. Du gehst aus, ohne angemessene Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, Garrett.
Damit meinte er, daß ich das Haus unbewaffnet verlassen wollte. »Ich will nur einem Verrückten folgen. Dabei werde ich wohl kaum in Schwierigkeiten kommen«, widersprach ich. Glücklicherweise mußte ich sein Zimmer nicht betreten. Er »hört« nicht physikalisch.
Du willst nie in Schwierigkeiten geraten. Aber jedesmal, wenn du dir das vornimmst und unbewaffnet ausgehst, endet es damit, daß du es bedauerst, nicht vorausschauend genug gewesen zu sein und keine Waffe eingesteckt zu haben. Ist es nicht so?
Es kam der Wahrheit bedenklich nahe. Ich wünschte, es wäre anders und wir würden in zivilisierten Zeiten leben. Aber Wünsche haben noch nie geholfen.
Ich ging nach oben, öffnete meinen Giftschrank, in dem ich die Werkzeuge aufbewahre, auf die ich zurückkommen muß, wenn mein Lieblingswerkzeug, meine Intelligenz, versagt. Dabei brummelte ich die ganze Zeit vor mich hin und fragte mich, warum mir dieser gute Rat so gegen den Strich ging. Vermutlich paßte es mir nicht, daß ich nicht selbst daran gedacht hatte.
Lektionen, die man nicht lernen will, fallen besonders schwer.
TunFaire ist keine besonders nette Stadt.
Übelgelaunt trat ich auf die Straße. In einer solchen Stimmung war ich ganz gewiß keine Bereicherung.
6. Kapitel
Wie die meisten Gebäude in der Stadt war beim Al-Khar eine Renovierung überfällig. Es sah aus, als könnten die Gefangenen durch die Wände marschieren, wenn sie wollten.
Das Al-Khar war von vornherein eine schlechte Idee, ein Subventionsprojekt, das jemanden reich gemacht hatte, weil die Kosten überhöht waren und an allen Ecken und Enden geknausert worden war. Der Bauunternehmer hatte einen blassen, gelblich-grünen Stein benutzt, der den Dreck aus der Luft aufnahm, damit reagierte und mit jeder Stunde häßlicher wurde. Außerdem war er zu weich, so daß er der verdreckten Luft nicht standhielt und bröckelte. Infolgedessen lag Schutt rund um das Gefängnis, und die Wände sahen aus, als hätten sie Pocken. An manchen Stellen war der Mörtel so schlecht, daß die Steine locker waren. Da in der Stadt selten jemand eingesperrt wurde, gab es im Haushalt keinen Posten für die Instandhaltung des Gefängnisses.
Es regnete immer noch, auch wenn der Regen zu einem leichten Nieseln abgeklungen war. Doch es war auch so noch ungemütlich genug. Ich bezog unter einem einsamen Zitronenbaum Posten, der genauso heruntergekommen aussah wie die städtischen Rattenmänner. Mir war nicht klar, welche Jahreszeit wir hatten, aber seine kahlen Äste boten weit und breit den einzigen Schutz gegen Regen. Ich erinnerte mich an meine Ausbildung im Marine-Corps und paßte mich meiner Umgebung an. Garrett, das Chamäleon.
Ich war zu früh, was nicht häufig vorkam. Aber seit ich regelmäßig trainiere, bewege ich mich mit etwas mehr Energie. Vielleicht sollte ich ein mentales Trainingsprogramm anfangen und auch im Kopf mehr Kraft und Enthusiasmus entwickeln.
Mein Problem ist meine Arbeit. Die Tätigkeit als Ermittler bringt einen mit dem schleimigen Unterleib der Welt in Berührung. Ich war nur ein einzelner, schwacher Mensch und versuchte, die Welt zu verbessern, den einsamen Funken in der allgemeinen Finsternis zu entzünden. Vermutlich entspringt mein Widerwille gegen Arbeit dem Wissen, daß ich dann noch mehr von der dunklen Seite der Welt zu sehen bekomme. Arbeite ich, muß ich Leute mit unangenehmen Wahrheiten konfrontieren, zum Beispiel damit, daß Menschen grausam,
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