Heißes Eisen
brauche nicht mal eine Stunde, um es rauszukriegen.«
Er murmelte etwas.
»Was?«
»Erregung öffentlichen Ärgernisses.« Diesmal dröhnte er nicht.
»Sie haben dir zwei Monate aufgebrummt für ...«
»Es war die dritte Beschwerde.« Seine Begeisterung darüber, daß er verfolgt wurde, schwand. Jetzt war es ihm peinlich. Er war ein verurteiltes öffentliches Ärgernis.
»Trotzdem – selbst ein paar Tage wären als Strafe dafür extrem hoch.«
»Ich habe mich bei der Anhörung gehenlassen. Fünfundfünfzig Tage davon gab es für Mißachtung des Gerichts.«
Dennoch eine happige Strafe. Die Friedensrichter, die ich kannte, waren jämmerliche Figuren. In ihren Gerichtshöfen ging es zu wie bei der Fütterung im Zoo. Man mußte schon ziemlich viel brüllen, wenn man einen von ihnen wirklich aufrütteln wollte.
Ich rief mir die verrückten Behauptungen ins Gedächtnis, die ich von Amato kannte. Anscheinend war er an jemanden geraten, der keinen Humor hatte und nicht wußte, daß Kläffer ein echter Spinner war, und absolut harmlos dazu. Keiner würde mit dem ganzen Mist durchkommen, den er von sich gab. »Vielleicht hattest du sogar Glück«, erklärte ich. »Wenn du jemandem richtig auf die Zehen getreten wärst, hätten sie dich auch in die Geschlossene vom Aderlaß-Spital werfen können.« Ein Teil des Krankenhauses ist eine Klapsmühle. Ist man einmal drin, kommt man nie wieder raus, es sei denn, mit Hilfe von draußen. Es gibt eine Menge Geschichten von Leuten, die dort eingeliefert wurden und von denen man seit Jahrzehnten nichts mehr gehört hat.
Kläffer wurde blaß unter seiner Bräune. Das machte ihm wirklich angst. Er wollte verschwinden.
»Moment noch, Alterchen.«
Gefügig setzte er sich wieder hin. Anscheinend dachte er, daß die Zeit der Folter nun gekommen war. Das Aderlaß-Spital. Mich machte es schon verrückt, nur neben ihm zu sitzen und mit ihm zu plaudern. »Du willst nicht reden, oder?«
»Nein.«
Ich schüttelte den Köpf. Von meinen Haaren tropfte mir Wasser in die Augen. »Ich werde zwar dafür bezahlt, was als Grund schon ausreichen sollte, aber ich wüßte trotzdem ganz gern, warum ich meine Zeit mit dir vertrödeln soll.«
Vermutlich wußte er es selbst nicht. Ein kalter Regenschauer kann eine großartige Kur gegen einen akuten Fall von überbordender Phantasie sein.
Meine Gedanken überschlugen sich, während ich versuchte, mir einen Reim auf die Vorgänge zu machen. Als einzig sinnvolle Antwort fiel mir nur ein, daß sich hier jemand einen Scherz erlaubt hatte. Oder daß es sich um einen Irrtum handelte. Oder um einen gefährlichen Plan oder ähnliches. Jedenfalls konnte eine einfache Beschattung nicht der Job sein, für den man mich engagiert hatte.
Ich erinnerte mich an die Worte des Toten Mannes: Drei Taler pro Tag zuzüglich Spesen. Ich hatte vergessen, danach zu fragen, ob man uns einen Vorschuß gezahlt hatte.
»Was sind deine Pläne?« fragte ich Kläffer. »Fürs erste.«
»Du wirst naß werden, mein Sohn. Erstens werde ich nach Hause gehen und kontrollieren, ob meine Bude noch steht. Wenn ja, werde ich mir zweitens eine Flasche kaufen und mich besaufen. Wenn du warten willst, bis ich weggeschlichen bin und mich mit den geheimen Feinden deines Auftraggebers treffe, dann mach nur so weiter.« Er wirkte überzeugend, als er davon sprach, sich zu betrinken. Es wäre zwar nicht das erste, was ich machen würde, nachdem ich aus dem Knast entlassen worden wäre, aber wenn ich mir ein paar Häschen eingefangen hätte, klang es als zweite Wahl gar nicht schlecht. »Und morgen?«
»Morgen mache ich wie gewohnt weiter. Es sei denn, es regnet. Dann bleibe ich zu Hause und widme mich einer zweiten Flasche.«
Ich stand auf. »Laß uns zu deiner Wohnung gehen. Mach's dir gemütlich. Danach suche ich diesen Hullar-Clown und finde raus, was hier eigentlich los ist.« Niemand macht mich zum Narren – und ich wurde den schleichenden Verdacht nicht los, daß ich das soeben selbst erledigte. Ich hätte dem Toten Mann mehr Fragen stellen sollen, als ich mich mit ihm unterhalten hatte.
Ich beschloß, mit meinem Hausparasiten anzufangen und mir danach diesen Krischtof Hullar vorzuknöpfen.
7. Kapitel
Dean ließ mich ein. »Was wollen Sie denn hier?« Er rümpfte seine Nase, weil ich alles volltropfte.
»Ich brauche den Rat unseres Genies.« Ich schob mich an ihm vorbei und hechtete ins Wohnzimmer. Fehlanzeige. Keine Spur von einer Katze. Nicht mal das kleinste
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