Heißes Eisen
frische Herde Donnerechsen importiert worden war, Patrouille zu schieben und Eindringlinge zu inhalieren. »Wie in alten Zeiten«, sagte ich leise.
»Wir haben ein oder zwei neue Tricks«, informierte mich Beutler mit hinterhältigem Grinsen, als hoffte er, ich würde bluffen und versuchen, mich einzuschleichen. Das könnte seinem besonderen Sinn für Humor so passen.
41. Kapitel
Wie in alten Zeiten. Kain empfing seine Gäste im Poolzimmer.
Das hieß so, weil es einen riesigen Pool hatte. Ich habe schon kleinere Meere gesehen. Das Bad war geheizt. Normalerweise, obwohl diesmal eine Ausnahme gemacht wurde, war der Rand des Pools von einer Herde unbekleideter Schönheiten verziert, deren Aufgabe nur darin bestand, den letzten Tick an Dekadenz zu versprühen.
»Wo sind denn die Bunnys?« fragte ich, während wir warteten. »Ich vermisse sie.«
»Das glaub ich. Kain wollte nicht, daß sie hier sind, solange seine Tochter da ist. Er ist nicht dazu gekommen, sie zurückzuholen.«
Was bedeutete das? Wohnte seine Tochter nicht mehr hier?
Geduld, Garrett. Alles würde sich klären.
Der Oberboß persönlich kam herein. Er wirkte kaum verändert. Er saß in seinem Rollstuhl, mit einer schweren Decke über dem Schoß und den Beinen. Seine Hände, die aussahen wie Klauen aus Talg, hatte er auf dem Schoß gefaltet. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen. Sein Kopf war nach unten gefallen und wackelte hin und her.
Sattler hielt den Rollstuhl am anderen Ende des Pools an und kippte den Stuhl nach hinten, damit Kains Kopf gerade war. Ich hatte Kain noch nie bei guter Gesundheit erlebt, doch jetzt schien es ihm schlimmer zu gehen als vorher. Er sah aus, als hätte ihn jemand mit Arsen vergiftet und als habe er anschließend einen bösen Anfall von Anämie erlitten, bevor die Vampire ihn erwischten. Seine Haut war beinah durchscheinend.
Er war aufgerüscht und gestriegelt, als erwarte er den König zum Dinner. Es machte seinen Anblick nur noch fürchterlicher.
Ich tat einen Schritt vorwärts. Beutler hielt mich am Arm fest. »Von hier aus, Garrett.«
Sattler beugte sich zu Kains rechtem Ohr herunter. »Mr. Garrett ist hier, Sir.« Er sprach so leise, daß ich ihn kaum hörte.
Nichts regte sich in Kains Augen. Kein Zeichen des Wiedererkennens. Nicht mal ein Funken, der bewies, daß er überhaupt was sah. Seine Augen bewegten sich nicht, und sie schienen auch nichts in ihren Fokus zu nehmen.
Sattler beugte sich vor, als spräche Kain in sein Ohr. Er hörte zu und richtete sich dann auf. »Er möchte alles über seine Tochter erfahren.« Damit war die Verstellung zu Ende. »Alles, was du weißt. Einschließlich aller Spekulationen.«
»Ich hab dir doch schon gesagt...«
»Er will es wissen. Und auch das, was du verschwiegen hast.«
Affentheater. Vielleicht hatten sie ja nicht gemerkt, daß ich es gesehen hatte. Möglicherweise interessierte es sie auch nicht, ob ich was sah. Kains Lippen hatten sich nicht bewegt. Er hatte nichts weiter getan, als dazusitzen und zu träumen.
Meine Gedanken flogen zu der Nacht zurück, als wir versucht hatten, das letzte Kapitel seiner persönlichen Geschichte zu schreiben. Wir – Beutler, Sattler, Winger und ich – hatten ihn in die Enge getrieben, zusammen mit einer Hexe, die er gejagt hatte. Die Hexe hatte andere Pläne und sich verdünnisiert, bevor Winger und ich verduftet waren, aber vorher hatte sie noch Zeit für eine Abschiedsgeste gehabt: Sie hatte Kain einen Fausthieb ins Gesicht verpaßt... und dabei einen Ring mit Schlangengift am Finger getragen.
Jetzt war alles klar. Das Gift hatte Kain nicht getötet, sondern einen Schlaganfall ausgelöst.
Wie angenehm für Beutler und Sattler. Sie müssen sich für ausgemachte Lieblinge der Götter gehalten haben, als das passierte. Der Originalplan hatte vorgesehen, Kain zu erledigen und sich die Kontrolle über die Gilde unter den Nagel zu reißen, bevor irgendjemand begriff, was vorging. Das war in der Unterwelt die historisch beliebteste Lösung des Problems eines Machtwechsels. Aber es bedeutete eine lange Reinigungsperiode, in der potentielle Herausforderer eliminiert wurden.
Hier gab es keine Schwierigkeiten wegen der Nachfolge. Kain lebte noch. Sie konnten tun, als hätte er noch die Zügel in der Hand, während sie sie ganz allmählich übernahmen.
Es war grotesk.
Und ich spielte mit.
Hätte ich nicht mitgespielt, wäre das vermutlich als grobes Foul mit der blutroten Karte geahndet worden.
Meistens
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