Heisses Gold im Silbersee - Duell im Morgengrauen - Schüsse aus der Rosenhecke
machten.
Sie
betrachteten das, woran sich Geros Blicke festhakten.
Klößchen
vertilgte auf dem Weg durch die ersten vier Räume eine halbe Tafel Schokolade.
Ungebührlich laut raschelte er bisweilen mit dem Silberpapier.
In
zunehmendem Maße fühlte sich Gero genervt. Im Kaminzimmer platzte ihm
schließlich der Kragen.
„Müßt ihr
eigentlich auf Schritt und Tritt mitschleichen?“ blaffte er die TKKG-Bande an.
„Wir
müssen“, nickte Tim.
„Weshalb?“
„Aus
Interesse.“
„Das ist
keine Besichtigung. Das ist eine geschäftliche Aktion.“
„Eben drum.
Dafür interessieren wir uns. Aber weshalb regen Sie sich auf? Wir stören doch
gar nicht.“
Gero zuckte
die Achseln und ging weiter.
Er hatte
einen Block in der Hand, auf dem er alles notierte, was in seinen Besitz
wechseln sollte.
Hinter dem
Objekt vermerkte er jedesmal — wie Tims Adlerblick feststellte — den zu
zahlenden Preis. Es waren alles kleine Zahlen.
In einem
ehemaligen Gästezimmer unter dem Dach endete der Rundgang.
„Tja,
gnädige Frau“, sagte Gero, „Sie verübeln mir nicht, wenn ich offen rede. Die
Besichtigung hat nicht ganz meine Erwartungen erfüllt. Als Kunstsammler von
Bedeutung darf ich mich zu den herausragenden Kennern zählen. Deshalb glauben
Sie mir bitte, wenn ich sage: Bei vielen Objekten ist die Echtheit
anzuzweifeln. Andere sind zu Dutzenden auf dem Markt. Trotzdem habe ich mich
zum Kauf folgender Gegenstände und Bilder entschlossen...“
Er las
seine Liste vor, sagte ,erstens, zweitens, drittens’ und endete bei
zweiundzwanzigstens.
„Selbstverständlich, gnädige Frau, kenne ich die
Marktlage genau. Ich kenne den Ankaufs- und Verkaufspreis. Da ich weiß, daß Sie
den Erlös für einen guten Zweck verwenden wollen, bin ich bereit, Ihnen einen
außergewöhnlich guten Preis zu machen. Nämlich 11 600 Mark. Das ist sehr
generös (großzügig).“
Karls Blick
flog zu Tim.
„Für welches
Kunstwerk“, fragte Karl, „wollen Sie 11 600 Mark bezahlen?“
„Für
welches?“ Geros Brauen schoben sich zusammen. „Für alle 22 zusammen.“
Karls Mund
öffnete sich soweit wie ein Münzschlitz und entließ ein grelles Gelächter.
„Das muß
man gehört haben, Leute“, keuchte er. „Das gibt’s nicht noch mal. Hah! Unter
den ausgewählten Kostbarkeiten befindet sich: ein Katalanisches Glas — ein
sogenannter Almorratxa, ein Rosenwassersprenger — aus dem 17. Jahrhundert;
ferner eine bleiglasierte Tonfigur — Staffordshire — von 1740, in etwa; ferner
ein Athénienne-Kupferstich von 1773; ferner eine im Compendiario-Stil bemalte
Schüssel, spätes 16. Jahrhundert; ferner eine Chelsea-Porzellanterrine; ferner
ein Armlehnstuhl von Jacob Frerès; ferner eine Kanne in Elfenbeinschnitzerei
von Froment-Meurice; ferner ein silbernes Messer mit Pistolengriff von
Willaume. Und und und... ferner, ferner, ferner... Wissen Sie, verehrter Herr
von Ritzelstein-Pfau, was ich überschlägig als Preis errechnet habe? 200 000
Mark. Wahrscheinlich ist das noch viel zu niedrig. Also: Entweder Sie haben von
diesen Dingen hier keine blasse Ahnung. Oder Sie sind ein echter Al-Tü-Hai.
Jawohl!“
3. Tätlichkeit im Gästezimmer
Eine
schreckliche Stille breitete sich aus.
Gaby hielt
den Atem an und vermeinte, das Ticken der Holzwürmer zu hören.
Langsam
stieg Gero die Zornesröte ins Gesicht.
„Du
Mistbengel!“ zischte er. „Was fällt dir ein! Jedes Wort ist der reine Blödsinn.
Dieser Schund hier ist nicht mal zehn Mille wert. Und du wirfst mir Unkenntnis
vor — oder gar Betrug? Libritschek! Hauen Sie ihm eine hinter die Löffel.“
Sieh an!
dachte Tim. Dafür ist er sich wohl zu fein?
Libritschek
grinste. Er stand bei der Tür und mußte an Tim vorbei, um Karl zu züchtigen.
Irgendwie
waren plötzlich die Beine unter dem Overall-Typ weg. Er knallte auf den
Teppich.
Der war
zwar alt, aber keine Antiquität, sondern von minderer Qualität — eben fürs
Gästezimmer.
„Keine
Tätlichkeiten!“ sagte Tim. „Sonst hole ich das Willaume-Messer und richte ein Blutbad
an.“
Das war
zwar als Scherz erkennbar, denn bei dem Willaume-Stück handelte es sich um eine
Art Buttermesser. Doch niemand lachte.
Libritschek
stemmte sich hoch. Langsam. Seine Bewegungen litten an Plumpheit. Vielleicht
war er stark. Aber bis der sich einmal gedreht hatte, schlug mindestens dreimal
der Wind um.
Mit
vorgeschobenem Schädel kam er auf Tim zu.
„Lassen Sie
das!“ sagte Tim. „Sie haben nichts davon, wenn Sie nachher im
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