Heisses Gold im Silbersee - Duell im Morgengrauen - Schüsse aus der Rosenhecke
nämlich ein Druckwerk von
mindestens 2000 Seiten.
Tim sagte:
„Gehen wir rüber. Frau von Prünf kennt uns noch nicht.“
Die Villa,
in der die alte Amalie ihren Lebensabend verbrachte, ähnelte dem Haus der
Viersteins, besaß also Türmchen, Erker und hohe Fenster wie ein Schloß.
Der Garten
war groß. Amalie überließ ihn der Natur. Er verwilderte. Eines nahen Tages
würde der Gärtner das Buschmesser schwingen müssen.
Hoffentlich,
dachte Tim, ist sie geistig noch alltags-tauglich. Brüllen können wir ja, falls
sie schwer hört.
Karl
klingelte. Amalie öffnete so rasch, als hätte sie hinter der Tür gelauert.
Helle Augen strahlten die TKKG-Bande an.
Karl hat
unrecht, dachte Tim, man sieht noch, daß sie einstmals ein schönes Kind war
— und ein kesser Teenie — und eine charmante, junge Frau.
Amalie war
kleiner als Gaby und zierlich. Sie trug einen schwarzen Seidenanzug, der
japanisch aussah, hatte das weiße Haar zum Knoten zusammengesteckt und Rouge (rote
Schminke) auf die Runzelwangen gemalt — auf die rechte allerdings mehr als
auf die linke.
„Ah, Karls
Freunde!“ rief sie mit fröhlicher Zitterstimme. „Nett, daß ihr mich beraten
wollt und euer ganzes Wissen einbringt. Kommt nur rein!“
Kann ja
heiter werden, dachte Tim. Nur Karl bringt sein Wissen ein. Aber das sollte
reichen für alle.
Mit gebotener
Vorsicht schüttelten sie ihr die welke Hand.
Tim wollte
die Haustür schließen. Aber soeben hielt ein Wagen, ein Kleintransporter, vor
der Gartenpforte.
Zwei Männer
stiegen aus und betraten das Grundstück.
Der
mutmaßliche Al-Tü-Hai hatte Verstärkung mitgebracht. Den Möbel- bzw.
Antiquitäten-Packer?
Wahrscheinlich.
Denn der zweite war bullig und steckte in einem Overall.
Gero von
Pfauenstein-Ritzl — er mußte es sein — schritt voran.
Fatzke!
dachte Tim verächtlich.
Gero war
mittleren Alters und hochgewachsen. Er hatte modische Nobelklamotten um seine
Figur gehängt, als wäre er im Nebenberuf Mode-Designer (Designer = Formgestalter). Creme-Beige und Lichtblau überwogen. Aber im seidenen Hemd schlang sich ein
seidenes Tuch knallrot um den Hals.
„Da kommen
sie“, sagte Tim. „Und sie kommen verdammt früh.“
Amalie von
Prünf lächelte. Beinahe hätte sie die Arme ausgebreitet.
„Mein
lieber Herr von Pfauenstein-Ritzel!“
Er küßte
ihr die Hand.
Der
Overall-Typ stand dabei und musterte die TKKG-Bande aus schmalen Augen.
„Ich habe
Libritschek mitgebracht“, sagte Gero mit klingender Stimme. „Er hilft mir. Beim
Abtransport und so, haha.“
Libritschek
nickte.
Er sah aus,
als hätte er als Preisboxer eine Karriere versucht.
Auch Geros
Gesicht wirkte aus der Nähe grob. Ein Mittelscheitel teilte schwarzes Haar. Es
fiel seitlich zu den Ohren.
„Das sind
meine jungen Freunde“, stellte Amalie die TKKG-Bande vor. „Sie interessieren
sich für Antiquitäten.“
„Wie
schön!“ sagte Gero. Aber es klang, als hätte er gesagt: Schert euch zum Teufel!
Lieber wäre
er allein mit der alten Amalie, dachte Tim. In einer halben Stunde hätte er
dann alles — fast umsonst. Bei Honour und Fleming (berühmte Experten für
Kunst und Antiquitäten) ! Karl hatte den richtigen Riecher.
„Tja“,
bedächtig rieb sich Gero die Hände. „Dann sollten wir mal einen Streifzug
durchs Haus machen, wie?“
Amalie sah
enttäuscht aus.
Vermutlich
hatte sie Lindenblüten-Tee aufgebrüht und gehofft, alle auf ein Täßchen in
ihren Salon zu bitten. Immer diese geschäftige Eile der jungen Leute von heute.
Sie seufzte.
„Da Ihre
Zeit sicherlich kostbar ist — nun gut!“
„Zum
Verkauf, gnädige Frau, steht alles, was mein Auge erblickt, haha?“
„Ja. Nur in
meinem Schlafzimmer sind einige Stücke, von denen ich mich nicht trennen
möchte. Erinnerungen hängen daran. Alles andere kann ich veräußern.“
Es begann.
Von den zwölf Räumen der Villa hätten die zehn, die auf dem Programm standen,
in ein Museum gepaßt.
Die
Hausherrin trippelte voran.
Gero
tigerte umher mit geweiteten Nüstern. Ab und zu schossen Blitze aus den Augen.
Aber um den Mund drückte die Miene mangelndes Interesse aus — oft sogar
Geringschätzung. Er betrachtete dieses und jenes, schien mit sich zu ringen, ob
er es nehmen sollte, und rümpfte oftmals die Nase, womit er sicherlich die
Echtheit des Kunstwerks anzweifelte.
Libritschek
hielt sich im Hintergrund. Er hatte noch kein Wort geredet.
Ebenso
stumm taperte die TKKG-Bande mit.
Sie blieben
stehen, wo die andern Halt
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