Heisses Gold im Silbersee - Duell im Morgengrauen - Schüsse aus der Rosenhecke
Krankenhaus
aufwachen.“
„Libril!“
sagte Gero in scharfem Ton.
Erst das stoppte
den Bulligen.
Er hatte
blutunterlaufene Augen. Als hätte er Luft-anhalten geübt und dabei die Zeit
überschritten.
„Aber, aber
rief Amalie, „bitte nicht streiten! Es besteht doch kein Grund. Sie, Herr von
Pfauenstein-Ritzl, haben sich sicherlich geirrt. Was Karl sagt — also, dem muß
ich Glauben schenken. Karl ist sehr klug, wirklich. Niemals, nicht wahr, Karl,
würdest du leichtfertig etwas behaupten.“
„Niemals“,
nickte Karl. „Ich habe alle Stücke geprüft und den Katalogpreis ermittelt.
Selbst die genannten 200 000 wären noch als Preis eine Schande.“
Knackend
zerbiß Klößchen eine Stück Schokolade.
„Alle
Al-Tü-Haie“, meinte er nachdenklich, „sollten rote Halstücher tragen. Dann
erkennt man sie gleich. Im übrigen ist er bestimmt über 30. Also Vorsicht!“
Gero hatte
seine Fassung wiedergewonnen.
Die Röte
sank unter das Halstuch zurück.
Aber ein
Lanzen-Blick bohrte Karl an und dann Tim. Die Feindschaft war besiegelt.
„Ich
glaube, Libri“, meinte er ölig, „der gutmütige, gutgläubige Gero von
Pfauenstein-Ritzl soll reingelegt werden Ts... ts... ts... Also so was, gnädige
Frau, hätte ich Ihnen nicht zugetraut. In Ihrem Alter sollte man Sünden abbüßen
— und keine neuen begehen. Wo Sie doch schon mit einem Bein im... ähem... Und
die jüngste Jugend macht mit bei diesem Betrugsversuch. Pfui Teufel! Ich wende
mich mit Grausen! Komm, Libri!“
Sie
stampften hinaus.
Laut sagte
Tim: „Ich gehe hinterher. Aufpassen, damit sie nichts klauen.“
Tatsächlich
folgte er ihnen bis zur Eingangstür.
Libri
schlug sie zu, daß das Haus wackelte.
Im Blauen
Salon, wo u. a. das Willaume-Messer in einem Glasschränkchen lag, ließen sich
alle auf betagte Clubsessel nieder. Amalie schluchzte.
„Sicherlich“,
sie schneuzte sich in ein Spitzentüchlein, „ihr habt mir geholfen. Ich bin ja
so ungeschickt in Geschäftsdingen. Und für das alte Zeug habe ich mich nie
interessiert. Mich hat das Moderne mitgerissen. Erinnert ihr euch an die
aufregenden Kunstformen zu Beginn der Fünfziger Jahre? Ach so, da gab’s euch ja
noch nicht. Aber nun? Was mache ich? Ich wollte doch so gern eine ansehnliche
Spende ermöglichen. Für die SOS-Kinderdörfer und den Tierschutzverein.“
„Das können
Sie auch“, sagte Tim.
„Aber wie?
Ich habe nur meine schmale Rente.“
„Sie haben
das Haus voller Kunstschätze, wie Karl festgestellt hat. Der erste Interessent
war ein Gauner. Ob ein besonders übler oder nur branchenübler Durchschnitt —
kann ich leider nicht beurteilen. Aber, Frau von Prünf, jetzt fängt ja unsere
Hilfe erst an.“
„Wie meinst
du das?“
„Wir werden
Ihnen einen seriösen (vertrauenswürdigen) Käufer zuführen.“
„Ihr?“
„Wir!“
Sie
betupfte sich die Augen.
Das Rouge
auf den Runzelwangen war jetzt fast gleichmäßig verteilt.
Quicklebendig
ist sie, dachte Tim, wie ein Floh. Und das in dem Alter.
Gaby hatte
die Jeansbeine übereinandergeschlagen, wechselte jetzt Oberbein gegen Unterbein
aus und faltete die Hände im Schoß.
Karl
stierte zu Boden und bewegte die Lippen, murmelte aber nur innerlich. Zahlen,
vermutlich.
Klößchen
wetzte auf seinem Sessel hin und her. Die Miene war ein einziger Vorwurf. 90
Jahre — nun gut, hieß das. Aber deshalb könnte sie trotzdem Kakao kochen und
Kuchen anbieten.
„In der
Stadthalle“, sagte Tim, „ist die Antiquitäten-Ausstellung, wie Sie wissen.
Unsere Beine sind jünger und schneller, Frau von Prünf. Das heißt, wir werden
uns dort umschauen. Und bestimmt den geeigneten Käufer finden. Ehrlich muß er
sein. Und Geld muß er haben. Dann schleppen wir ihn an. Einverstanden?“
„Wenn ihr
das für mich tätet... Ein zweites Mal könnte ich nicht... Ich habe allen Mut
verloren.“
„Mut“,
sagte Tim, „ist unsere Spezialität. Davon haben wir einen unerschöpflichen
Vorrat.“
4. Die chinesische Schale
Der
Eintritt kostete sechs Mark.
Heinrich
von Ebbül nahm die Karte.
Der
Kassiererin lächelte er zu, bevor er die Kunst- und Antiquitäten-Ausstellung
betrat.
96
Aussteller — darunter namhafte Adressen — hatten ihre Stände in der Stadthalle
errichtet.
Dieser
April-Freitag verlief ruhig. Offenbar kamen weniger Besucher als sonst. Und man
war zurückhaltend beim Kauf.
Ebbül
schlenderte umher. Ein venezianisches Tablett aus dem 18. Jahrhundert hatte es
ihm angetan.
Er
versuchte zu handeln, aber
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