Heiter. Weiter.
befürchtete Massenquartier. Mir gefällt es hier in Monte do Gozo. Wenige Minuten entfernt , außerhalb des Komplexes, finden sich verschiedene Restaurants. Mein letztes Pilgermenü vor Santiago! Ich entscheide mich gerne für die „Caldo verde“, die grüne Suppe aus Kartoffeln und „Col galega“ - galicischem Kohl. Ein einfaches Essen, aber für Galicien sehr charakteristisch. Der Kohl hat die Menschen in dieser armen Region viele Hungerjahre überleben lassen.
Die Kathedrale! Endlich ist der Pilger in Santiago angekommen
Vor der Herberge in Monte do Gozo bestreicht ein Pilger sein Bein mit Zahnpasta. „Mückenstiche. Zahnpasta lindert den Juckreiz.“ Die Beobachterin ist angetan. „Und was nimmst Du bei Blasen?“ „Wegerich.“ „Wegerich, dieses Kraut, das überall am Weg wächst?“ „Ja. Für viele ist es Unkraut. Dabei ist es ein gutes Mittel bei Blasen. Wegerich: Weg - er - ich. Der Name sagt alles.“ Blätter werden zu Brei zermatscht, auf die Blase aufgetragen, mit einem Blatt abgedeckt und großzügig mit Pflaster abgeklebt. Den Socken überziehen und einwirken lassen. „Am letzten Tag erfahre ich so was!“ entfährt es der Pilgerin.
Für sie, den „Weg-Erich“ und mich beginnen die letzten Wanderstunden. Ich hatte befürchtet, viel zu schnell in Santiago zu sein. Doch der Weg zieht sich lange dahin durch die Außenbezirke der Stadt, unidyllisch. Die Vor-Burgos-mit-dem-Bus-Fahrer und die Nach-León-mit-dem-Bus-Fahrer würden sicher diesen „unattraktiven Streckenverlauf“ nicht per Pedes zurücklegen, doch fürchten sie um den Erhalt der angestrebten Pilgerurkunde. Und irgendwann steht der Pilger vor der Porta do Camino, dem Eingang in den Stadtkern von Santiago de Compostela, und weiß nicht so recht weiter. Soll er nach links abbiegen zur Herberge und erst einmal den Rucksack abstellen? Aber er will gleich zur Kathedrale, zu Jakobus, zu seinem Jakob. Endlich erlaubt die Ampel die Straßenüberquerung. Erstaunt stellt der Wanderer fest, das grüne Ampelmännchen steht nicht starr: es läuft!
Die Gassen sind mit wuchtigen grauen Granit-Quadern belegt, dazwischen winzige grüne Oasen aus Moos. Und Kaugummiflecken. Doch warum das Haupt senken? Die Pilger sind stolz auf die zurückgelegte Strecke, egal, wo sie begonnen haben.
Die Kathedrale! Endlich! Nach all den Kilometern, all den Tagen mit Sonne und Regen, Rückenwind und Gegenwind, mancher Qual und viel Freude, stehen die Pilger vor der Kathedrale. Am Portico de la Gloria erwartet sie Jesus. Und Jakob, als Vermittler zwischen Christus und dem sündigen Menschen. Die Wurzel Jesse, die Säule, die Jakobus stützt, haben durch die Jahrhunderte Millionen von Pilger berührt, haben mit ihren Händen den Marmor geglättet. Durch das Auflegen der Finger sind Löcher entstanden. Bei meinem ersten Besuch steckte ich meine Finger in diese Vertiefungen, hatte also „begriffen“ und fühlte mich eins mit meinen Vorgängern. Jetzt ist der Zugriff leider versperrt, als befürchte man eine langsame Durchlöcherung der Säule.
„Jakob als Vermittler? Ich kann direkt mit Gott sprechen“, sagen manche. Doch es ist der Jakobusweg, der Weg zu Jakob, der Pilger, aber auch Wanderer näher zu Gott führt. Jeder Schritt nach Santiago kann auch ein Schritt hin zu Gott sein. „Das Leben besteht in der Annäherung an Gott.“
Der Pilger wird beten, beichten und zum Abendmahl gehen
Der Pilger steht vor der Kathedrale: Er hat den Jakobsweg geschafft! Er steht hier nicht allein mit seinen Gefühlen. Manche weinen. Fotos werden gemacht, die Lieben zu Hause angerufen. Ein Piccolo wird geöffnet.
Zeit für die Pilgermesse. Kommt der Pilger erst im allerletzten Moment, ist möglicherweise die Kathedrale überfüllt. Im Inneren regeln Uniformierte den Verkehr. Auch der letzte Winkel wird ausgenutzt. Gassen werden gebildet, damit Sanitäter im Notfall freien Zugang haben. Der Gottesdienst ist für Pilger der Höhepunkt ihrer Wanderung. Aber auch solche, die sich als Wanderer betrachten, sind hier in der Kathedrale von Santiago de Compostela versammelt, vielleicht nur aus Neugier auf das gewaltige Weihrauchfass, den Botafumeiro, der an einem langen Seil durch das Gotteshaus geschwenkt wird. Unvergesslich wird der Gesang einer Nonne bleiben.
Der Pilger wird beten, beichten und zum Abendmahl gehen. Er wird vor den Schrein des Heiligen treten, die Jakobus-Statue umarmen und ihr ein kleines Küsschen aufdrücken.
Der Pilger wird sich geduldig in die Schlange
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