Heiter. Weiter.
in Portomarín. Hier haben bereits Pilger vor dem Herbergseingang ihre Rucksäcke aufgereiht, um so eine gerechte Reihenfolge der Bettvergabe zu sichern. Auf den für den Erwerb der Compostela, der Pilgerurkunde, vorgeschriebenen letzten hundert Kilometer ist einiges los! Aber es sind ja nur noch wenige Übernachtungen bis Santiago de Compostela.
Auch vorher kann es durchaus zu Engpässen in den Herbergen kommen. Mancher Pilger beginnt aus Urlaubsgründen samstags oder sonntags in einer größeren, gut erreichbaren Stadt wie Burgos oder Leon - da ist er nicht der einzige. Er richtet sich nach den in den Pilgerführern vorgegebenen Etappen - da ist er nicht der einzige. Er übernachtet im letzten Ort vor einer schwierigen Passage - da ist er nicht der einzige. Es ist gut, wenn man es einrichten kann, entgegen dem üblichen Wandererverhalten zu gehen. Aber keine Panik! Wie bereits erwähnt, der Camino ist nicht planbar, aber alles ist möglich.
Wann werden die Simpsons auf dem Jakobsweg pilgern?
Im Morgendunkel schleicht sich die Pilgerkarawane fort aus Portomarín. Über eine breite Brücke hatten wir die Stadt erreicht, über einen schmalen Steg verlassen wir sie. Bange setze ich Schritt vor Schritt. Ich hätte die nicht weit entfernte stabilere Autobrücke wählen sollen, zumal keine hübsche Pilgerin mich beobachtet.
Geplant, gespart, gefreut, gezweifelt - jetzt ist der Pilger tatsächlich auf dem Weg. Besser: Seine Füße sind auf dem Weg, sein Kopf jedoch ist noch im Rhythmus des Alltags. Der alte Trott bestimmt den Tritt. Ein Blick auf die Uhr: Bin ich in der Zeit? Ein Blick auf die Karte: Werde ich das Vorgenommene erreichen? Ein Blick in den Führer: Was schlägt der als Etappenziel vor? Der Weg wird zum Arbeitsplatz mit Stress, Kontrolle, Selbstkontrolle und Vorgaben.
Pilger, lass dich einfach treiben! Es ist nicht wichtig, wie viele Kilometer du am Tag schaffst. Gehe langsam, aber aufmerksam. Lege Ruhetage ein -doch plane die nicht Tage im Voraus. Lege Pausen ein, wenn dein Körper sie benötigt. An einem Ruhetag kommst du oft viel weiter als an einem Wandertag - innerlich.
Und lass dir von den vielen Mitpilgern, vor allem jetzt auf den „letzten Hundert“ den Weg nicht verdrießen.
Der Jakobsweg ist „in“, ist in Mode. Sonst wärst du vielleicht nicht auf die Idee gekommen, zu pilgern ... In allen Urlaubswinkeln jammern Touristen darüber, dass so viele Touristen dort sind - vergessen aber, dass sie selbst Teil dieses Touristenstroms sind.
In Zeitungen, Kino, Fernsehen wurde und wird über den Camino berichtet, das bleibt nicht ohne Folgen. Gar für Folgen der Simpsons? Die Simpsons auf dem Jakobsweg - undenkbar? Es ist doch vorstellbar: Die Simpsons treffen unterwegs alte Bekannte: Der fromme Ned Flanders ist wie in jedem Jahr mit seinen Söhnen auf dem Weg. Heute muss er zwangspausieren: Dr. Hibbert verarztet ihm die Wanzenbisse. Apu verkauft in seiner Meseta-Filiale den fußkranken Simpsons eine Familienpackung Blasentee. Dadurch verpassen sie das Pilgermenü in Moe’s Pilger-Taverne. Hier erkennt Referent Lovejoy beim Rotwein, dass es außer der inneren Einkehr noch eine andere gibt. Der geizige Mister Burns freut sich diebisch, in den Herbergen nichts gespendet zu haben. Smithers ist auf der Suche nach Hape. Schließlich geben alle das Wandern auf und erreichen per Schulbus pünktlich zum Abspann die Kathedrale.
Ich dagegen erreiche rechtzeitig Palas de Rei, erhalte das drittletzte Bett und im herbergsnahen Restaurant „Nosa Terra“ um halb vier ein schmackhaftes Mittagessen. Homer Simpson hätte hier wohl zum Duff-Bier ein paar Donuts bestellt - ich entscheide mich für Fisch mit Reis, Wein und zum Abschluss etwas Tetilla-Käse. Tetilla bedeutet „kleine Zitze“: Der Käse hat die Form einer weiblichen Brust.
Jesus streckt seine rechte Hand aus, reicht er sie dem Betrachter?
Schnell verlasse ich die Herberge von Palas de Rei mit all den Morgengeräuschen und Morgengerüchen. Viele Pilger sind gestern hier angekommen, selbst die Hostals und kleine Hotels waren komplett. Die meisten der Pilger machen Station in Casanova. Hier ist gleich am Ortsanfang eine Bar. Trotz des gewaltigen Andrangs wird man hier freundlichst bedient. Die belegten runden Brote sind nicht zu bewältigen, der Rest wandert in den Rucksack. Später komme ich an einer weiteren Bar in der Ortsmitte vorbei. Dank der neuen Konkurrenz am Ortseingang macht hier kaum einer mehr Halt. Ich, gut wie ich bin, mache
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