Held zum Verlieben
Blick aus und beschäftigte sich eingehend mit seinem Lolli.
„Davie?“
Er seufzte. Wenn Tante Judy diesen Ton anschlug, wusste er, dass er auf der Hut sein musste.
„Was hat Charlie getan? Womit hat sie dir Angst gemacht?“
Trotzig reckte er das Kinn vor. „Hat versucht, mir meine Uhr wegzunehmen.“
„Welche Uhr?“
„Na, meine Uhr.“ Er wies auf den Blutfleck an seinem Ellenbogen. „Es blutet immer noch“, sagte er ablenkend, „siehst du?“
Judith packte ihn sanft am Arm. „Ich möchte deine Uhr sehen.“
Er seufzte, rutschte vom Hocker und humpelte ungeschickt zu seinem Wagen, wühlte darin herum und brachte schließlich die Uhr zum Vorschein.
Judith nahm die Uhr, starrte sie ungläubig an, drehte sie um und wurde blass. „Wo hast du sie her?“, zischte sie und packte Davie erregt.
„Ich hab sie gefunden, Tante Judy. Ich hab sie gefunden.“
„Wo?“
„Weiß nicht mehr.“
„Du musst sie zurückgeben“, erklärte sie. „Sie gehört dir nicht.“
„Doch! Ich hab sie gefunden. Sie gehört mir!“
„Der Name darauf ist nicht dein Name, Davie. Daher wissen wir, dass sie nicht dir gehört. Wir werden zu Wade gehen und ihn bitten, sie zurückzugeben.“
Jetzt weinte Davie, nicht, weil ihm sein Knie wehtat, sondern weil er die schöne Uhr verlieren sollte.
„Aber Tante Judy, du hast doch gesagt, dass er …“
Judith Dandridge unterbrach ihn schroff. „Du weißt, dass man Leuten ihre Sachen nicht wegnehmen darf, und du musst sie zurückgeben.“
„Aber du …“
„Es reicht jetzt“, sagte sie streng. „Ich will nichts mehr davon hören. Etwas, was nicht dir gehört, kannst du auch nicht behalten.“
Charlie lief durch die Straßen auf der Suche nach Jack, weil sie eine Ahnung hatte, wo Davie sein könnte. Wade war per Funk benachrichtigt worden, und Rachel war in Marthas Obhut.
Und da entdeckte sie Jack. Er kam gerade aus dem Friseurladen und blickte suchend um sich.
„Jack!“, brüllte sie und winkte wild, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.
Er sah sie, winkte zurück und wartete, bis sie ihn erreicht hatte.
„Was ist denn?“
„Hast du Davie schon gefunden?“
„Nein.“
Sie rang nach Luft. „Ich bin einfach nicht mehr in Form.“
„Ach, ich weiß nicht. Mir scheint, dass deine Form einfach großartig ist.“
Charlie sah ihn verwirrt an. Wie waren sie bei der Unterhaltung über Davie nur auf ein so persönliches Thema gekommen?
„Ich glaube, ich weiß, wo Davie ist.“
„Wo?“
„Im Drugstore bei seiner Tante.“
„Genau! Judith Dandrigde ist ja seine Tante, nicht?“
„Mehr oder weniger“, stimmte Charlie zu. „Komm mit, wir sehen mal nach.“
Just in dem Augenblick traten Judith und Davie aus dem Drugstore, der nur sechs Häuser entfernt lag.
„Charlie“, grüßte Judith, als sie Jack und Charlie erreicht hatten, „wie schön, dass ich dich treffe. Wir müssen etwas erklären. Davie weiß, dass du ihm die Uhr nicht wegnehmen wolltest. Nicht wahr, Davie?“
Davie ließ traurig den Kopf hängen und nickte dann.
Jack sah den Schmerz, der kurz in Judiths Augen aufleuchtete, als sie auf den jungen Mann schaute.
„Wir wollen zur Polizei. Davie hat etwas gefunden, was ihm nicht gehört, und das möchte er jetzt zurückgeben, nicht wahr?“
Wieder nickte Davie, doch Jack merkte, dass er sich nur widerstrebend fügte. Der Junge tat ihm leid. Wie schwer musste es für ihn sein, im Körper eines Erwachsenen zu stecken und dennoch nicht in der Lage zu sein, die Regeln und Vorschriften des Erwachsenenlebens zu begreifen.
„Das finde ich großartig“, meinte Jack leise und klopfte Davie anerkennend auf die Schulter. „Kann ich mit dir mitkommen?“
Davie sah Jack nervös an, aber der lächelte freundlich und Davie war im Nu wieder fröhlich.
„Kann er, Tante Judy? Kann er mit uns mitkommen?“
Judith zuckte die Achseln. „Wenn er will.“
Davie freute sich, und als Charlie ihm den Arm streichelte, war seine Welt wieder in Ordnung.
„Davie tut mir leid, dass ich dir Angst gemacht habe. Das wollte ich nicht.“
„Macht nichts, Charlie.“
Charlies Augen wurden feucht. „Danke, Davie. Ich bin froh, dass du mein Freund bist.“
Glücklich schlang der Junge die Arme um Charlie. „Charlie ist meine Freundin.“
Jack sah fast liebevoll zu. „Das ist schön, Davie. Freunde wie sie sollte man sich warmhalten.“
Charlie fühlte sich von Jacks tiefer weicher Stimme umfangen und sie sehnte sich nach etwas, was sie noch gar nicht
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