Helden des Olymp, Band 3: Das Zeichen der Athene (German Edition)
im Teich zu suchen hatte, wusste Leo nicht. Aber Himmlische Bronze fiel an den seltsamsten Stellen auf die Erde. Er hatte gehört, die meisten Stücke seien Abfall aus den Werkstätten seines Vaters. Hephaistos bekam oft einen Wutanfall, wenn aus einem Projekt nichts wurde, und warf den Schrott dann in die Welt der Sterblichen. Das Stück hier sah aus, als hätte es ein Schild für einen Gott werden sollen, der dann misslungen war. Wenn Leo es aufs Schiff bringen könnte, hätte er gerade genug Bronze für die Reparaturen.
»Ja, toller Anblick«, sagte Leo. »Ich gehe ja gern zur Seite, aber wenn du es nicht brauchst, kann ich dann dieses Stück Bronze mitnehmen?«
»Nein«, sagte Narziss. »Ich liebe ihn. Er ist hinreißend.«
Leo schaute sich um, um zu sehen, ob die Nymphen lachten. Das alles musste doch ein Riesenwitz sein. Aber die schienen kurz vor einer Ohnmacht zu stehen und nickten zustimmend. Nur Hazel wirkte entsetzt. Sie rümpfte die Nase, als sei sie zu dem Schluss gekommen, dass Narziss weniger gut roch, als er aussah.
»Mann«, sagte Leo zu Narziss. »Dir ist doch klar, dass du dich da im Wasser selbst siehst, oder?«
»Ich bin so fantastisch«, seufzte Narziss. Er streckte eine Hand aus, wie um das Wasser zu berühren, zog sie aber zurück. »Nein, ich darf das Wasser nicht aufwühlen. Das ruiniert das Bild. Oh Mann … ich bin so wunderbar.«
»Ja«, murmelte Leo. »Aber wenn ich die Bronze wegnehme, kannst du dich noch immer im Wasser sehen. Oder hier …« Er griff in den Werkzeuggürtel und zog einen einfachen Spiegel von der Größe eines Monokels heraus. »Wir tauschen.«
Narziss nahm widerstrebend den Spiegel und schaute sich voller Bewunderung an. »Sogar du hast mein Bild bei dir? Kein Wunder. Ich bin hinreißend. Danke.« Er legte den Spiegel weg und wandte sich wieder dem Teich zu. »Aber ich habe schon ein viel besseres Bildnis. Die Farbe schmeichelt mir, findest du nicht?«
»O Götter, ja«, kreischte eine Nymphe. »Heirate mich, Narziss!«
»Nein, mich«, rief eine andere. »Würdest du mein Poster signieren?«
»Nein, signiere mein Hemd!«
»Nein, meine Stirn!«
»Nein, mein …«
»Aufhören«, fauchte Hazel.
»Aufhören«, sagte Echo zustimmend.
Leo hatte Echo wieder aus den Augen verloren, aber jetzt sah er, dass sie auf der anderen Seite neben Narziss kniete und ihre Hand vor seinem Gesicht hin und her bewegte, wie um seine Konzentration zu stören. Narziss blinzelte nicht einmal.
Der Nymphen-Fanclub versuchte, Hazel wegzuschieben, aber sie zog ihr Kavallerieschwert und trieb sie zurück. »Schluss damit!«, schrie sie.
»Der signiert dein Schwert nicht«, erklärte die Poster-Nymphe.
»Er wird dich nicht heiraten«, sagte die mit dem iPhone. »Und du darfst ihm den Bronzespiegel nicht wegnehmen. Schließlich bleibt er nur deswegen hier.«
»Ihr seid alle lächerlich«, sagte Hazel. »Der interessiert sich doch nur für sich selbst. Wie könnt ihr ihn mögen?«
»Ihn mögen«, seufzte Echo und bewegte noch immer die Hand vor seinem Gesicht hin und her.
Die anderen seufzten ebenfalls.
»Ich bin so heiß«, sagte Narziss verständnisvoll.
»Narziss, hör mal zu.« Hazel hielt ihr Schwert weiterhin bereit. »Echo hat uns geholt, damit wir dir helfen. Nicht wahr, Echo?«
»Echo«, sagte Echo.
»Wer?«, fragte Narziss.
»Das einzige Mädchen, das sich offenbar dafür interessiert, was aus dir wird«, sagte Hazel. »Weißt du noch, wie du gestorben bist?«
Narziss runzelte die Stirn. »Ich … nein. Das kann nicht stimmen. Ich bin viel zu wichtig, um zu sterben.«
»Du bist gestorben, während du dich selbst angestarrt hat«, sagte Hazel ungerührt. »Jetzt erinnere ich mich an diese Geschichte. Nemesis war die Göttin, die dich verflucht hat, weil du so viele Herzen gebrochen hast. Deine Strafe war, dich in dein Spiegelbild zu verlieben.«
»Ich liebe mich so sehr«, sagte Narziss zustimmend.
»Dann bist du gestorben«, erzählte Hazel weiter. »Ich weiß nicht, welche Version der Geschichte zutrifft. Entweder hast du dich ertränkt oder in eine Blume verwandelt, die über dem Wasser hängt, oder … Echo, welche stimmt?«
»Welche stimmt«, sagte Echo hoffnungslos.
Leo richtete sich auf. »Ist doch egal. Entscheidend ist, dass du jetzt wieder lebst, Mann. Du hast noch eine Chance. Das hat Nemesis uns gesagt. Du kannst aufstehen und mit deinem Leben weitermachen. Echo versucht, dich zu retten. Oder du kannst hierbleiben und dich anglotzen, bis du
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