Helden des Olymp, Band 3: Das Zeichen der Athene (German Edition)
Zurechtweisung.
Leo merkte, dass Hazel Echos Füße anstarrte.
»Äh, tut mir leid«, murmelte er. »Das ging wohl nach hinten los.«
»Los.« Echo zeigte auf das andere Ufer der Insel.
»Du willst uns etwas zeigen?«, fragte Hazel. Sie kletterte vom Felsen und Leo folgte ihrem Beispiel.
Auch aus der Nähe war Echo nur schwer zu sehen. Sie schien sogar immer unsichtbarer zu werden, je länger er sie ansah.
»Bist du sicher, dass du echt bist?«, fragte er. »Ich meine … aus Fleisch und Blut?«
»Fleisch und Blut.« Sie berührte Leos Gesicht und er zuckte zusammen. Ihre Finger waren warm.
»Also … du musst alles wiederholen?«, fragte er.
»Wiederholen.«
Leo konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Das könnte witzig sein.«
»Witzig sein«, sagte sie unglücklich.
»Blaue Elefanten.«
»Blaue Elefanten.«
»Küss mich, du Dussel.«
»Du Dussel.«
»He!«
»He!«
»Leo«, bat Hazel. »Mach dich nicht lustig über sie.«
»Okay, okay«, sagte Leo, auch wenn es ihm schwerfiel, der Versuchung zu widerstehen. Er begegnete ja nicht jeden Tag jemandem mit eingebauter Antwortfunktion. »Worauf hast du gezeigt? Brauchst du unsere Hilfe?«
»Hilfe«, sagte Echo voller Zustimmung. Sie winkte den beiden und rannte den Hang hinab. Leo konnte nur durch die Bewegung des Grases und das Schimmern ihres Kleides, das seine Farbe passend zum Gestein änderte, sehen, wo sie gerade war.
»Wir sollten uns beeilen«, sagte Hazel. »Sonst finden wir sie nicht wieder.«
Sie fanden das Problem – wenn man eine Bande gut aussehender Mädchen als Problem bezeichnen kann. Echo führte Leo und Hazel einen mit Gras bewachsenen Hang hinab, in eine Senke von der Form eines Bombenkraters, in der ein kleiner Teich lag. Am Ufer des Teiches hatten sich mehrere Dutzend Nymphen versammelt – jedenfalls hielt Leo sie für Nymphen. Wie die in Camp Half-Blood trugen sie hauchdünne Kleider. Ihre Füße waren nackt. Sie hatten die Züge von Elfen und ihre Haut wies eine leicht grünliche Tönung auf.
Leo begriff nicht, was sie dort machten, aber sie hatten sich alle an einer Stelle zusammengedrängt, starrten auf den Teich und kämpften darum, besser sehen zu können. Einige hielten ihre Handys hoch, um über die Köpfe der anderen hinweg Fotos machen zu können. Leo hatte noch nie eine Nymphe mit einem Handy gesehen. Er fragte sich, ob sie vielleicht einen Leichnam anstarrten. Aber warum hüpften sie dann so aufgeregt auf und ab und kicherten?
»Was die wohl anstarren?«, überlegte Leo laut.
»Anstarren«, seufzte Echo.
»Es gbt nur einen Weg, das festzustellen.« Hazel marschierte los und fing an, sich durch die Menge zu drängen. »Entschuldigung.«
»He!«, beschwerte sich eine Nymphe. »Wir waren zuerst hier.«
»Ja«, schnaubte eine weitere. »Und für dich interessiert er sich bestimmt nicht.«
Die zweite Nymphe hatte sich große rote Herzen auf die Wangen gemalt. Über ihrem Kleid trug sie ein T-Shirt mit dem Aufdruck I LOVE N.
»Äh. Halbgottangelegenheiten«, sagte Leo und versuchte, sich amtlich anzuhören. »Platz da! Danke.«
Die Nymphen murrten, wichen aber auseinander und gaben den Blick auf einen jungen Mann frei, der am Ufer kniete und konzentriert ins Wasser starrte.
Leo achtete normalerweise nicht sonderlich darauf, wie andere Jungen aussahen. Das lag wahrscheinlich daran, dass er so viel mit Jason zusammen war – groß, blond, markante Züge und einfach alles, was Leo niemals haben würde. Leo war daran gewöhnt, von Mädchen nicht bemerkt zu werden. Immerhin wusste er, dass er nie durch sein Aussehen ein Mädchen erobern würde. Er hoffte, dass es ihm eines Tages mit seiner Persönlichkeit und seinem Sinn für Humor gelingen würde, obwohl es bisher eindeutig noch nicht funktioniert hatte.
Aber Leo konnte die Tatsache nicht übersehen, dass dieser Typ am Teich fantastisch gut aussah. Er hatte ein fein geschnittenes Gesicht mit Lippen und Augen, die irgendwo zwischen weiblich schön und männlich gut aussehend lagen. Dunkle Haare fielen ihm in die Stirn. Er mochte siebzehn oder zwanzig sein, das war schwer zu sagen, und er war gebaut wie ein Tänzer – mit langen, eleganten Armen, muskulösen Beinen und perfekter Haltung – und strahlte königliche Gelassenheit aus. Er trug ein schlichtes weißes T-Shirt und Jeans und hatte sich Bogen und Köcher umgeschnallt. Die Waffen waren offenbar seit einer ganzen Weile nicht mehr benutzt worden. Die Pfeile waren von Staub bedeckt und
Weitere Kostenlose Bücher