Helden des Olymp, Band 3: Das Zeichen der Athene (German Edition)
gesagt hatte: Vielleicht werden sie dir eine Lehre erteilen.
Leo hatte gedacht, sie habe Narziss gemeint, aber jetzt fragte er sich, ob die wahre Lehre für ihn Echo sein könnte – unsichtbar für ihre Geschwister, verflucht, jemanden zu lieben, der sich nichts aus ihr machte. Ein siebtes Rad. Er versuchte, diesen Gedanken zu verdrängen. Er hielt die Bronzeplatte vor sich wie einen Schild.
Er war fest entschlossen, Echos Gesicht niemals zu vergessen. Sie verdiente wenigstens einen Menschen, der sie wirklich sah und wusste, wie gut sie war. Leo schloss die Augen, aber schon verblasste die Erinnerung an ihr Lächeln.
IX
Piper
Piper wollte das Messer nicht benutzen.
Aber als sie in Jasons Kabine saß und darauf wartete, dass er aufwachte, fühlte sie sich einsam und hilflos.
Jasons Gesicht war so blass, er hätte auch tot sein können. Sie dachte an das grauenhafte Geräusch, mit dem der Stein seine Stirn getroffen hatte – und diese Verletzung hatte er sich nur zugezogen, weil er versucht hatte, sie vor den Römern zu beschützen.
Auch nachdem sie ihm Nektar und Ambrosia eingeflößt hatten, war Piper nicht sicher, in welchem Zustand er zu sich kommen würde. Was, wenn er wieder sein Gedächtnis verloren hatte – aber diesmal seine Erinnerungen an sie?
Das wäre der gemeinste Streich, den die Götter ihr bisher gespielt hätten, und sie hatten sich schon einige Gemeinheiten geleistet.
Sie hörte Gleeson Hedge in der Nachbarkabine, er summte ein Soldatenlied – vielleicht Stars and Stripes forever ? Da das Satellitenfernsehen seinen Geist aufgegeben hatte, saß der Satyr vermutlich auf seinem Bett und las alte Ausgaben der Waffenrevue. Er war kein schlechter Betreuer, aber zweifellos der kriegerischste alte Ziegenbock, der Piper jemals über den Weg gelaufen war.
Natürlich war sie dem Satyrn dankbar. Er hatte ihrem Vater, dem Filmschauspieler Tristan McLean, wieder auf die Beine geholfen, nachdem er im vergangenen Winter von Riesen verschleppt worden war. Und vor einigen Wochen hatte Hedge seine Freundin Mellie gebeten, den McLean-Haushalt zu übernehmen, damit er auf diesem Einsatz helfen konnte.
Trainer Hedge hatte versucht, es so klingen zu lassen, als sei die Rückkehr nach Camp Half-Blood allein seine Idee gewesen, aber Piper vermutete, dass das nicht die ganze Geschichte war. In den vergangenen Wochen hatten ihr Dad und Mellie sie jedes Mal gefragt, was denn los sei, wenn sie zu Hause angerufen hatte. Vielleicht hatte etwas in ihrer Stimme sie verraten.
Piper konnte ihre Visionen mit niemandem teilen. Sie waren zu schrecklich. Außerdem hatte ihr Dad einen Trunk zu sich genommen, der Pipers Halbgott-Geheimnisse alle aus seinem Gedächtnis getilgt hatte. Aber er merkte noch immer, wenn etwas ihr zu schaffen machte, und sie war ziemlich sicher, dass ihr Dad Trainer Hedge gebeten hatte, sich um sie zu kümmern.
Sie würde ihre Klinge nicht ziehen. Sie würde sich danach nur noch elender fühlen.
Endlich wurde die Versuchung zu groß. Sie zog Katoptris aus der Scheide. Das Messer sah nicht weiter aufregend aus, eine dreieckige Klinge mit einem Griff ohne Verzierungen, aber es hatte einst der schönen Helena gehört. Der Name des Dolchs bedeutete »Spiegel«.
Piper starrte die Bronzeklinge an. Zuerst sah sie nur ihr eigenes Spiegelbild. Dann zuckte ein Lichtschein über das Metall. Sie sah eine Menge römische Halbgötter, die sich auf dem Forum versammelt hatten. Der blonde Vogelscheuchenknabe, Octavian, sprach zu ihnen und schüttelte dabei die Faust. Piper konnte ihn nicht hören, aber was er meinte, war deutlich: Wir müssen diese Griechen umbringen!
Reyna, die Prätorin, stand dabei und ihr Gesicht wirkte verkniffen vor lauter unterdrückten Gefühlen. Bitterkeit? Wut? Piper war nicht sicher.
Sie hatte Reyna hassen wollen, aber das war ihr nicht gelungen. Auf dem Fest auf dem Forum hatte sie Reyna dafür bewundert, wie sie ihre Gefühle im Griff behielt.
Reyna hatte die Beziehung von Piper und Jason sofort durchschaut. Als Tochter der Aphrodite wusste Piper so etwas einfach. Aber Reyna war höflich und beherrscht geblieben. Sie hatte den Griechen eine faire Chance gegeben … bis die Argo II angefangen hatte, ihre Stadt zu zerstören.
Fast hätte Piper ihr gegenüber ein schlechtes Gewissen gehabt, weil sie Jasons Freundin war, aber das war albern. Jason war niemals Reynas Freund gewesen, zumindest nicht richtig.
Vielleicht war Reyna total in Ordnung, aber das spielte jetzt keine
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