Helden des Olymp: Der Sohn des Neptun (German Edition)
sumpfig, aber er dachte nicht weiter darüber nach, bis Hazel schrie: »Percy, nein!«
Sein nächster Schritt ging voll durch den Boden. Er versank wie ein Stein, und die Erde schloss sich über seinem Kopf – und verschluckte ihn.
XLI
Hazel
»Dein Bogen!«, brüllte Hazel.
Frank stellte keine Fragen. Er ließ seinen Rucksack fallen und riss den Bogen von seiner Schulter.
Hazels Herz hämmerte wie besessen. Sie hatte seit ihrem Tod nicht mehr an diesen Sumpfboden – den Muskeg – gedacht. Jetzt erinnerte sie sich zu spät an die dringlichen Warnungen, die sie von den Einheimischen gehört hatte. Sumpfiger Schlick und verrottete Pflanzen bildeten eine Oberfläche, die absolut fest aussah, aber schlimmer war als Treibsand. Sie konnte sieben Meter tief und noch tiefer sein und ein Entkommen gab es nicht.
Sie versuchte, nicht daran zu denken, was passieren würde, wenn der Muskeg tiefer reichte als der Bogen lang war.
»Halt das eine Ende fest«, sagte sie zu Frank. »Nicht loslassen.«
Sie packte das andere Ende, holte tief Luft und sprang in den Sumpf. Die Erde schloss sich über ihrem Kopf.
Sofort erstarrte sie in einer Erinnerung.
Nicht jetzt! , wollte sie schreien. Ella hat gesagt, die Blackouts lägen hinter mir!
Aber meine Liebe , sagte Gaias Stimme. Das ist ja auch kein Blackout. Das ist ein Geschenk von mir.
Hazel war wieder in New Orleans. Sie und ihre Mutter saßen im Park bei ihrer Wohnung und picknickten zum Frühstück. Hazel konnte sich an diesen Tag erinnern. Sie war sieben Jahre alt. Ihre Mutter hatte soeben Hazels ersten Edelstein verkauft, einen kleinen Diamanten. Keine von ihnen hatte das mit Hazels Fluch schon begriffen.
Queen Marie war in Hochstimmung. Sie hatte für Hazel Orangensaft und für sich selbst Champagner gekauft und es gab mit Kakao und Puderzucker bestreute Krapfen. Sie hatte sogar einen neue Schachtel Buntstifte und einen Zeichenblock für Hazel besorgt. Queen Marie summte fröhlich vor sich hin, während Hazel zeichnete.
Das French Quarter um sie herum erwachte und war bereit für den Mardi Gras. Jazzbands übten. Flöße wurden mit frisch geschnittenen Blumen dekoriert. Kinder lachten und jagten einander, behängt mit so vielen bunten Halsketten, dass sie kaum laufen konnten. Der Sonnenaufgang verwandelte den Himmel in rotes Gold und die warme dampfende Luft duftete nach Magnolien und Rosen.
Es war der glücklichste Morgen in Hazels Leben gewesen.
»Du könntest hierbleiben.« Ihre Mutter lächelte, aber ihre Augäpfel waren blank und weiß. Es war Gaias Stimme.
»Das ist doch Augenwischerei«, sagte Hazel.
Sie versuchte aufzustehen, aber das weiche Bett aus Gras machte sie faul und schläfrig. Der Duft von frischem Brot und geschmolzener Schokolade war betäubend. Es war der Morgen des Mardi Gras und die Welt schien voller Möglichkeiten zu sein. Hazel hätte fast glauben können, dass ihr eine glänzende Zukunft bevorstand.
»Was ist denn schon wirklich?«, fragte Gaia durch das Gesicht von Hazels Mutter. »Ist dein zweites Leben etwa wirklich, Hazel? Du müsstest jetzt tot sein. Ist es wirklich, dass du in einem Sumpf versinkst und erstickst?«
»Lass mich meinem Freund helfen!« Hazel versuchte, sich in die Wirklichkeit zurückzukämpfen. Sie konnte sich vorstellen, wie ihre Hand das Ende des Bogens umklammerte, aber auch das fühlte sich jetzt vage an. Ihr Griff lockerte sich. Der Duft nach Magnolien und Rosen war betäubend.
Ihre Mutter hielt ihr einen Krapfen hin.
Nein, dachte Hazel. Das ist nicht meine Mutter. Das ist Gaia, die mich reinlegen will.
»Du wünschst dir dein altes Leben zurück«, sagte Gaia. »Das kann ich dir geben. Dieser Augenblick wird Jahre dauern. Du kannst in New Orleans aufwachsen und deine Mutter wird dich über alles lieben. Du wirst dich niemals mit der Last deines Fluchs auseinandersetzen müssen. Du kannst mit Sammy zusammen sein …«
»Das ist eine Illusion!«, sagte Hazel und erstickte fast durch den süßen Geruch der Blumen.
»Du bist hier die Illusion, Hazel Levesque. Du bist nur deshalb ins Leben zurückgeholt worden, weil die Götter eine Aufgabe für dich haben. Ich habe dich vielleicht benutzt, aber Nico hat dich benutzt und darüber gelogen. Du solltest froh sein, dass ich ihn gefangen habe.«
»Gefangen?« Ein Gefühl der Panik füllte Hazels Brust. »Wie meinst du das?«
Gaia lächelte und nippte an ihrem Champagner. »Dieser Knabe hätte nicht so dumm sein sollen, nach den Toren zu suchen. Aber
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