Helden des Olymp: Der Sohn des Neptun (German Edition)
wo er unter vier Augen mit Reyna sprach, wie seine Großmutter es ihm aufgetragen hatte. Er bat um Vergebung für den Urgroßvater, über den er nichts wusste. Reyna ließ ihn in die Legion eintreten. Sie verriet ihm nie, was sein Großvater verbrochen hatte, aber offenbar war es ihr bekannt. Frank konnte sich denken, dass es schlimm gewesen war.
»Ich beurteile alle nach ihren eigenen Verdiensten«, hatte Reyna ihm gesagt. »Aber erwähne den Namen Shen Lun hier lieber nicht. Der muss unser Geheimnis bleiben, oder es wird dir schlecht ergehen.«
Leider hatte Frank nicht viele Verdienste aufzuweisen. Seinen ersten Monat im Camp verbrachte er damit, über Waffen zu fallen, Wagen zu verschrotten und ganze Kohorten beim Marschieren zum Stolpern zu bringen. Seine Lieblingsaufgabe war es, Hannibal, den Elefanten, zu versorgen, aber selbst da baute er Mist – Hannibal bekam Durchfall, weil Frank ihn mit Erdnüssen gefüttert hatte. Wer hätte denn auch ahnen sollen, dass Elefanten eine Erdnussallergie haben können? Frank glaubte, dass Reyna ihren Entschluss, ihn beitreten zu lassen, längst bereute.
Jeden Tag erwachte er mit dem Gedanken, ob das Holzscheit auf irgendeine Weise Feuer fangen und verbrennen würde und ob seine Existenz dann ein Ende hätte.
Das alles ging Frank durch den Kopf, als er mit Hazel und Percy zu den Kriegspielen ging. Er dachte an das Holzscheit, das er in seiner Jackentasche aufbewahrte, und fragte sich, was Junos Erscheinen im Camp wohl bedeuten mochte. Musste er bald sterben? Er hoffte nicht. Er hatte seiner Familie noch keine Ehre gemacht – das stand fest. Vielleicht würde Apollo ihn heute anerkennen und ihm seine Fähigkeiten und Gaben erklären.
Sowie sie das Camp verlassen hatten, bildete die Fünfte Kohorte hinter ihren Zenturionen Dakota und Gwen zwei Reihen. Sie marschierten nach Norden, umrundeten die Stadt und steuerten das Marsfeld an – den größten, flachsten Teil des Tales. Das Gras war von den vielen Einhörnern, Bullen und heimatlosen Faunen, die dort grasten, schon ganz abgefressen. Die Erde war durchsetzt von Explosionstrichtern und durchzogen von den Schützengräben vergangener Spiele. Am Nordende des Feldes stand ihr Ziel. Die Ingenieure hatten eine steinerne Festung mit Fallgittern aus Eisen, Wachttürmen, Skorpion-Katapulten, Wasserkanonen und zweifellos vielen anderen fiesen Überraschungen gebaut, die die Verteidiger benutzen konnten.
»Die haben heute gute Arbeit geleistet«, sagte Hazel. »Das ist schlecht für uns.«
»Moment mal«, sagte Percy, »Willst du mir erzählen, dass diese Festung erst heute gebaut worden ist?«
Hazel grinste. »Legionäre sind aufs Bauen gedrillt. Wenn es sein müsste, könnten wir das gesamte Camp abmontieren und anderswo neu aufbauen. Es könnte drei oder vier Tage dauern, aber wir würden es schaffen.«
»Muss ja nicht sein«, sagte Percy. »Ihr greift also jeden Abend eine andere Festung an?«
»Nicht jeden Abend«, sagte Frank. »Es gibt unterschiedliche Trainingsaktivitäten. Manchmal Totenball – das ist wie Paintball, nur mit … na ja, du weißt schon, Gift und Säure und Feuerkugeln. Manchmal gibt es auch Wagenrennen und Gladiatorenwettkämpfe, manchmal Kriegsspiele.«
Hazel zeigte auf das Fort. »Irgendwo da drinnen bewahren die Erste und die Zweite Kohorte ihre Banner auf. Wir müssen rein und sie holen, ohne abgemetzelt zu werden. Wenn wir das schaffen, haben wir gewonnen.«
Percys Augen leuchteten auf. »Wie ›Eroberung der Flagge‹. Ich glaube, ich spiele gern ›Eroberung der Flagge‹.«
Frank lachte. »Na ja, also … das ist schwerer, als es sich anhört. Wir müssen vorbei an den Katapulten und den Wasserkanonen auf den Mauern, müssen uns durch das Innere des Forts durchkämpfen, die Banner finden und die Wachtposten besiegen und die ganze Zeit unsere eigenen Banner und Leute vor der Gefangenschaft bewahren. Und unsere Kohorte tritt gegen die beiden andern angreifenden Kohorten an. Einerseits arbeiten wir zusammen, andererseits nicht so ganz. Die Kohorte, die die Banner holt, heimst die ganze Ehre ein.«
Percy stolperte und versuchte, mit dem Links-rechts-Marschrhythmus Schritt zu halten. Frank tat er leid. Er hatte seine ersten beiden Wochen mit Hinfallen verbracht.
»Aber warum üben wir das eigentlich?«, fragte Percy. »Seid ihr oft damit beschäftigt, befestigte Städte zu belagern?«
»Teamarbeit«, sagte Hazel. »Schnelles Denken. Taktik, Strategie. Du wirst staunen, was du beim
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