Helden des Olymp: Der verschwundene Halbgott (German Edition)
Büro ihres Vaters. Hinter seinem Schreibtisch, das Telefon in der Hand, saß seine Assistentin Jane in ihrem dunklen Kostüm, die Haare zu einem festen Knoten gedreht.
»Hallo, Jane«, sagte Medea. Jane legte gelassen auf. »Wie kann ich Ihnen behilflich sein, Ma’am? Hallo, Piper.«
»Du …« Piper war so wütend, dass sie kaum ein Wort herausbrachte.
»Ja, Kind«, sagte Medea. »Die Assistentin deines Vaters. Sehr leicht zu manipulieren. Für eine Sterbliche sehr gut organisiert, aber unvorstellbar schwach.«
»Danke, Ma’am«, sagte Jane.
»Keine Ursache«, sagte Medea. »Ich wollte dir nur gratulieren, Jane. Mr McLean dazu zu bringen, so plötzlich die Stadt zu verlassen, mit dem Flugzeug nach Oakland zu fliegen, ohne Presse oder Polizei zu verständigen, und dabei keine Aufmerksamkeit zu erregen – gut gemacht. Offenbar weiß niemand, wo er steckt. Und ihm zu erzählen, das Leben seiner Tochter stehe auf dem Spiel – das war eine gute Idee, um ihn gefügig zu machen.«
»Ja«, stimmte Jane tonlos zu, wie eine Schlafwandlerin. »Er war absolut kooperativ, sobald er glaubte, Piper sei in Gefahr.«
Piper starrte ihren Dolch an. Die Klinge zitterte in ihrer Hand. Sie konnte nicht besser mit der Waffe umgehen als die schöne Helena, aber der Dolch war immer noch ein Spiegel, und was sie darin sah, war ein verängstigtes Mädchen, das nicht gewinnen konnte.
»Ich habe vielleicht neue Befehle für dich, Jane«, sagte Medea. »Wenn das Mädchen mitmacht, ist es möglicherweise Zeit für Mr McLean, nach Haus zu kommen. Würdest du für den Fall eine passende Coverstory für die Presse erfinden? Und ich vermute, der arme Mann wird einige Zeit in einer psychiatrischen Klinik brauchen.«
»Ja, Ma’am. Ich kümmere mich um alles.«
Das Bild verblasste und Medea drehte sich zu Piper um. »Also, verstehst du jetzt?«
»Sie haben meinen Dad in eine Falle gelockt«, sagte Piper. »Sie haben dem Riesen geholfen …«
»Aber bitte, meine Liebe! Jetzt nicht zu emotional werden. Ich bereite mich seit Jahren auf diesen Krieg vor, schon ehe ich ins Leben zurückgebracht worden bin. Ich bin Seherin, wie gesagt. Ich kann die Zukunft genauso gut vorhersagen wie euer kleines Orakel. Vor Jahren, als ich noch auf den Feldern der Verdammnis schmachtete, hatte ich eine Vision der Sieben aus eurer sogenannten Großen Weissagung. Ich sah deinen Freund Leo, sah, dass er eines Tages ein wichtiger Feind sein würde. Ich berührte das Bewusstsein meiner Beschützerin und gab ihr diese Information, und sie konnte ein mehr aufwachen – gerade genug, um ihn zu besuchen.«
»Leos Mutter«, sagte Piper. »Leo, hör dir das an! Sie war am Tod deiner Mutter beteiligt.«
»Aha«, murmelte Leo benommen. Er betrachtete stirnrunzelnd seinen Hammer. »Also … ich greife Jason einfach an. In Ordnung?«
»Perfekt«, versprach Medea. »Und Jason, schlag richtig zu. Zeig mir, dass du deinen Namen zu Recht trägst.«
»Nein!«, befahl Piper. Sie wusste, dass das ihre letzte Chance war. »Jason, Leo – sie beeinflusst euch. Legt eure Waffen weg.«
Die Zauberin verdrehte die Augen. »Bitte, Kleine. Du kannst es nicht mit mir aufnehmen. Ich bin von meiner Tante ausgebildet worden, der unsterblichen Circe. Ich kann Männer mit meiner Stimme in den Wahnsinn treiben oder heilen. Was haben diese mickerigen jungen Helden da für eine Chance gegen mich? Los, los, Jungs, jetzt bringt euch schon gegenseitig um.«
»Jason, Leo, hört mir zu.« Piper legte all ihr Gefühl in ihre Stimme. Seit Jahren versuchte sie, sich zu beherrschen und keine Schwäche zu zeigen, aber jetzt ließ sie alles in ihre Worte einfließen – ihre Angst, ihre Verzweiflung, ihre Wut. Sie wusste, dass sie hier vielleicht gerade das Todesurteil ihres Vaters unterschrieb, aber sie konnte nicht zulassen, dass ihre Freunde sich gegenseitig umbrachten, dazu waren sie ihr zu wichtig. »Medea verzaubert euch. Das gehört zu ihrer Magie. Ihr seid die besten Freunde. Kämpft nicht gegeneinander. Kämpft gegen sie!«
Sie zögerten und Piper spürte, wie der Zauber sich löste.
Jason blinzelte. »Leo, wollte ich dich gerade erstechen?«
»Irgendwas war mit meiner Mutter …« Leo runzelte die Stirn, dann drehte er sich zu Medea um. »Sie arbeiten für die Erdfrau. Sie haben sie in die Werkstatt geschickt.« Er hob den Arm. »Gute Frau, ich habe hier einen Drei-Pfund-Hammer in der Hand, auf dem Ihr Name steht.«
»Pah«, fauchte Medea. »Dann hole ich mir die Bezahlung eben
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