Helden des Olymp: Der verschwundene Halbgott (German Edition)
wäre super. Oder vielleicht Hekate, die Göttin der Magie. Aber eigentlich spielte es keine Rolle. Sogar hier, wo offenbar alle ihre verlorenen Elternteile fanden, würde sie am Ende wieder das ungewollte Kind sein. Sie freute sich nicht gerade auf das Lagerfeuer am Abend.
»Wir haben mit den zwölf olympischen Gottheiten angefangen«, erklärte Annabeth. »Männliche links, weibliche rechts. Im vorigen Jahr haben wir dann eine Menge neuer Hütten für die anderen Gottheiten hinzugefügt, die keinen Thron im Olymp haben – Hekate, Hades, Iris …«
»Von wem sind die beiden großen dahinten?«, fragte Piper.
Annabeth runzelte die Stirn. »Zeus und Hera. König und Königin der Götter.«
Piper steuerte diese Hütten an und Annabeth folgte ihr, schien aber nicht gerade scharf darauf zu sein. Die Zeus-Hütte erinnerte Piper an ein Bankgebäude. Sie war aus weißem Marmor mit großen Säulen davor und funkelnden Bronzetüren, die mit Blitzen verziert waren.
Heras Hütte war kleiner, aber im selben Stil gehalten, nur waren in die Türen Pfauenfedern eingelassen, die in allen Farben leuchteten.
Anders als die anderen Hütten, wo es laut und geschäftig zuging, sahen die Hütten von Zeus und Hera stumm und unbewohnt aus.
»Sind die leer?«, fragte Piper.
Annabeth nickte. »Zeus hat sehr lange keine Kinder mehr gezeugt. Na ja, fast keine. Zeus, Poseidon und Hades, die ältesten Brüder unter den Göttern, werden die Großen Drei genannt. Ihre Kinder sind sehr stark, richtig gefährlich. Deshalb haben sie in den letzten siebzig Jahren oder so versucht, keine mehr zu zeugen.«
»Sie haben es versucht?«
»Manchmal haben sie … äh, geschummelt. Eine Freundin von mir, Thalia Grace, ist eine Tochter des Zeus. Aber sie hat das Campleben aufgegeben und sich den Jägerinnen der Artemis angeschlossen. Mein Freund Percy ist der Sohn des Poseidon. Und dann taucht hier manchmal ein Junge auf, Nico, der Sohn des Hades. Aber außer denen gibt es keine Kinder der Großen Drei. Unseres Wissens jedenfalls nicht.«
»Und Hera?« Piper sah die Tür mit dem Pfauenmuster an. Die Hütte machte sie nervös, auch wenn sie nicht wusste, warum.
»Göttin der Ehe.« Annabeth hatte ihre Stimme sorgfältig unter Kontrolle, als würde sie eine Verwünschung unterdrücken. »Sie hat nur mit Zeus Kinder. Also keine Halbgötter. Die Hütte ist nur der Vollständigkeit halber hier.«
»Du magst sie nicht«, kommentierte Piper.
»Wir haben eine lange gemeinsame Geschichte«, gab Annabeth zu. »Ich dachte, wir hätten Frieden geschlossen, aber als Percy verschwunden ist … da hatte ich eine seltsame Traumvision von ihr.«
»Und sie hat dir gesagt, du solltest uns holen«, sagte Piper. »Nur hast du geglaubt, Percy würde auch da sein.«
»Es ist sicher besser, wenn ich nicht darüber rede«, sagte Annabeth. »Ich kann gerade nichts Gutes über Hera sagen.«
Piper starrte die Türen an. »Und geht da jemals wer rein?«
»Nie. Die Hütte ist nur pro forma da, wie gesagt. Niemand betritt sie.«
»Irgendwer schon.« Piper zeigte auf einen Fußabdruck auf der verstaubten Schwelle. Spontan stieß sie die Tür an und die öffnete sich sofort.
Annabeth wich zurück. »Äh, Piper, ich glaube, wir sollten nicht …«
»Wir sollen doch mal was wagen, oder?« Und Piper ging in die Hütte.
Heras Hütte war kein Ort, an dem Piper gern gewohnt hätte. Es war so kalt wie in einem Kühlschrank. Ein Kreis aus weißen Säulen umgab eine Statue der Göttin, die drei Meter hoch war und in fließende goldene Gewänder gekleidet auf einem Thron saß. Piper hatte sich griechische Statuen immer weiß mit leeren Augen vorgestellt, aber diese hier war so bunt angemalt, dass sie fast menschlich aussah – nur eben riesig. Heras stechende Augen schienen Piper zu verfolgen.
In einer Bronzepfanne zu Füßen der Göttin brannte ein Feuer. Piper fragte sich, wer es hütete, wenn die Hütte immer leer war. Ein steinerner Habicht saß auf Heras Schulter und in der Hand hielt sie einen mit einer Lotusblüte gekrönten Stab. Die Haare der Göttin waren zu schwarzen Zöpfen geflochten. Ihr Mund lächelte, aber ihre Augen waren kalt und berechnend, als wollte sie sagen: Mutter weiß es sowieso am besten. Also gehorche oder du wirst es bereuen.
Ansonsten war die Hütte leer – es gab keine Betten, keine Möbel, kein Badezimmer, keine Fenster, nichts, das irgendwer zum Wohnen benutzen könnte. Piper fand, es sah eher aus wie in einem Grab, nicht wie in der Hütte
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