Helden des Olymp: Der verschwundene Halbgott (German Edition)
»Meine Liebe, in diesem Fall kann ich dir nicht helfen. Es tut mir sehr leid.«
Annabeth blinzelte. »Sie haben noch nie … Sie haben mir noch nie Informationen vorenthalten. Sogar die letzte Große Weissagung …«
»Ich bin in meinem Büro.« Seine Stimme klang traurig »Ich brauche vor dem Abendessen Zeit zum Nachdenken. Rachel, kümmerst du dich um dieses Mädchen? Ruf Argus, damit er sie in die Krankenstube bringt, wenn du willst. Und Annabeth, du solltest mit Jason sprechen. Erzähle ihm von … von den griechischen und den römischen Göttern.«
»Aber …«
Der Zentaur drehte seinen Rollstuhl und verschwand durch die Eingangshalle. Annabeths Augen sahen nach Sturm aus. Sie murmelte etwas auf Griechisch, und Jason hatte das Gefühl, dass es nicht gerade ein Kompliment für Zentauren war.
»Tut mir leid«, sagte Jason. »Ich glaube, ich bin hier, weil … ich weiß nicht. Irgendwie hab ich alles kaputt gemacht, weil ich ins Camp gekommen bin. Chiron hat gesagt, er habe einen Eid abgelegt und könne nicht darüber reden.«
»Was für einen Eid?«, wollte Annabeth wissen. »Ich habe ihn noch nie so erlebt. Und warum soll ich dir von den Göttern erzählen …«
Ihre Stimme versagte. Offenbar hatte sie soeben Jasons Schwert auf dem Tisch entdeckt. Sie berührte vorsichtig die Klinge, als ob die heiß sein könnte.
»Ist das Gold?«, fragte sie. »Weißt du noch, wo du es herhast?«
»Nein«, sagte Jason. »Wie gesagt, ich kann mich an nichts erinnern.«
Annabeth nickte, als sei ihr eben ein ziemlich verzweifelter Plan eingefallen. »Wenn Chiron uns nicht helfen will, müssen wir es eben selbst herausfinden. Was bedeutet … Hütte 15. Rachel, du kümmerst dich um Piper?«
»Natürlich«, versprach Rachel. »Viel Glück, ihr zwei.«
»Moment mal«, sagte Jason. »Was ist mit Hütte 15?«
Annabeth stand auf. »Vielleicht können wir da dein Gedächtnis zurückbekommen.«
Sie liefen auf eine Reihe von neueren Hütten in der Südwestecke der Rasenfläche zu. Einige waren elegant, mit leuchtenden Wänden oder lodernden Flammen, aber Nr. 15 war weniger auffällig. Sie sah aus wie ein altmodisches Häuschen in der Prärie, mit Lehmwänden und einem Strohdach. An der Tür hing ein Kranz aus feuerroten Blumen – Klatschmohn, dachte Jason, aber er wusste nicht, wieso er das wusste.
»Du meinst, das ist die Hütte meines Elternteils?«, fragte er.
»Nein«, sagte Annabeth. »Das ist die Hütte von Hypnos, dem Gott des Schlafes.«
»Aber warum …«
»Du hast alles vergessen«, sagte sie. »Wenn irgendein Gott bei einem Gedächtnisverlust helfen kann, dann Hypnos.«
In der Hütte lagen drei tief schlafende Kinder unter dicken Stapeln aus Decken, und dabei war es fast Zeit zum Abendessen. Ein warmes Feuer knisterte im Kamin. Über dem Kaminsims hing ein Ast, und von jedem Zweig tropfte eine weiße Flüssigkeit in eine Ansammlung aus Zinngefäßen. Jason hätte gern einen Tropfen mit dem Finger aufgefangen, um zu sehen, was das für eine Flüssigkeit war, riss sich aber zusammen.
Von irgendwoher erklang sanfte Geigenmusik. Die Luft duftete nach frischer Wäsche. Die Hütte war so gemütlich und so friedlich, dass Jasons Augenlider schwer wurden. Ein Nickerchen wäre jetzt einfach großartig. Er war erschöpft. Es gab jede Menge leerer Betten, alle mit Daunenkissen, frischer Bettwäsche und flauschigen Steppdecken, und … Annabeth verpasste ihm einen Rippenstoß. »Komm wieder zu dir.«
Jason blinzelte. Ihm ging auf, dass seine Knie schon nachgegeben hatten.
»Das passiert allen in Hütte 15«, warnte Annabeth. »Wenn du mich fragst, ist diese Hütte noch gefährlicher als die von Ares. Bei Ares kannst du immerhin lernen, wo die Landminen liegen.«
»Die Landminen?«
Sie ging zum ersten schnarchenden Jungen und packte ihn an der Schulter. »Clovis! Aufgewacht!«
Der Junge sah aus wie ein junges Kalb. Er hatte einen blonden Haarwuschel auf dem dreieckigen Kopf, plumpe Züge und einen dicken Hals. Er war untersetzt, hatte aber spindeldürre Arme, als hebe er niemals etwas an, das schwerer war als ein Kissen.
»Clovis!« Annabeth schüttelte energischer und klopfte ihm dann ungefähr sechsmal auf die Stirn.
»W-w-was?«, fragte Clovis jammervoll, setzte sich auf und kniff die Augen zusammen. Er gähnte ausgiebig und Annabeth und Jason gähnten auch.
»Aufhören«, sagte Annabeth. »Wir brauchen deine Hilfe.«
»Ich habe geschlafen.«
»Du schläfst immer.«
»Gute Nacht.«
Ehe er
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