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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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ziellos. »Zehnweg.« Bei den Toten, jetzt klammerte er sich wirklich an Strohhalme, wenn er einen Mann um Hilfe anbettelte, der ihn noch vor wenigen Tagen hatte ermorden wollen. »Hansul, reite zu Skarlings Finger und sag Brodd Zehnweg, dass die Union in den Wäldern im Westen lauert. Sag ihm, dass Scale ihn braucht. Und zwar jetzt, sonst verlieren wir die Alte Brücke.«
    Hansul hob eine Augenbraue. »Zehnweg?«
    »Dow hat gesagt, er soll uns helfen, wenn es nötig wird! Es ist nötig.«
    »Aber …«
    »Los, geh schon!«
    Schneebleich und Hansul tauschten einen Blick. Dann kletterte Weißauge wieder auf sein Pferd und galoppierte zu Skarlings Finger hinüber. Calder merkte, dass alle Blicke auf ihn gerichtet waren. Dass sich die Männer fragten, wieso er nicht schon längst das Rechte getan hatte und seinem Bruder zu Hilfe geeilt war. Dass sie sich fragten, ob man diesem ahnungslosen Vollidioten mit dem sauberen Haar überhaupt Treue schuldete.
    »Zehnweg muss uns helfen«, raunte er, wobei er selbst nicht wusste, wen er damit überzeugen wollte. »Wenn wir die Brücke verlieren, sitzen wir komplett in der Scheiße. Hier geht es um den ganzen Norden.« Als ob ihm der ganze Norden je irgendwas bedeutet hätte. Als ob ihm je etwas wichtig gewesen war, das weiter von ihm entfernt war als der eigene Fuß.
    Sein patriotischer Ausbruch überzeugte Schneebleich ebenso wenig wie ihn selbst. »Wenn es auf der Welt so zuginge«, sagte der alte Krieger, »dann bräuchten wir überhaupt keine Schwerter. Ohne dir zu nahe treten zu wollen, Calder, Zehnweg hasst dich wie die Pest, und deinem Bruder ist er kein bisschen mehr zugetan. Er wird weder sich noch seine Männer für euch opfern, ganz gleich, was Dow gesagt haben mag. Wenn du deinem Bruder helfen willst, wirst du es selbst tun müssen. Und zwar bald.« Er hob die weißen Brauen. »Was tun wir also?«
    Calder hätte ihn gern geohrfeigt, aber Schneebleich hatte Recht. Gerade deswegen hätte er ihn ja gern geohrfeigt. Was sollte er tun? Unsicher hob er das Fernglas und suchte noch einmal den Waldrand ab, erst langsam in die eine, dann in die andere Richtung. Und erstarrte.
    Hatte er für einen winzigen Augenblick das Blinken eines anderen Fernrohrs erhascht, das auf ihn gerichtet war?
    Korporal Tunny spähte durch sein Fernrohr zur Trockensteinmauer hinüber. Ganz kurz fragte er sich, ob er für den Bruchteil eines Augenblicks das Blinken eines anderen Glases gesehen hatte, das auf ihn gerichtet war. Aber wahrscheinlich hatte er sich das nur eingebildet. Dort drüben gab es jedenfalls kaum Anzeichen dafür, dass sich irgendwelche großen Dinge ankündigten.
    »Bewegt sich was?«, quiekte Dotter.
    »Nee.« Tunny schob das Fernrohr zusammen und kratzte sich dann den Hals, der allmählich immer stoppliger und fettiger wurde und immer stärker juckte. Er hatte das deutliche Gefühl, dass sich noch jemand anders in seinem Kragen wohnlich eingerichtet hatte. Eine Entscheidung, die er wirklich nicht verstand; er selbst wäre sehr gern ganz woanders gewesen. »Sie hocken da nur herum, soweit ich erkennen kann.«
    »Wie wir.«
    »Willkommen auf den Feldern der Ehre, Soldat Dotter.«
    »Immer noch keine verdammten Befehle? Wo zur Hölle ist Lederlingen nur abgeblieben?«
    »Das werden wir kaum herausfinden können.« Tunny überraschte es schon lange nicht mehr, wenn die Heeresmaschinerie nicht so geschmiert lief, wie gern behauptet wurde. Er warf einen Blick über die Schulter. Hinter ihnen bekam Oberst Vallimir gerade wieder einen seiner Tobsuchtsanfälle, der sich dieses Mal gegen Hauptfeldwebel Forest richtete.
    Dotter beugte sich zu ihm herüber und raunte: »Jeder scheißt den Mann an, der unter ihm steht, Korporal?«
    »Ah, Sie entwickeln allmählich ein gutes Gespür für die Mechanismen der Truppen Seiner Majestät. Ich bin überzeugt, dass Sie eines Tages einen prächtigen General abgeben werden, Dotter.«
    »Mein Ehrgeiz geht nicht über den Posten eines Korporals hinaus, Korporal Tunny.«
    »Das halte ich für sehr weise. Wie Sie sich vorstellen können.«
    »Noch immer keine Befehle, Herr Oberst«, sagte Forest gerade mit einem so verkniffenen Gesicht, als trotze er einem scharfen Wind.
    »Verdammt noch eins!«, brüllte Vallimir. »Es ist doch jetzt der beste Zeitpunkt zum Losschlagen! Das sieht doch ein Blinder!«
    »Aber … ohne Befehle können wir nichts tun, Herr Oberst.«
    »Natürlich können wir das nicht, verdammt noch mal! Aber jetzt ist trotzdem die rechte

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