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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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gegen einen Tisch. Heißer, fauliger Atem schrammte über ihre Wange. Es war, als müsste ihr der Kopf zerspringen. Sie konnte kaum sehen, alles war so hell.
    Dann herrschte Schweigen. Die Hand an ihrer Kehle lockerte sich ein winziges Stück, gerade genug, damit sie kurz erschauernd einatmen konnte. Husten, würgen, husten. Sie glaubte, taub geworden zu sein, aber dann erkannte sie, dass sich tödliche Stille im Raum ausgebreitet hatte. Die Toten beider Parteien lagen zwischen zertrümmerten Möbeln, verstreutem Besteck, zerrissenen Papieren und herabgefallenen Putzbrocken. Schwaches Stöhnen war von den Sterbenden zu hören. Nur drei Offiziere schienen überlebt zu haben, einer hielt sich den blutigen Arm, die beiden anderen saßen mit erhobenen Händen da. Einer weinte leise. Die Wilden standen still wie Statuen da und blickten auf sie herab. Beinahe nervös, als ob sie auf etwas warteten.
    Finree hörte von draußen vom Korridor einen knarrenden Schritt. Dann noch einen. Als ob sich die Dielenbretter unter einem schweren Gewicht bogen. Noch ein Knarren. Sie verdrehte die Augen zur Tür, bemüht, um jeden Preis etwas zu sehen.
    Ein Mann trat in den Saal. Zumindest war er von seiner Gestalt her ein Mann, wenn auch nicht von der Größe. Er musste sich unter dem Türrahmen hindurchbücken und blieb danach misstrauisch vornübergebeugt stehen, als befände er sich unter Deck eines kleinen Schiffes und fürchtete, sich den Kopf an den niedrigen Balken zu stoßen. Schwarzes Haar, mit grauen Strähnen durchzogen, klebte an seinem knorrigen Gesicht, aus dem ein schwarzer Bart hervorragte, und um seine Schultern lag ein verfilzter, schwarzer Pelz. Er betrachtete das Ausmaß der Zerstörung mit einem seltsam enttäuschten Gesichtsausdruck. Beinahe ein wenig verletzt. Als sei er zu einer Teegesellschaft eingeladen worden und habe stattdessen unerwartet einen Schlachthof vorgefunden.
    »Wieso ist alles kaputt?«, fragte er mit seltsam sanfter Stimme. Dann beugte er sich hinunter und hob einen der heruntergefallenen Teller auf, der sich in seiner riesigen Hand allenfalls wie eine Untertasse ausnahm, benetzte eine Fingerspitze, rieb ein paar Blutstropfen vom Zeichen der Manufaktur auf der Rückseite und betrachtete sie wie ein vorsichtiger Käufer. Sein Blick streifte Meeds Leichnam, und sein Gesicht verfinsterte sich noch mehr. »Habe ich nicht gesagt, ich möchte ein paar Trophäen? Wer hat diesen alten Mann getötet?«
    Die Wilden starrten einander an, und die Augen quollen ihnen aus den bemalten Gesichtern. Sie hatten panische Angst, wie Finree erkannte. Einer hob einen zitternden Arm und zeigte auf den Kerl, der sie festhielt. »Das war Saluc!«
    Die Augen des Riesen glitten zu Finree, dann zu dem Mann, der ihr immer noch das Knie gegen den Bauch presste, dann verengten sie sich. Er stellte den Teller auf einen Tisch, so sanft und vorsichtig, dass es kein Geräusch gab. »Was machst du da mit meiner Frau, Saluc?«
    »Nichts!« Die würgende Hand zuckte zurück, und Finree richtete sich am Tisch ein wenig auf, während sie nach Atem rang. »Sie hat Bregga getötet, ich wollte nur … «
    »Du hast mich beraubt.« Der Riese neigte den Kopf leicht zur Seite und machte einen Schritt auf den Mann zu.
    Saluc sah sich mit verzweifeltem Blick um, aber seine Freunde rückten bereits von ihm ab, als habe er sich mit der Pest angesteckt. »Aber … ich wollte doch nur …«
    »Ich weiß.« Der Riese nickte traurig. »Aber Regeln sind nun einmal Regeln.« In einem Wimpernschlag hatte er das letzte Stück zu ihnen zurückgelegt. Mit einer großen Hand packte er den Unterarm des Wilden, die andere schloss sich um dessen Hals, wobei sich die Finger und der Daumen hinter dem Kopf beinahe trafen, und riss ihn zappelnd hoch. Dann schlug er ihm den Kopf mit knackendem Geräusch gegen die Wand, einmal, zweimal, dreimal, und Blut spritzte über den gesprungenen Putz. Es war so schnell vorüber, dass Finree nicht einmal Zeit fand, sich zu ducken.
    »Da versucht man, ihnen ein besseres Leben zu zeigen …« Der Riese lehnte den toten Mann sorgfältig in einer sitzenden Haltung gegen die Wand und schob den zertrümmerten Kopf in eine bequeme Position, wie eine Mutter, die über den Schlaf ihres Kindes wacht. »Aber manche Männer lassen sich einfach nicht zivilisieren. Bringt meine Frauen weg. Und macht euch nicht an ihnen zu schaffen. Lebend sind sie etwas wert. Tot sind sie …« Er stieß Meeds Leiche mit einem großen Stiefel an. Der Lord

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