Heldenklingen
bot es Kropf an.
Der alte Mann verzog das Gesicht, als er sich ans Feuer kniete, hielt er sich mit einem Finger das eine Nasenloch zu und blies durch das andere, wobei er ein langgezogenes, keuchendes Geräusch machte wie eine sterbende Ente. Dann nahm er das Fleisch und biss ein Stück davon ab. »Was man als in Ordnung bezeichnet, das ändert sich mit den Wintern, die man hinter sich hat, wie ich inzwischen gemerkt habe. Verglichen mit den letzten Tagen bin ich sehr in Ordnung. Vor zwanzig Jahren hätte ich geglaubt, ich sei dem Tode nahe.«
»Wir befinden uns auf einem Schlachtfeld, oder nicht?« Whirrun grinste breit. »Der Große Gleichmacher steht nur einen Schritt hinter uns allen.«
»Was für ein angenehmer Gedanke«, erwiderte Kropf und bewegte die Schultern, als ob ihm wirklich jemand in den Nacken blies. »Drofd.«
»Ja, Häuptling?«
»Wenn später die Unionisten anrücken sollten, und ich denke mal, das werden sie, dann solltest du zusehen, dass du dich aus den Kämpfen raushältst.«
»Dass ich mich raushalte?«
»Das wird eine richtig große Schlacht. Ich weiß, dass du das nötige Mark in den Knochen hast, aber du hast nicht die nötige Ausrüstung. Ein Beil und ein Bogen? Die Unionisten tragen starke Rüstungen und haben schwere Waffen und alles …« Kropf schüttelte den Kopf. »Ich kann dir einen Platz hinter den Linien besorgen, wo du …«
»Nein, Häuptling, ich will doch kämpfen!« Drofd sah zu Beck hinüber, als erwarte er Unterstützung. Beck konnte sich nicht dazu aufraffen. Er wünschte selbst nichts sehnlicher, als hinter den Linien bleiben zu dürfen. »Ich will mir einen Namen verdienen! Gib mir die Chance dazu!«
Kropf verzog das Gesicht. »Ob mit Namen oder ohne, du bleibst derselbe Mensch. Ein Name macht dich zu nichts Besserem. Vielleicht eher zu etwas Schlechterem.«
»Joh«, sagte Beck unwillkürlich.
»Das kann man ja leicht sagen, wenn man schon einen hat«, erwiderte Drofd hitzig und starrte schlecht gelaunt ins Feuer.
»Wenn er kämpfen will, dann lass ihn«, sagte Herrlich.
Kropf sah überrascht auf, als hätte er plötzlich erkannt, dass er sich nicht dort befand, wo er eigentlich erwartet hatte. Dann stützte er sich wieder auf einen Ellenbogen und streckte einen Stiefel zum Feuer hin. »Tja. Ist jetzt wohl dein Dutzend.«
»Ist wohl so.« Herrlich gab dem Stiefel mit dem eigenen Fuß einen Stups. »Und sie werden alle kämpfen.« Yon gab Drofd einen Klaps auf die Schulter, und der Junge wurde nun, da er an den Ruhm dachte, den er vielleicht erringen würde, leicht rot und grinste. Herrlich streckte nun die Hand aus und gab dem Heft des Vaters der Schwerter einen kleinen Stups mit dem Fingernagel. »Davon abgesehen braucht man keine großartige Waffe, um sich einen Namen zu machen. Du hast dir deinen mit den Zähnen erkämpft, nicht wahr, Kropf?«
»Hast jemandem die Kehle herausgerissen, oder?«, vermutete Drofd.
»Nicht ganz.« Kropf schien kurzzeitig in weite Ferne zu blicken, und der Feuerschein ließ die Fältchen in den Augenwinkeln noch stärker hervortreten. »Bei der ersten richtigen Schlacht, an der ich teilnahm, hatten wir einen richtig blutigen Tag, und ich war mittendrin. Damals war ich noch richtig heiß aufs Kämpfen. Wollte ein echter Held sein. Mir einen Namen machen. Wir saßen anschließend alle um die Feuergrube herum, und ich erwartete, dass ich irgendeinen richtig furchterregenden Namen bekommen würde.« Er sah unter den Augenbrauen hervor auf. »So was wie Roter Beck. Und als Dreibaum gerade darüber nachdachte, biss ich wohl ein bisschen zu viel von einer Keule ab. War wahrscheinlich besoffen. Jedenfalls geriet mir ein Knochen in die Kehle. Erst bekam ich überhaupt keine Luft, und alle anderen klopften mir auf den Rücken. Schließlich musste mich ein richtig großer Kerl an den Füßen in die Höhe halten, und tatsächlich hat sich das Mistding dann gelöst. Ein paar Tage lang bekam ich kaum ein Wort heraus. Und deswegen nannte mich Dreibaum schließlich Kropf, weil mir dieser Knochen wohl da drin stecken geblieben war.«
»Schoglig sagte …«, sang Whirrun, der den Rücken durchstreckte, um besser in den Himmel sehen zu können, »mein Schicksal würde mir eines Tages enthüllt … von einem Mann, dem ein Knochen in die Kehle geraten sei.«
»Aber ich habe Glück gehabt«, brummte Kropf. »Als ich den Namen bekam, war ich so was von wütend. Heute weiß ich, dass Dreibaum mir einen Gefallen erwiesen hat. Das war seine Art,
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