Heldenklingen
ein Dutzend führte. Eine, die jetzt sogar sein Häuptling war. Er musste zugeben, dass sie ihm ein bisschen Angst einjagte, mit ihrem harten Gesicht und dem knubbligen Kopf, eine alte Narbe auf der einen und eine frische auf der anderen Seite. Früher hätte er sich dafür geschämt, dass er Angst vor einer Frau hatte, aber jetzt schien das kaum noch etwas auszumachen, denn inzwischen hatte er vor allem Angst. »Den hab ich bekommen, weil ich einem Paar neugieriger junger Burschen einen kräftigen Tritt in den Arsch verpasst habe.«
»Dreibaum hat ihn ihr gegeben.« Yon Fröhlich drehte sich in seinen Decken um und stützte sich auf einen Ellenbogen, sah aus einem kaum geöffneten Auge zum Feuer und kratzte sich den schwarzgrau gesprenkelten, dichten Bart. »Ihre Familie hatte einen Bauernhof nördlich von Uffrith. Unterbrich mich, wenn ich etwas Falsches sage.«
»Das mach ich schon«, bemerkte Herrlich, »keine Sorge.«
»Und als der ganze Ärger mit Bethod losging, kamen ein paar seiner Jungs in das Tal. Deswegen hat sie sich die Haare abrasiert.«
»Das hatte ich schon ein paar Monate vorher getan. Die waren mir beim Pflügen immer im Weg.«
»Ganz, wie du sagst. Willst du vielleicht weitererzählen?«
»Du machst das schon ganz gut.«
»Also war keine Schere mehr nötig, aber sie besorgte sich ein Schwert, überredete ein paar Leute aus dem Tal, sich mit ihr zusammenzuschließen, und dann legte sie Bethods Männern einen Hinterhalt.«
Herrlichs Augen glänzten im Feuerschein. »War das so, ja?«
»Und dann tauchte Dreibaum auf, ich war schon dabei und Kropf auch, und wir erwarteten eigentlich, dass das ganze Tal niedergebrannt und die Bauern vertrieben sein würden, aber stattdessen stellten wir fest, dass ein gutes Dutzend von Bethods Jungs gehängt und noch einmal ein Dutzend gefangen genommen worden war. Sie wurden von einem blutverschmierten Mädchen mit einem breiten Lächeln bewacht. Was hat Dreibaum damals noch gesagt?«
»Weiß ich nicht mehr«, brummte sie.
»Wie herrlich verrückt, dass hier eine Frau das Sagen hat«, sagte Yon, der nun in tiefen Bass wechselte. »Wir haben sie daraufhin eine Woche lang Herrlich Verrückt genannt, dann ließen wir das Verrückt weg, und dabei blieb es.«
Herrlich nickte grimmig zum Feuer hinüber. »Und einen Monat später überfiel uns Bethod dann richtig, und das Tal wurde doch noch niedergebrannt.«
Yon zuckte die Achseln. »War aber trotzdem ein guter Hinterhalt.«
»Und wie war das mit dir, Yon Cumber Fröhlich?«
Yon schlug die Decken zurück und setzte sich auf. »Keine große Geschichte.«
»Sei doch nicht so bescheiden. Fröhlich passte früher richtig gut zu ihm, denn unser Yon war ein richtiger kleiner Spaßmacher. Dann wurde ihm bei der Schlacht von Ineward unglücklicherweise der Pimmel abgeschnitten – ein Verlust, den das Weibsvolk im Norden weitaus mehr bedauerte als all die gefallenen Ehemänner, Söhne und Väter. Und seitdem haben wir ihn kein einziges Mal mehr lächeln sehen.«
»Das ist eine gemeine Lüge.« Yon deutete mit einem breiten Finger auf Beck. »Ich hatte nie besonders viel Humor. Und bei Ineward habe ich mir nur einen kleinen Kratzer am Schenkel zugezogen. Hat zwar wie wild geblutet, aber es ist nicht viel passiert. Da unten funktioniert alles noch bestens, keine Sorge.«
Hinter seinem Rücken, wo er sie nicht sehen konnte, deutete Herrlich auf ihren Schoß. »Pimmel und Nüsse«, raunte sie fast geräuschlos und bewegte eine Hand, als würde sie etwas abhacken. »Pimmel … und …« Als Yon sich umdrehte, betrachtete sie ihre Fingernägel, als sei nichts gewesen.
»Schon alle wach?« Flut bahnte sich humpelnd einen Weg an den Schlafenden und den Feuern vorbei. Ein Mann war bei ihm, den Beck nicht kannte, hager und mit einem Schopf grau melierten Haars.
»Unser Jüngster hat uns aufgeweckt«, knurrte Herrlich. »Drofd wollte gern mal Becks Klinge anfassen.«
»Ja, ja, so was kommt manchmal vor.« Yon nickte bedächtig.
»Ihr könnt gerne mal meine Waffe anfassen.« Flut packte den Streitkolben, der an seinem Gürtel hing, und richtete ihn schräg auf. »Der hat einen dicken Knubbel am Ende!« Drofd kicherte, aber den meisten anderen war offenbar nicht nach Lachen zumute. Beck jedenfalls nicht. »Nein?« Flut sah sie erwartungsvoll an. »Das liegt daran, dass ich alt bin, oder? Könnt ihr ruhig sagen. Es liegt daran, dass ich alt bin.«
»Alt oder nicht, ich bin froh, dass du hier bist«, sagte Herrlich, eine
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