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Heldenzorn: Roman (German Edition)

Heldenzorn: Roman (German Edition)

Titel: Heldenzorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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davon.
    Er kam langsam zu sich, als das Schwanken aufhörte und seine Wange von einem Schlag brannte. »Auf jetzt!«, knurrte eine Stimme.
    Er wurde unsanft unter den Achseln gepackt und hochgerissen. Er wollte sich dagegen wehren, doch er konnte weder seine Arme noch seine Beine bewegen. Er sah Hände, die nach ihm griffen, und den Maskenhelm eines Harten Menschen. Im nächsten Moment wurde ihm ein Stoß in den Rücken versetzt, und er machte zwei unsichere Schritte. Beim ersten schrammten seine Sohlen über Holz, beim zweiten trat er ins Leere.
    Kaum hatte er aufgeschrien, endete sein Sturz auch schon, gebremst von kräftigen Armen. Sein Kopf schlug hart gegen Metall. »Passt doch auf da oben!«, beschwerte sich der Mann, der ihn aufgefangen hatte, und ließ ihn fallen.
    Gras!, dachte Teriasch. Ich liege auf Gras. Ich bin noch in der Steppe. Er wälzte sich mühsam auf den Rücken. Über ihm ragte wie ein grauer Fels eines der riesigen Tiere auf, auf dem die Harten Menschen ritten. Nein, sie reiten nicht darauf. Sie bauen Kisten, die sie an die Tiere hängen, und sie steigen in diese Kisten, um sich dann tragen zu lassen. Sein suchender Blick erhaschte die Kiste, aus der man ihn eben heruntergeworfen hatte. Sie war mit silbrig schimmerndem Metall verkleidet, und ein Panzer aus ineinander verflochtenen Ringen aus dem gleichen Metall schützte die Flanke der Rüsselschnauze.
    Ein Harter Mensch trat auf ihn zu, einen Stoßdolch gezückt.
    Teriaschs Bauchmuskeln zuckten in einem kurzen Krampf. Jetzt ist es so weit! Jetzt bringen sie mich um!
    Der Mann beugte sich zu ihm hinunter und durchtrennte die Fesseln zwischen seinen Knöcheln mit einem einzigen Schnitt. »Soll er zu den anderen, Spuo?«
    »Gleich.« Ein zweiter Fremder geriet in Teriaschs Blickfeld. Sein Helm, dessen Kamm ein goldener, zum Sprung geduckter Löwe zierte, hatte keine Maske. In einer aufwendigen Vorrichtung aus Riemen und Schnallen hatte er an der linken Beinschiene ein Blasrohr verstaut. »Er hat noch was von mir.« Er fasste nach Teriaschs Kopf und drehte ihn zur Seite. Ein feiner, stechender Schmerz, dann hielt der Mann einen schwarzen Stachel zwischen Daumen und Zeigefinger. »Das war’s, Arka. Er braucht einen Kettenbruder. Binde ihn an unser Einzelstück, ja?«
    Arka zog Teriasch auf die Beine und stieß ihm das Knie in den Hintern. »Los, los.«
    Auf der anderen Seite der Rüsselschnauze saßen Menschen paarweise im Gras. Sie hatten kaum eine andere Wahl, denn sie waren aneinandergekettet: der linke Arm und das linke Bein des einen an den rechten Arm und das rechte Bein des anderen, eng genug, dass es ihnen unmöglich war, einen Schritt zu machen, den nicht auch ihr Leidensgenosse machen musste. In der Steppe wären sie so gewiss nicht weit gekommen. Nur einer der Männer, die alle den Pferdestämmen angehörten, saß allein, einen schwarzen Sack über dem Kopf.
    Arka begann grob, Teriasch an diesen Krieger zu ketten. Den Bildern auf der Haut seines Waffenarms nach zu urteilen, hatte er in seinem Leben bereits drei Feinde zu ihren Ahnen geschickt. Nachdem er sein Werk verrichtet hatte, grunzte Arka und nahm dem Krieger den Sack vom Kopf. »Benehmt euch, ja?« Dann stapfte er davon und pfiff dabei eine fröhliche Melodie.
    Die Harten Menschen scherte es nicht, wenn die gefangenen Steppenbewohner miteinander redeten, und so erfuhr Teriasch bald einiges über den Mann, an den man ihn gekettet hatte. Dokescha stammte aus der Sippe der Teshi Asanapi, der Milchbäuche, die ihren Namen daher hatten, weil sie sich ihre Bäuche mit weißer Erde einrieben. Teriasch hatte von ihnen gehört, war aber selbst noch nie einem Milchbauch begegnet, und um sich der Freundschaft zwischen ihren Sippen zu vergewissern, flochten sie einander Grashalme ins Haar. Das war eigentlich ein Bruch mit der Tradition, doch in Ermangelung von farbigen Bändern, wie es den guten Sitten entsprochen hätte, einigten sie sich rasch auf das Gras als Ersatz. Dokescha war ebenso nackt wie Teriasch, aber sie waren damit nicht allein.
    »Sie nehmen jedem alles ab, wenn sie ihn fangen«, erklärte Dokescha, das lange Gesicht zu einer trotzigen Miene verzerrt. »Sie lassen einem nichts. All meine Geschenke, die sie nicht zerschlagen haben, sind dort oben in einer der Kisten auf diesem Untier.«
    »Du hast ihnen Geschenke gemacht?«, fragte Teriasch und dachte an die Geschichte, die Pukemasu ihm in all der Zeit, die er bei ihr war, am häufigsten erzählt hatte. Die, wie er zu ihr

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