Heliosphere 2265 - Band 6: Die Bürde des Captains (Science Fiction)
nachgedacht, Syra Pembleton die Freilassung ihres Bruders anzubieten, der auf Pearl in Gefangenschaft saß, wenn sie dem Captain dafür eine zweite Dosis verpasste. Doch das Risiko war zu groß und obendrein mittlerweile unnötig. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis Jayden Cross Geschichte war. Sein Körper focht einen inneren Kampf aus, den er zweifellos verlieren würde. Immer wieder fragte Christopher sich, wieso die Naniten den Captain nicht getötet hatten. Eine Rettung wäre normalerweise völlig unmöglich. Und was musste dieser dämliche Lieutenant ausgerechnet im Nebenbett liegen und wach werden. Alles hatte sich gegen ihn verschworen.
Endlich erreichte er seine Kabine. Hier setzte er sich hinter seinen Schreibtisch und entspannte ein wenig. Immer wieder fuhren seine Finger über den Impulsgeber in seiner Tasche. Das war sein Joker. Die Carte blanche. Präsident Sjöberg persönlich hatte den Einsatz der letzten Sicherung für den Ernstfall genehmigt. Die Folgen wären natürlich unabsehbar, weshalb Christopher eher darauf verzichten wollte.
Wir werden sehen, dachte er, während ein Gefühl der Macht durch seine Adern pulsierte. Mit der Hilfe des Alphas kann ich es vielleicht vermeiden. Andernfalls wird es ein unschönes Erwachen für die Crew geben.
Seine Zuversicht verpuffte in einem Augenblick, als er Zugriff auf seinen persönlichen Account nahm. Zwei rot aufblinkende Warnsymbole begrüßten ihn. Schon vor dem Aufbruch der HYPERION aus dem Dock hatte er an neuralgischen Positionen des Computernetzwerkes Software-Agenten installiert. Diese machten ihn nun darauf aufmerksam, dass eine Offizierin versuchte, auf die Kamera-Feeds der Krankenstation zuzugreifen.
Natürlich hatte er nicht nur den Injektor desintegriert, sondern auch den Kamera-Feed vom normalen in einen verschlüsselten Speicher des Sicherheitsbüros umgeleitet. Auf diesen konnten nur der Alpha und er zugreifen. Bedauerlicherweise benötigte er für das Löschen solch sensibler Daten eine Zweitbestätigung. Aber wozu hatte man einen genetisch gezüchteten Wachhund, der aufs Wort folgte.
Als er die Signatur der Offizierin gegenprüfte, kochte unbändige Wut in ihm empor. Lieutenant Commander Tess Kensington! Wer auch sonst! Christopher stieß einen wüsten Fluch hervor. Konnte diese Person nicht noch ein paar Tage warten? Nein, natürlich nicht. Sie musste ihm jetzt Ärger machen. Nach allem, was er von Präsident Sjöberg über sie erfahren hatte, traute er es ihr ohne Weiteres zu, irgendwie an diese Überwachungsfeeds zu gelangen. Irgendeine Schwachstelle gab es immer. Also schön, was soll’s! Darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an.
“Johnston an Alpha 365”, sagte er.
Die K.I. des Interkom-Systems stellte automatisch eine Verbindung her.
“Alpha 365 hier, was kann ich für Sie tun, Sir?”
“Wir haben ein Problem, über das ich Sie später im Detail informieren werde.” Einen Teufel werde ich tun. “Einstweilen nur so viel: Ich möchte, dass Sie Lieutenant Commander Kensington in ihrem Quartier unter Arrest stellen.”
Stille.
“Natürlich, Sir.”
“Ausgezeichnet. Melden Sie sich, sobald das erledigt ist. Und bitte lassen Sie es ruhig über die Bühne gehen. Ich möchte keinerlei Aufhebens um diese Sache. Nachdem der Captain um sein Leben kämpft, ist die Moral schon am Boden. Wir müssen das nicht noch verschlimmern.”
“Aye, Sir.”
Die Verbindung erlosch.
Zufrieden lehnte Christopher sich in seinem Sessel zurück. Warum konnten nicht einfach alle froh darüber sein, wie die Dinge sich entwickelten. Die Kriminalitätsrate sank, die Effizienz der Space Navy stieg und das Parlidenproblem wurde angegangen. Es könnte alles so schön sein. Aber nein, überall intrigierten sie und versuchten, der “neuen Demokratie” zu schaden. Er hatte endgültig genug! Er würde dafür sorgen, dass auf diesem Schiff aufgeräumt wurde und die Mission zu seinem erfolgreichen Ende kam. Und wenn er dafür über Leichen gehen musste, dann nahm er das in Kauf.
*
Noriko hatte am oberen Ende des ovalen Tischs Platz genommen. Zu ihrer Rechten saß E. C. Johnston. Linker Hand hatten die Lieuenant Commanders Akoskin und Lorencia Platz genommen, es folgte Lu. Ihnen gegenüber saßen die Lieutenants Peter Task, Michael Larik und Pjotr Nurakow. Es fiel Noriko noch immer schwer, den E.C. nicht mit einem Pulser niederzustrecken. Es hatte sie völlig überrascht, dass Kensington unter Arrest genommen worden war. Doch außer platten
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