Heliosphere 2265 - Band 6: Die Bürde des Captains (Science Fiction)
Feindschaft war hier nichts zu bemerken.
“Du hast dich darum gekümmert?”, fragte Zwei. Das braunhaarige Schwergewicht klang genervt.
“Er wird weitermachen, wie wir vermuteten. Petrova hat ihn nur halbwegs unter Kontrolle, aber sobald seine Verletzungen verheilt sind, geht es weiter”, sagte Eins. “Wir werden ihn wohl ausschalten müssen. Falls er sich in die falschen Bereiche vorwagt, könnte er andernfalls etwas finden.”
“Ich habe diese Scheiße so satt”, fluchte Drei. Der weißhaarige distinguierte Captain glich eher dem netten Großvater von nebenan, als einem kaltblütigen Klanchef. “Was soll das überhaupt: Beobachten Sie Buckshaw, finden Sie alles über ihn heraus. Der Kerl ist ein Verräter und obendrein völlig nutzlos.”
“Befehle sind Befehle”, sagte Eins. “Und da er sich in meinem Sektor befindet, kümmere ich mich darum. Diese Petrova bekommt ihn schon unter Kontrolle. Ich werde mich ein wenig mit ihr anfreunden und über sie an Buckshaw herankommen. Der will doch nur etwas bewegen und wie könnte er das leichter tun, als wenn er meine Nähe sucht.”
Teile und herrsche, kam es Irina in den Sinn. Die Vier taten so, als wären sie Feinde und niemand stellte das infrage. Durch den beständigen Kampf hielten sie die Gefangenen auf Trab und keiner zweifelte den Führungsanspruch der Einzelnen an.
Ein Vibrieren auf ihrem Handrücken ließ sie zusammenzucken. Ihr Hand-Com war zum Leben erwacht. Der kleine Computer hatte eine Datenverbindung zu einem Server hergestellt und lud die frei zugänglichen Daten in seine Mikro-Speichercluster. Erst jetzt bemerkte Irina, dass Vier, der blondhaarige Captain mit dem hübschen Gesicht, ein Pad in Händen hielt.
“Hier sind die neuesten Befehle”, verkündete er. “In den nächsten Tagen wird eine Wasserknappheit eingeleitet, um die Spannung zwischen den vier Sektoren anzuheizen. In den Unruhen sollten folgende Ex-Offiziere sterben: Kinshasha und Ormel. Ken Pembleton soll eine Verletzung davontragen. Nichts Schlimmes, vielleicht ein paar Knochenbrüche. Die Injektionen für Strahlenschutzmittel werden heruntergefahren, damit Ausflüge in die Randbezirke minimiert werden. Zudem wurde eine Spezialorder angefügt. Uns bleiben noch zwei Wochen, um mehr Informationen aus diesem Buckshaw herauszuholen. Gelingt uns das nicht, soll er liquidiert werden. Das kommt scheinbar von ganz oben.”
“Wer ist dieser Kerl? Wann haben wir das letzte Mal so exakte Befehle erhalten?”, fragte Zwei.
“Noch nie”, erwiderte Vier.
Irina hatte genug gehört. Sie wandte sich ab und schlich den Weg, den sie gekommen war zurück. Während ihre Gedanken noch immer rasten, schaute sie ein ums andere Mal auf ihren Hand-Com, dessen Oberfläche wieder erloschen war. Was ging hier vor? Und warum schien jeder ein gesteigertes Interesse an Zev an den Tag zu legen? Vielleicht sollte sie sich noch einmal gründlich mit ihm unterhalten.
*
IL HYPERION, Interlink-Flug, 12. Juni 2266, 12:30 Uhr
Commander Noriko Ishida saß im Bereitschaftsraum von Captain Cross und stocherte lustlos in ihrem Salat herum. Nach all der Hektik in den letzten Tagen verzichtete sie sogar auf das gemeinsame Mittagessen mit Giulia, um ein wenig die Ruhe zu genießen. Es fiel ihr noch immer schwer, die Ereignisse in ihrer Gesamtheit zu begreifen.
Nachdem es zuerst gut für den Captain ausgesehen hatte, war sein System abrupt zusammengebrochen. Nur das beherzte Eingreifen von Lieutenant Charev, der ein Krankenbett weiter gelegen hatte und zum medizinischen Assistenten ausgebildet wurde, hatte Cross gerettet. Natürlich, niemand hatte das voraussehen können, doch sie nahm es Branch trotzdem übel, dass er keinen Paramedic abgestellt hatte, um den Zustand des Captains zu überwachen.
Und nun dämmert er im Koma vor sich hin, wird nur noch von irgendwelchen Maschinen am Leben gehalten. Sie schob den Salat zur Seite, der Appetit wollte sich einfach nicht einstellen.
In den letzten zwei Tagen war Captain Cross zwei Mal gestorben und nur knapp wiederbelebt worden. Immer wieder versagten Organe; die Geweberegenaration schlug nicht an. Noriko hatte einen Paramedic dazu abgestellt, den Zustand des Captains zu überwachen und ihr alle Veränderungen persönlich mitzuteilen. Vermutlich würde auch Doktor Branch, nachdem sie einen Tadel in seine Akte eingetragen hatte, sehr darauf erpicht sein, alles richtig zu machen. Doch sie musste auf Nummer sicher gehen.
Mittlerweile waren die Sekundärsysteme
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