Heliosphere 2265 - Band 6: Die Bürde des Captains (Science Fiction)
wieder instand gesetzt und das Schiff voll einsatzbereit. Trotzdem hatte sie ein mieses Gefühl. Am liebsten hätte sie die HYPERION gewendet und wäre auf einem direkten Vektor nach Kassiopeia geflogen. Dort gab es noch immer die beste medizinische Versorgung. Doch Befehle war nun einmal Befehl und Johnston wurde nicht müde, das zu betonen. Es stand einfach zu viel auf dem Spiel. Und sie musste ihm damit recht geben. Hunderte von Raumschiffen warteten darauf, den Virus einzusetzen, um die Parlidenrüstungen aufzulösen, während EMP’s deren Verteidigungsmechanismus deaktivierten. Der gesamte Großeinsatz hing von ihrem Erfolg ab.
Und davon, dass die Parliden nach dem Verlust ihrer Hauptwelt erst einmal ins Chaos gestürzt werden.
Das kurze Aufklingen des neuen Signals kündigte einen Besucher an. Noriko hatte den verdammten Dreiklang satt gehabt, den der Captain einprogrammiert hatte, erinnerte er sie doch stets an den Zustand, in dem Cross sich befand. “Herein.”
E.C. Johnston betrat den Bereitschaftsraum und ließ sich im Besuchersessel nieder. “Kann ich Ihnen helfen, Commander?”
Eine verblüffende Frage. “Ich verstehe nicht ganz.”
“Sie wirken in den letzten Tagen mitgenommen”, erklärte er. “Das Schicksal von Captain Cross geht Ihnen nahe und ich wollte lediglich meine Hilfe anbieten. Falls ich Ihnen also irgendwie Arbeit abnehmen kann, lassen Sie es mich wissen.”
“Das ist sehr freundlich, aber ich werde meine Pflichten weiterhin gewissenhaft ausführen. Machen Sie sich keine Sorgen wegen der Mission.”
“Sie missverstehen mich”, erwiderte Johnston mit einem sanften Lächeln im Gesicht. “Ich zweifle Ihre Kompetenz keinesfalls an, im Gegenteil. Sie sind die Richtige für diesen Einsatz. Aber zwischen einem Captain und seinem Ersten Offizier gibt es oftmals eine tiefgehende Bindung - und das ist auch gut so! Dadurch trifft ein solcher Verlust Sie jedoch sehr hart.”
“Der Captain ist nicht tot.”
“Das ist richtig.” Johnston nickte. “Er ist noch nicht tot. Aber Doktor Branch hat mir in dieser Hinsicht keinerlei Hoffnungen gemacht. Er kann nicht mehr viel für Cross tun.” Als Noriko zum Reden ansetzte, winkte er ab. “Ich bin nicht hierher gekommen, um es Ihnen noch schwerer zu machen. Sie sollen lediglich wissen, dass ich jederzeit ein offenes Ohr habe. Meine Funktion hier an Bord mag für einige Offiziere schwierig zu akzeptieren sein, doch ich schätze Sie als kompetente Offizierin und weiß, dass auch Präsident Sjöberg es tut.”
“Danke.”
Johnston nickte freundlich, erhob sich und ging Richtung Schott. Kurz bevor er den Raum verließ, wandte er sich noch einmal um. “Sie machen sich gut, auf dem Posten des Captains.” Er verließ den Raum.
“Ich halte den Sitz nur warm”, murmelte Noriko.
Sie massierte sich die Schläfen und genoss einmal mehr die Ruhe. Lange würde die nicht anhalten, das tat sie nie. Noch sieben Tage und sie erreichten das Heimatsystem der Parliden. Allein bei dem Gedanken wurde ihr ganz anders.
Auf der Akademie hatte man sie immer wieder auf die langen Reisezeiten vorbereitet, die an Bord eines Raumschiffs auf sie warteten. Oft vergingen Wochen oder gar Monate in träger Routine, während sich das Schiff im Phasenraum oder, wie im Fall der HYPERION, im Interlink befand. Gerade vor einem Kampfeinsatz zerrte diese Warterei zunehmend an den Nerven.
Vielleicht wird es Zeit für eine weitere Taktik-Übung. Akoskin ist ein echter Schweinehund, wenn es um den Aufbau gemeiner Szenarien geht. Sie musste grinsen.
Während sie nun doch damit begann, den Salat langsam zu essen, widmete sie sich den neuesten Berichten der Abteilungsleiter. Immerhin, die alltägliche Monotonie hatte auch ihr Gutes. Man konnte all die nutzlosen Formulare ausfüllen, Abteilungsberichte abzeichnen und Beschwerden durchlesen, und den stetig anwachsenden Berg so abarbeiten.
*
Executive Controller Christopher Johnston verließ die Kommandobrücke beunruhigt. Das Gespräch mit Commander Noriko Ishida hatte seine Bedenken nicht zerstreut. Diese Frau mochte kompetent und effizient sein, doch die Bindung, die sie in den vergangenen Monaten zu Cross aufgebaut hatte, war tiefer, als er bisher angenommen hatte. Nun hatte sie tatsächlich diese Paramedic Pembleton an das Krankenbett des Captains gestellt, wodurch Branch nichts mehr tun konnte.
Dieser Kerl steht mit einem Bein im Grab und macht mir immer noch Ärger.
Für einen Moment hatte er tatsächlich darüber
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