Heliosphere 2265 - Band 9: Entscheidung bei NOVA (Science Fiction) (German Edition)
Rettungskapseln, weil sein Kommandooffizier es ihm befohlen hatte. Ob ihm klar war, was er da wirklich tat?
Es war unschwer zu erraten, dass die Männer und Frauen in den übrigen Kapseln genau wie er zum Schiff hinauf starrten. Waren sie die Nächsten? Falls ja würde der Tod schneller sein als das Begreifen. Ein beängstigender Gedanke. Vielleicht existierte er in der nächsten Sekunde schon nicht mehr.
"Ich vergesse manchmal, wie jung Sie noch sind", holte ihn Pendergasts Stimme zurück in die Wirklichkeit.
"Wie meinen Sie das?"
"Die Angst in Ihren Augen erinnert mich ein wenig an mich selbst. Vor vielen Jahren." Sie lächelte bitter. "Seitdem habe ich zahlreiche Schlachten geschlagen. Einige konnte ich gewinnen, andere nicht."
"Wird es irgendwann leichter?"
"Niemals. Die Angst gehört dazu, man lernt nur, sie leichter zu ertragen. Ebenso wie die Zweifel. Ich habe Offiziere erlebt, die mit Feuereifer in die Schlacht gezogen sind. Wieder andere waren gelassen und furchtlos. Beides ist schlecht. In einem Gefecht sterben Menschen. Das ist die traurige Wahrheit. Jeder Kampf, jedes Gefecht sollte hinterfragt und wenn möglich vermieden werden. Der Zweck heiligt eben nicht immer die Mittel."
"Es mag seltsam klingen, aber irgendwie hoffe ich ..."
"Dass wir getroffen werden", sagte Pendergast tonlos. "Dass wir nicht schon wieder die sind, die davonkommen, während andere sterben."
Er nickte. "Nach Tikara II habe ich mich gehasst. Es hat ewig gedauert, bis ich akzeptieren konnte, dass ich überlebt habe, während andere starben. Nach der ersten Schlacht hier bei der NOVA-Station war die HYPERION ein Wrack und überall gab es nur Tote. Eine ganze Welt: ausgelöscht. Schiffe, ja ganze Flotten, wrackgeschossen. Und wieder kamen wir davon. Und dann, bei Algethi, überlebte ich erneut."
"Und Ishida landete in einem Stasetank."
"Genau. Ich gebe die Befehle und andere sterben."
"Es mag sich seltsam anhören, Captain, aber diese Selbstzweifel sind - in Maßen - etwas Gutes. Solange Sie sich ihrer eigenen Sterblichkeit bewusst sind und die Verantwortung realisieren, die sie gegenüber Ihrer Crew tragen, sind Sie ein guter Offizier." Sie lächelte. "Ich werde sicher nie vergessen, wie ich im November 2265 mit Admiral Sjöberg über Sie sprach. Er hatte Sie als Captain durchgesetzt. Sie! Einen Heißsporn, der durch mehr Glück als Verstand eine aussichtslose Schlacht gewonnen hat."
"Er benötigte eine Galionsfigur."
"Deshalb hat er Sie gewählt, ja. Doch nach und nach haben Sie meine Zweifel in Sie ausgeräumt. Ich kann mit Gewissheit sagen, dass Björn mit seiner Entscheidung nicht zufrieden ist. Er wollte eine Puppe erschaffen und bekam stattdessen einen Feind, der nun an der Seite der echten Space Navy kämpft."
"Sie geben bessere Pepptalks als mein Schiffspsychologe."
Pendergast lachte laut auf. "In Anbetracht der Umstände ist das ein großes Kompliment."
Ein weiterer Schuss, eine weitere Kapsel.
"Wenn Sie heute sterben ...", begann Jayden.
"Wird jemand anderes die Rebellion weiterführen", unterbrach Pendergast. "Niemand ist unersetzlich. Zumindest, was politische Führung angeht. Schauen Sie sich nur an, wie viele Schiffe heute die Seiten gewechselt haben. Was hier seinen Anfang nimmt, wird Sjöberg über kurz oder lang das Genick brechen. Dafür werde ich nicht benötigt."
"Sie unterschätzen Ihren Einfluss, Admiral."
Ein Icon blinkte rot auf.
"Wir wurden soeben erfasst", sagte Jayden nach einer schnellen Überprüfung. "Der Laser hat uns im Visier."
Schweigend warteten sie auf den Tod.
*
Jedes Triumphgefühl war gewichen. Sein Körper war taub, er fühlte nichts. Wie alle anderen auf der Kommandobrücke der NOVA-Station beobachtete Captain Ivo Coen das Geschehen. Laser um Laser schoss durch das All. Jeder Schuss zerstörte eine Rettungskapsel.
"Verdammt Valdes, sagen Sie mir, dass wir etwas tun können."
Der Waffen- und Taktikoffizier schüttelte den Kopf. "Kensington versucht gerade, die Forts neu auszurichten. Doch die Explosion der TORCH hat jene in direkter Nähe zerstört oder beschädigt. Bis die Ersatzforts verlegt sind, wird es nach der Programmierung noch einige Minuten dauern."
Zu lange, als dass irgendjemand überlebte. Es war ein Tontaubenschießen mit einem automatischen Zielsystem. Auf einer ganz tiefen Ebene seines Bewusstseins verspürte Ivo Genugtuung. Jeder im System konnte verfolgen, wie gnadenlos die Loyalisten vorgingen. Ivo hatte eine Aufzeichnung von Sjöbergs
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